Immobilienkauf: fehlende Baugenehmigung und (keine) Rechte des Käufers

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Im Oktober 2023 entschied das OLG Frankfurt, dass die Bezeichnung einer Immobilie im Kaufvertrag als "Wohnung" keine Garantie für den Käufer bedeutet, dass er diese Immobilie als Wohnung nutzen kann.  Die Bezeichnung als Wohnung ist keine Zusicherung des Verkäufers, wonach die Wohnung als Wohnung genutzt werden darf. Eine sehr unverständliche und meiner Ansicht nach unlogische Entscheidung, aber das ist die herrschende Meinung. 

Doch nun zum Fall: Eine Dame kaufte in Frankfurt eine Wohnung zum Preis von 330.000 €.  Genauer gesagt, sie kaufte einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der gekauften Wohnung.  Die Wohnung wurde besichtigt und gekauft, wie gesehen. Eine besondere Beschaffenheit wurde nicht vereinbart, sondern die Wohnung wurde veräußert, „wie sie steht und liegt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung“. Das ist ein Standardsatz in fast jedem notariellen Kaufvertrag. Nach dem Abschluss des Kaufvertrages erfuhr die Käuferin, dass für die Wohnung keine Baugenehmigung vorliegt. Daraufhin beantragte sie eine Nutzungsänderung bei der zuständigen Behörde, die sie nicht erhielt. Damit stand fest, dass die gekaufte Wohnung nicht zum Wohnen genutzt werden darf.Dem Verkäufer war das offensichtlich egal und deshalb erhob sie Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises, samt Notar und Grundbuchkosten, aufgewendete Zinsen für ein Bankdarlehen, die Umzugskosten und die Architektenkosten für die erfolglose Umnutzungserlaubnis. Leider ohne Erfolg.

Das OLG Frankfurt ist der Ansicht, eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums dar. Das ist unstreitig, aber in fast jedem Immobilienkaufvertrag ist die Gewährleistung für Sachmängel ausgeschlossen. Der Ausschluss der Sachmängelhaftung ist möglich und erlaubt. In diesen Fällen kann ein Käufer nur dann Mängelansprüche geltend machen, also die Rückabwicklung des Kaufvertrages oder Herabsetzung des Kaufpreises verlangen, wenn er nachweisen kann, dass der Verkäufer arglistig gehandelt hat. Die Arglist nachzuweisen ist immer sehr schwierig, wenn keine klaren Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, die auf ein Wissen oder Wissenmüssen des Verkäufers hinweisen. In der Praxis stellt der  Nachweis der Arglist ein riesiges Problem dar, ist aber nicht unmöglich. Notfalls schalten Sie einen Detektiv ein. Im vorliegenden Fall war der Gewährleistungsausschluss wirksam und die Käuferin konnte eine Arglist des Verkäufers nicht nachweisen. Der Verkäufer behauptete, die Wohnung sei schon immer als Wohnung genutzt worden. Auf die Idee, dass die Wohnung nicht genehmigt sei, wäre er niemals gekommen. 

Das Gericht hat weiter geprüft, ob alleine die Bezeichnung der Immobilie als Wohnung besagt, dass auch eine Nutzung dieser Immobilie als Wohnung gewährleistet ist. Es kam jedoch zum Ergebnis, dass die Bezeichnung als Wohnung nur den tatsächlichen Zustand der Wohnung als solcher beschreibt, also die tatsächliche bisherige Verwendung. Eine Garantie des Verkäufers, wonach die Wohnung als Wohnung genutzt werden darf, ist in dieser Beschaffenheitsvereinbarung nicht enthalten. Nach Ansicht des Gerichts kann nicht angenommen werden, dass der Verkäufer eine vorbehaltlose und verschuldensunabhängige Einstandspflicht für die baurechtrechtliche Unbedenklichkeit der Wohnung habe übernehmen wollen.

Im Ergebnis gilt somit: Die Entscheidung des OLG Frankfurt mag juristisch korrekt sein, ist aber praktisch ein Irrsinn. Wenn ich eine Wohnung kaufe, mir die Wohnung ansehe und nicht erkennen kann, dass die Wohnung nicht als Wohnung genutzt werden kann, dann ist es für die Praxis kaum nachvollziehbar, warum eine Rückabwicklung nicht möglich sein soll. Schließlich habe ich eine Wohnung gekauft, in der ich wohnen möchte. Mit dem Verkauf einer Wohnung, die zum Wohnen gedacht ist, hat der Verkäufer bereits dadurch getäuscht, in dem er diese falsche Vorstellung bei dem Käufer hervorrief ;  aber er hat es nicht absichtlich gemacht. Ich halte die Entscheidung für lebensfremd. Es macht einen deutlichen Unterschied, ob ich eine Wohnung kaufe, um darin zu wohnen oder ob ich eine Wohnung kaufe, um sie als Abstellplatz zu nutzen, weil ich darin nicht wohnen darf. 

Egal, wie ich oder vielleicht, wie Sie darüber denken, entscheidend ist, dass die Rechtsprechung seit vielen Jahren immer wieder sagt, eine fehlende Baugenehmigung stellt zwar einen Sachmangel dar, ist aber die Gewährleistung im Kaufvertrag ausgeschlossen, kann der Käufer nur dann etwas erreichen, wenn er ein arglistiges Verschweigen des Verkäufers nachweisen kann. 

Meine Empfehlung daher, wenn Sie eine Immobilie kaufen, egal welche, prüfen Sie immer nach, ob es eine Baugenehmigung gibt, die Ihre beabsichtigte Nutzung gewährleistet. Wenn Sie eine bestimmte Nutzung der gekauften Immobilie beabsichtigen, dann sollten Sie im notariellen Kaufvertrag diese gewünschte Nutzung und gleichzeitig beglaubigen lassen, dass der Verkäufer Ihnen zusichert, dass die Immobilie für Ihre Nutzung geeignet ist. 

Entscheidung des OLG Frankfurt, Beschluss vom 31.10.2023, Aktenzeichen: 6 U 210/  22 


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