96% Vergleich zu Gunsten unserer Mandantin als Anspruchsgegnerin (Vermittlerhaftung)

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Im Juli 2020 hat unsere Kanzlei vor dem LG Kempten einen 96% Vergleich zu Gunsten unserer Mandantin als Anspruchsgegnerin (Vermittlerhaftung) geschlossen. Diese 96% beziehen sich auf die Hauptsache und auf die Kosten.

Was wurde der Vermittlerin von der Gegenseite u.a. vorgeworfen ?

Ihr wurde vorgeworfen, dass sie eine Aufklärungspflichtverletzung aus einem Anlageberatungsvertrag begangen habe. Angeblich verwies sie auf eine hervorragende Bonität und dass die angeblich versprochenen Renditen  der Aktiengesellschaft (der späteren Vertragspartnerin ihres klagenden Kunden) bereits erfolgreich in der Vergangenheit erzielt wurden und sie habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass die Aktiengesellschaft ein verbotenes Einlagengeschäft betreibe und somit die Untersagung und sofortige Rückabwicklung die BaFin droht.

Zudem habe unsere Mandantin vermeintlich der klagenden Partei eine völlig sichere Anlage und einen fixen Rückzahlungsbetrag in Aussicht gestellt und nicht darauf hingewiesen, dass die Rückzahlung nur möglich sei, wenn die AG bis dahin auch entsprechende Gewinne erwirtschaftet.

Ferner sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Klägerpartei keine Sicherheiten für den Anspruch auf Rückzahlung erhalte, mithin ein ungesichertes Darlehen vergebe.

Angeblich habe unsere Mandantin nicht das Anlageziel und die Risikobereitschaft des Kunden berücksichtigt und unsere Mandantin wäre gar verpflichtet gewesen, von dem nicht etablierten Geschäftsmodell abzuraten.  Zudem habe die Mandantin nicht auf die über 15%ige Rückvergütungsprovision hingewiesen und zudem habe die Mandantin keine Plausibilitätsprüfung vorgenommen. Hätte sie eine solche vorgenommen, wäre von ihr erkannt worden, dass die versprochenen Renditen nie erzielt worden wären, so der gegnerische Vorwurf.  

Was entgegnete ilex Rechtsanwälte (unter anderem)?

Ilex Rechtsanwälte bestritt den klägerischen Vortrag in Gänze und schaute zunächst in die strafrechtliche Ermittlungsakte  und musste davon ausgehen, dass der Kläger auch weitere Verträge mit der AG abgeschlossen hat (es tauchten bezüglich des Klägers verschiedene Kundennummern und schadensmindernde Auszahlungsbeträge auf).

Dies betrifft auch die Frage des Klagegegenstandes, argumentierte ilex Rechtsanwälte. Vorsorglich wurde darauf hingewiesen, dass die Identität der Anlageform für den Streitgegenstand bzw. den geltend gemachten Lebenssachverhalt ähnlich wesentlich ist, wie etwa die Identität der klageweise geltend gemachten Forderung.

 Ilex Rechtsanwälte bestritt mit Nichtwissen, dass der Kläger den eingeklagten Betrag bei der AG eingezahlt hat. Ein rechtsverbindlicher Kontoauszug wurde nämlich nicht vorgelegt.

 Zudem konnte die Vermittlerin der Kapitalanlage nicht wissen, dass sich hier einzelne Leute, vor allem Vorstandsmitglieder das Kundengeld in die eigene Tasche stecken; das Geschäftsmodell war schlüssig und es wurde bestimmungsgemäß in Immobilien investiert und es gab auch viele AG-Kunden, die direkt von der AG Immobilien erworben haben, argumentierte ilex Rechtsanwälte.

 Aus dem Insolvenzgutachten ergab sich zudem, dass anfangs Überschüsse mit Immobiliengewinnen erzielt werden konnten und dass die Immobilien mit Gewinn weiterveräußert wurden und dass über den Marktwert liegende Preise erzielt werden konnten, fand ilex Rechtsanwälte heraus.

 Es sei zudem nicht entschieden worden, dass die hier verwendete Nachrangklausel unwirksam sei und einen entsprechenden Nachweis legt der Kläger auch nicht vor und dass vermutlich erst in einem Forderungsfeststellungsprozess gegen den Insolvenzverwalter gerichtlich geklärt würde, ob die Nachrangklausel wirksam sei oder nicht, wendete ilex Rechtsanwälte ein.

 ilex Rechtsanwälte bestritt, dass bereits bei Gründung der Gesellschaft feststand, dass die Vereinnahmung von Geldern neuer Kunden dazu aufgewendet werden mussten um die Auszahlungsansprüche der bereits bestehenden Anlageverträge bedienen zu können und das Renditen versprochen wurden und kein tragfähiges Geschäftskonzept vorlag.  Zudem sei es bedenklich, dass der Klägervertreter offenbar neuen Gesellschaften per se nichts zutraut.

 Ilex Rechtsanwälte wunderte sich, dass fast 15.000 € (gesamte Beteiligungssumme des Ratensparer-Nachrangdarlehens) eingeklagt wurden, obwohl der Kläger nur knapp 3.000 € an die AG gezahlt hat und nur in dieser Höhe einen Einlagenschaden hat.

 Zudem fanden wir heraus, dass lediglich 6,12 % der eingezahlten Beteiligungssumme als Vermittlerprovision flossen und somit deutlich weniger als die behaupteten mehr als 15%.

 Zuletzt erhoben wir für die Beklagte die Einrede der Verjährung und wunderten uns warum der Kläger die Beklagte verklagt im Jahre 2019 wenn doch die Anlage geschlossen wurde im Jahre 2012 und schon 2014 und spätestens 2015  bekannt war, dass hier den Vorständen der AG ein über Jahre betriebenes Schneeballsystem betrieben wird  und da bereits im Frühjahr 2015 das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der AG eröffnet wurde.

 Zudem wiesen wir vorsorglich auf die sehr schwache finanzielle Situation der Beklagten hin, was auch durch die zu Ihren Gunsten bewilligte Prozesskostenhilfe zum Vorschein kam.

Zum Schluss 

Letztendlich war der rechtsschutzversicherte Kläger (unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage und seiner marginalen fiktiven Vollstreckungsaussichten) mit einer geringen Zahlung (ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht) in Höhe von 4% der eingeklagten Summe durch unsere Mandantin einverstanden und der Fall konnte ohne Urteil gütlich beendet werden.

 

 



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