Aktiengesellschaft: Rechtstipps vom Fachanwalt

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Die Rechtsform der Aktiengesellschaft ( AG) wurde in Deutschland in der Vergangenheit überwiegend von Großunternehmen gewählt. In 2000 gab es ca. 7.500 Gesellschaften mit einem Grundkapital von ca. 270 Milliarden DM. Die Mehrheit der Aktiengesellschaften ( 85%) treten nicht an der Börse in Erscheinung. Börsennotiert sind nur die Aktiengesellschaften, deren Aktien zu einem Markt zugelassen sind, der von staatlich anerkannten Stellen geregelt und überwacht wird (§ 3 II AktG). Organe der AG sind Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung. Die Aktiengesellschaft ist eine Handelsgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, also juristische Person, vgl. § 1 AktG.

Einige wesentliche Punkte der Aktiengesellschaft werden nachfolgend dargestellt.

1. Haftung
Die Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist grundsätzlich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, vgl § 1(1)S.2 AktG. Die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen ist nur gerechtfertigt, wenn sichergestellt ist, dass zumindest das Grundkapital der Gesellschaft erhalten bleibt, vgl Hüffer § 1 Rn 10. Ausnahmen von der Haftungsbeschränkung erlauben Gläubigern der AG unter wechselnden Voraussetzungen (verbotene Leistungen, Schadensersatzpflicht; Beherrschungsvertrag; faktischer Konzern) deren Ansprüche gegen Aktionäre oder Organmitglieder geltend zu machen, wenn sie von Ihr keine Befriedigung erlangen können ( §§ 62II; 93V,116; 117 V; 309IV 3; 317), vgl Hüffner AktG 7. Auflage § 1 Rdnr.9. Fälle einer ausnahmsweisen persönlichen Durchgriffshaftung auf die Aktionäre bestehen bei einer Unterkapitalisierung (BGHZ 90, 381 ff), bei einer Vermögensvermischung ( BGH, DB 2006, 604) und bei einem existenzvernichtenden Eingriff (BGHZ 149, 10 ff).
 
2. Aktien
Die Aktiengesellschaft hat ein in Aktien zerlegtes Grundkapital, § 1II AktG. Aktien können entweder als Nennbetragsaktien oder als Stückaktien begründet werden (§ 8 I AktG).
Nennbetragsaktien müssen nach § 6 AktG auf einen Nennbetrag in Euro lauten. Der Nennbetrag spiegelt die Beteiligungsverhältnisse wieder. Stückaktien repräsentieren eine anteiligen Betrag am Grundkapital: Dieser bestimmt sich nach der Zahl der Aktien (§ 8 IV AktG) und ist bei allen Aktien gleich.

3. Mitglieder

Die Mitgliedschaft in einer Aktiengesellschaft  wird vom AktG als Aktie bezeichnet und umfasst alle Recht und Pflichten des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft.
Die Aktiengesellschaft ist von ihrem Mitgliederbestand unabhängig. Die Mitglieder werden Aktionäre genannt; sie sind in der Regel mit Einlagen am Aktienkapital beteiligt. Leistungspflichten haben Aktionäre grundsätzlich nicht. Lediglich bei der Gründung ist der Aktionär gemäß § 54 AktG zur Erbringung der Einlage verpflichtet. Der Aktionär hat allerdings Treuepflichten gegenüber der AG und den Mitaktionären, vgl BGHZ 129, 136 (Girmesurteil).

4. Gründung
Die Gründung einer Aktiengesellschaft ist förmlich und an zwingende gesetzliche Vorschriften gebunden. Die Gründer haben einen schriftlichen Gründungsbericht zu erstatten und zu unterzeichnen, § 32 AktG. 
Zum Gründungsvorgang:
- Abschluss des Gesellschaftsvertrages (Feststellung der Satzung)
- Übernahme der Aktien durch Gründer
- Bestellung Aufsichtsrat, Vorstand, Abschlussprüfer
- Erstellung Gründungsbericht
- Erbringung der Einlagen
- Anmeldung der Gesellschaft beim Handelsregister zur Eintragung

Den Hergang der Gründung prüfen Aufsichtsrat und Vorstand. Der schriftliche Prüfungsbericht ist dem Registergericht und dem Vorstand einzureichen. Das Registergericht überprüft bei Anmeldung die ordnungsgemäße Gründung. Gibt es keine Beanstandungen, trägt es die Gesellschaft in die Abteilung B des Handelsregisters ein. Damit ist die Aktiengesellschaft juristische Person und darf Aktien oder Zwischenscheine ausgeben und auf andere Personen übertragen.

5. Anmeldung zum Handelsregister (Registeranmeldung)
Die Anmeldung zum Handelsregister ist durch alle Gründer und durch alle Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats vorzunehmen. 
Voraussetzung für die Anmeldung ist, dass Sacheinlagen vollständig und Bareinlagen mindestens zu einem Viertel des Nennbetrags jeder Aktie ordnungsgemäß erbracht wurden und somit der eingeforderte Geldbetrag zur freien Verfügung des Vorstands steht. Jede Änderung des Vorstandes ist nach § 81 AktG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Anmeldung hat nur deklaratorische Wirkung, Hüffer AktG, § 84 Rn.16

6. Satzung 
Die Satzung (der Gesellschaftsvertrag der Aktiengesellschaft oder das Statut) muss durch eine oder mehrere Personen durch notarielle Beurkundung festgestellt werden, vgl. § 23 AktG. Der Mindestinhalt der Satzung ist gemäß § 23 AktG:
- Firma
- Sitz der Gesellschaft (§ 5 AktG) 
- Unternehmensgegenstand
- Grundkapital (Mindestnennbetrag  50 000 Euro, vgl § 7 AktG)
- Nennbeträge der Aktien und Zahl der Aktien jeden Nennbetrags
- Zahl der Vorstandsmitglieder
- Form der Bekanntmachung

7. Übernahme der Aktien
Das Gründungskapital ist aufzubringen, indem die Gründer die Aktien übernehmen. Sie erklären in einer notariell zu beurkundenden Verpflichtung, dass sie die Einlagen auf die Aktien bezahlen. Damit ist die Aktiengesellschaft errichtet ( § 29 AktG).

8. Bareinlage
a) Zur freien Verfügung des Vorstands
Die Anmeldung der Gesellschaft darf erst erfolgen, wenn der eingeforderte Betrag ordnungsgmäß einbezahlt worden ist (§ 54 III AktG) und endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht, § 36 II S.12.Halbs. AktG. Bei Bareinlagen muss der eingeforderte Betrag (§ 36 II) mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrags umfassen. § 36 a I AktG. Den Aktionären dürfen die Einlagen nicht zurückgewährt werden, § 57 I AktG. Die Erfüllung der Bareinlagepflicht setzt nach §§ 36 Abs.2 Satz 1, 54 Abs. 3 Satz 1 AktG voraus, dass der einbezahlte Betrag auf einem Konto der Gesellschaft oder des Vorstands endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht. Dies ist der Fall, wenn die Einlage der Gesellschaft endgültig und ohne Beschränkung und Vorbehalte durch den Einleger zugeflossen ist, der Vorstand also nach eigenem Ermessen unter Berücksichtigung seiner Verantwortung für die Gesellschaft über die Einlage verfügen kann, vgl BGHZ 125, 141, 151.

b) Keine freie Verfügbarkeit
Keine freie Verfügbarkeit des Vorstandes liegt vor, wenn die Einzahlung zwar auf ein Konto der Gesellschaft erfolgt, der Einlageschuldner aber über dieses Konto jederzeit ohne Mitwirkung des Vorstandes verfügen kann, vgl. BGH NJW 2001,1647; Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungspraxis, § 2 Rz.94. Fraglich ist, ob Absprachen über die Verwendung der einbezahlten Gelder die freie Verfügung des Vorstandes i.S.d. § 36 Abs.2 Satz1 AktG unterwandert. Die Rechtslage hierzu ist umstritten und noch nicht endgültig geklärt. Allgemein heißt es, dass solche Absprachen nicht per se unzulässig sind, soweit jedenfalls keine Rückzahlung der Einlage an die Gründer in Frage steht, also eine verdeckte Sacheinlage anzunehmen ist und bei denen die Gründer auch auf die Verwendung der Einlage nicht faktisch Einfluss nehmen können, vgl.Hüffner, AktG § 36 Rn.9; MünchKo,,-AktG/Pentz, § 36 Rn.53. Auf Grund der insoweit unklaren Rechtslage sollten derartige Verwendungsabsprachen aus Vorsichtsgründen vermieden werden. Wird der Einlagebetrag in ein Cash-Pool-System einbezogen, fehlt zum einen die freie Verfügbarkeit wegen Rückflusses an den Inferenten. Zum anderen ist darin nach der Rechtsprechung eine verdeckte Sacheinlage zu erkennen, vgl BGH, ZIP 2006, 665; Altmeppen, ZIP 2006,1025, 1029 ff.. 
Bezüglich der Einzahlung empfiehlt sich bei Neugründung eine Einzahlungsquittung und Bestätigung des Kreditinstituts erstellen zu lassen.

c) Verdeckte Sacheinlage

Bei verdeckten Sacheinlagen handelt es sich um Gestaltungen zur Umgehung der Sacheinlagevorschriften, wobei der Gesellschaft nicht effektiv oder bleibend Barkapital und neue Liquidität zugeführt wird, vgl. Hüffner, AktG, § 27 Rn.9ff. Die verdeckte Sacheinlage kann bei der Gründung ebenso wie bei einer Barkapitalerhöhung vorkommen.

Der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage setzt sich nach heute h.M. wie folgt zusammen:
- Begründung einer Bareinlageverpflichtung durch Bargründung
- Verkehrsgeschäft zwischen der Gesellschaft und dem Einlageschuldner oder einem Dritten; dieses zerfällt seinerseits in das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und das dingliche Vollzugsgeschäft
- Umgehungsabrede zwischen der Gesellschaft und dem Einlageschuldner bzw. zwischen diesem und den übrigen Gesellschaftern, wonach die Gesellschaft letztlich einen Sachwert erhalten soll, vgl BGH, Urt. v.20.11.2006 -II ZR 176/05, Rn.11ff. der Urteilsgründe; ZIP 2006, 665 f.; BGH, NJW 1996, 1286; 1473 ff.

Die häufigsten Fälle einer verdeckten Sacheinlage sind dabei
- die Verrechnung der Einlageforderung der Gesellschaft mit einem Anspruch des Gesellschafters auf Tilgung einer Altforderung (BGH BGHZ 110, 47) oder
- Neuforderung (BGHZ 132, 141; BGHZ, GmbHR 2002, 1193, 1194) bzw.
- das bloße Hin- und Herzahlen von Geld (BGH, DStR 2006, 764, mit Anm. Goette=ZIP 2006, 665; BGH, ZIP 1982, 689, 692)

Beim Vorgang des Hin- und Herzahlens wird zwar isoliert betrachtet die Einlageforderung in bar erfüllt. Im wirtschaftlichen Ergebnis soll der Gesellschaft jedoch nur die Befreiung von ihrer jeweiligen Verbindlichkeit zugeführt werden, was nur im Wege der Sacheinlage zulässig wäre, vgl BGHZ 113, 335, 344 f. Gleiches gilt, wenn die Gesellschaft mit der Bareinlage vom Gründer eine Sacheinbringung (auch zum Teil) finanziert, vgl BGH, Urt. vom 20.11.2006-ZR 176/05, Rn. 12 ff. der Urteilsgründe. Die Reihenfolge der Zahlungen ist für die Beurteilung der Frage, ob eine verdeckte Sacheinlage vorliegt, ohne Bedeutung. Es macht also keinen Unterschied, ob zunächst der Gesellschafter die Einlage erbringt und sie dann zurückerhält oder umgekehrt zuerst die Gesellschaft leistet und der Gesellschaft diese Zahlung zur Einlageleistung verwendet, vgl. BGHZ 113, 335, 345; 118, 83, 93 f; Großkommentar/ Röhricht, AktG, § 27 Rn. 188. Besteht ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen diesen Vorgängen, ist dies ein beweiskräftiges Indiz für ein abgestimmtes Verhalten der Beteiligten, das auf die Herbeiführung des wirtschaftlichen Erfolgs des verdeckten Rechtsgeschäfts gerichtet ist, vgl BGHZ 110, 47, 65; BGH, GmbHR 2002, 1193. Nach der Rechtsprechung besteht der zeitliche Zusammenhang bei einem Zeitraum von acht Monaten, vgl. BGH, GmbHR 2002. 1193. Nach Ansicht des BGH liegt eine verdeckte Sacheinlage jedenfalls dann nicht vor, wenn der zunächst an den Einleger als Darlehn oder im Wege einer Treuhandvereinbarung zurückgewährt Bareinlagebetrag später vom Inferenten endgültig an die Gesellschaft geleistet wird, vgl BGH, DStR 2006, 104, 382.

Soweit bei einer AG der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage erfüllt ist, führt dies zur Anwendung der objektiv umgangenen Norm. Es gelten daher die §§ 27 III bzw 183 III AktG, wonach auch die Verträge über die Sacheinlage und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung der Gesellschaft gegenüber unwirksam sind, vgl zur verdeckten Sacheinlage z.B BGH v. 21.11.2005- AZ II ZR 140/04, NJW 2006, 509; Arber S.24

9. Rechtsfähigkeit
Rechtsfähigkeit erlangt sie erst mit Eintragung in das Handelsregister.

10. Gründungsgesellschaft
Bis zur Eintragung besteht lediglich eine Gründungsgesellschaft. Vor Eintragung im Handelsregister haftet der persönlich, der im Namen der Gesellschaft handelt. Die Gesellschaft kann jedoch nach § 41 AktG innerhalb von drei Monaten nach Eintragung die Schuld übernehmen.
Ob im Aktienrecht im Zeitpunkt der Vorgesellschaft das Vorbelastungsverbot gilt, das die Unversehrtheit des Stammkapitals bis zur Eintragung der AG im Handelsregister sicherstellen will und deshalb die Begründung von Verbindlichkeiten untersagt, hat der BGH -anders als zur GmbH- noch nicht abschießend geklärt.  Die h.M. in der Literatur und die Tendenz in der Rechtsprechung gehen aber auch für die AG davon aus, dass das Vorbelastungsverbot durch das aus Unterbilanz-und Verlustdeckungshaftung der Gründer bestehende Haftungskonzept ersetzt wurde, vgl Hüffer AktG 7. Aufl. § 41 Rn.12; LG Heidelberg, ZIP 1997, 2045.

Im Ergebnis haften die Gründer aber anders als bei der GmbH nicht auf den gesamten Fehlbetrag sondern nur anteilig entsprechend ihrer Beteiligung am Grundkapital. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Gründer ist zwar im Fall der GmbH i.G. vertretbar, auf die nicht personenbezogen ausgelegte AG ist dieser Grundsatz jedoch nicht übertragbar, sehr strittig, vgl. Wiedemann, ZIP 1997, 2929; LG Heidelberg ZIP 1997, 2045 dazu mit a.A. Reiff, EWiR 1998, 51; Heidinger in Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungspraxis, 2005, § 1 Rn. 22 ff. Ob dies angesichts der mit der GmbH vergleichbaren personalistischen Struktur bei der kleinen AG in Zukunft durch die Rechtsprechung weiterhin so gesehen wird, erscheint fraglich, vgl Heidinger, GmbHR 2003, 189, 195. Einigkeit besteht darin, dass der Anspruch auf verhältnismäßigen Ausgleich der Unterbilanz in 5 Jahren nach Eintragung der AG im Handelsregister verjährt. Neben die Haftung der Gründer kann die unbeschränkte Außenhaftung des Vorstandes treten.

11. Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat kontrolliert den Vorstand und wird grundsätzlich gemäß § 101 I S. 1  AktG von der Hauptversammlung gewählt. Er überwacht die Geschäftsführung und vertritt die Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern (§ 112 AktG), die er bestellt und abberuft (§ 84 AktG). Die Unabhängigkeit ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, wird aber empfohlen in Ziff. 5.4.2. DCGK, vgl Hüffer Aktiengesetz § 100, 2a. Gesetzlich sind allerdings Hinderungsgründe normiert. So kann nach § 100 II 1 Nr. 2 AktG nicht Mitglied des Aufsichtsrats sein, wer im Zeitpunkt der geplanten Amtsübernahme gesetzlicher Vertreter eines von der AG abhängigen Unternehmens ist.  Verboten ist auch eine Überkreuzverflechtung. Sie liegt vor, wenn derjenige, der AR-Mitglied werden soll, gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft ist und deren Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied der AG angehört. Wer überwachen soll, soll nicht selbst in einer anderen Gesellschaft der Überwachung durch den Überwachten unterliegen, Hüffer Aktiengesetz § 100 Rdnr.7. 
Der Aufsichtsrat hat keine Geschäftsführungsaufgaben zu erfüllen und keine Geschäftsführungsbefugnis. Die Kontrolle kann nur durch ständige Diskussion mit dem Vorstand und insofern durch dessen laufende Beratung aufgeübt werden; die Beratung ist deshalt das vorrangige Mittel der in die Zukunft gerichteten Kontrolle des Vorstands, vgl BGHZ 114, 127, 130 (AS online). Der Aufsichtsrat wird durch die Gründer bestellt in notariell beurkundeter Form.

Der Aufsichtsrat haftet für Pflichtverletzungen bei der Überwachung, Beratungspflicht und sonstige Sorgfaltspflichtsverletzungen. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast, § 93 II S.2 AktG.

Für die Innenhaftung der Aufsichtsratsmitglieder sind die §§ 116, 93 II AktG als Anspruchsgrundlage für die Außenhaftung hingegen § 823 BGB heranzuziehen, vgl. Thümmel, DB 1999, 885; Arber S. 113. In der Entscheidung des BGH v. 09.07.1997 - AZ II ZR 118/77, NJW 1979, 1823 ging es um die Haftung für das Gewährenlassen des Vorstandes bei der Insolvenzverschleppung einer offenkundigen Insolvenzlage; Buchta, DStR 2003, 1665, 1669.

12. Vorstand
Dem Vorstand obliegt die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft §§ 76 I und 78 I AktG. Der Vorstand vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Er handelt eigenverantwortlich und ist nicht weisungsgebunden- entgegen dem Geschäftsführer einer GmbH, der den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt. Bei der Aktiengesellschaft fällt die Geschäftsführung vollständig und ausschließlich in die Verantwortung des Vorstandes. Durch gesetzliche Bestimmungen werden Geschäftsführungsaufgaben ausdrücklich aus den Zuständigkeitsbereichen des Aufsichtsrates und der Hauptversammlung ausgenommen (§ 111 Abs. 4 S 1 und 119 Abs.2 AktG). Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen, § 76 Abs. 2 S. 1 AktG. Mitglied des Vorstands kann nur eine natürliche Person sein, § 76 Abs. 2 AktG. Juristische Personen oder Gesellschaften können nicht Vorstandmitglieder sein, vgl Hüffer, Aktiengesetz, 7. Auflage § 76 Rdnr. 25. Der Vorstand wird durch den Aufsichtsrat bestellt gemäß § 30 AktG. Es wird rechtlich strikt zwischen dem Anstellungsvertrag (i.d.R. Dienstvertrag) und der organschaftlichen Bestellung der Vorstandmitglieder unterschieden. Die organschaftliche Vertretungsmacht steht dem Vorstand mit Beginn seiner Amtsstellung zu. Die Anmeldung zum Handelsregister hat nur deklaratorische Wirkung, Hüffer, AktG § 81, 10. Die Vorstandmitglieder unterliegen der allgemeinen Sorgfaltspflicht und der Verschwiegenheitsverpflichtung (§ 93 I AktG).
Vorstandsmitglieder müssen alles unterlassen, was die Gesellschaft schädigt. Sie müssen bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anwenden ( § 93 I S.1 AktG). Die business judgment rule ist durch das UMAG nunmehr in § 93 I AktG gesetzlich verankert. Nach § 88 AktG unterliegen sie einem Wettbewerbsverbot, das ihnen untersagt, ohne Einwilligung des Aufsichtsrats ein Handelsgewerbe zu betreiben oder im Geschäftszweig der Gesellschaft eigene oder für fremde Rechnung Geschäfte zu machen oder Vorstand, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter einer anderen Handelsgesellschaft zu sein, vgl BGH, NJW 2001, 2476; Arber S. 119. Verstößt ein Vorstandsmitglied gegen dieses Verbot, so kann die Gesellschaft nach § 88 II AktG Schadensersatz fordern und verlangen, dass die Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen abgerechnet werden. Zu den Treuepflichten des Vorstands gehört auch das Verbot, Geschäftschancen der Gesellschaft an sich zu ziehen (Geschäftschancenlehre).

Im Fall einer Krise muss der Vorstand geeignete Maßnahmen ergreifen, um eine eingetretene oder drohende Insolvenz der Gesellschaft abzuwenden, und bei unbehebbarer Insolvenz nach § 92 Abs. 2 AktG die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen. Er unterliegt im Insolvenzfall nach § 92 III AktG einem Zahlungsverbot. Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet (§ 93 II S.1 AktG).

Gehaftet wird für jedes Verschulden, vgl § 93 AktG; Arber S. 119. Nach § 93 Abs.2 Satz 2 AktG besteht eine Beweislastumkehr zulasten des Vorstandes. Die Haftung knüpft an die Organstellung an. Sie beginnt, sobald das betreffende Vorstandsmitglied seine Tätigkeit mit Billigung des Aufsichtsrats aufnimmt und endet mit Beendigung des Amtes, vgl Reul Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht S. 1103 Rz.163.

Den Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen den pflichtwidrig handelnden Vorstand kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können, § 93 Abs.5 Satz 1. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.

Ein nachträglicher Verzicht auf Schadensersatzansprüche ist gemäß § 93 Abs.4 Satz 3 AktG grundsätzlich erst drei Jahre nach Entstehung des Anspruchs möglich.Neben der Verlustdeckungshaftung der Gründer für kapitalmindernde Vorbelastungen und Verluste der Vorgesellschaft steht die persönliche und gesamtschuldnerische Haftung der handelnden Vorstandsmitglieder aus § 41 Abs. 1 S.2 AktG: Wer vor der Eintragung der Gesellschaft in ihrem Namen handelt, haftet persönlich; haften mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner. Weder die Gründer noch die Aufsichtsratsmitglieder sind Handelnde im Sinne dieser Haftungsvorschrift, vgl Münch.Hdb.GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rdnr.40.

13. Prinzip der Kapitalaufbringung und -erhaltung 
Die Gesellschaft muss dafür sorgen, dass ein der Grundkapitalziffer entsprechendes Vermögen auch tatsächlich aufgebracht wird.

Diesem Prinzip sind zuzuordnen:

  • Verbot der Stufengründung (§§ 2, 29) und der Unterpariemission (§ 9I);
  • Satzungspublizität von Sondervorteilen, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und -übernahmen (§§ 26, 27)
  • Gründungsprüfung, namentlich §§ 32 II, 33II Nr. 4, 34;
  • Vorschriften über die Einlagenleistung (§§ 36 II iVm. 54 III, 36a)
  • gerichtliche Prüfung des Gründungshergangs, besonders § 38 II 2;
  • Regelung der Gründerhaftung ( §§ 46ff.) namentlich auch wegen ihrer präventiven Wirkung; Nachgründungserfordernis ( § 52). Seine Garantiefunktion kann das Grundkapital nur erfüllen, wenn entprechende Mindestvermögen nicht nur aufgebracht wird, sondern auch erhaltenbleibt(Grundsatz der Kapitalerhaltung).

Auf diesen Grundsatz sind drei Regelungskomplexe zurückzuführen:

  • das Verbot jeglicher Einlagenrückgewähr ( § 57 I und II AktG)
    Das Verbot ist zwingend und kann weder durch vertragliche Vereinbarung noch durch Satzungsbestimmungen abbedungen oder eingeschränkt werden. Verboten ist nicht nur die Rückgewähr als solche, sondern schon jede Verpflichtung der AG zur Einlagenrückgewähr, vgl. GroßkommAktG/Henze § 57 Rdnr.9; Hüffer AktG § 57 Rdnr.3. Geschützt ist -entgegen dem missverständlichen Wortlaut nicht nur die geleisteten Einlagen, sondern das gesamte Vermögen, vgl Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Aktiengesellschaft § 16 Rn 42. Jede Zuwendung der Aktiengesellschaft an einen Aktionär ist daher nach § 57 AktG unzulässig.
  • das prinzipielle Verbot der §§ 71 bis 71e eigene Aktien zu erwerben
  • das Verbot, vor Auflösung der AG mehr Dividende auszuschütten, als dem Bilanzgewinn entspr.( § 57 III), vgl Hüffer, AktG 7. Auflage § 1Rdnr. 11,12.

14. Mantel- oder Vorratsgründung
Mantelgründung ist die Errichtung einer AG, die wenigstens vorerst, abgesehen von Verwaltung eigenen Vermögens, kein Unternehmens betreiben soll, vgl Hüffer, AktG 7.Auflage§ 23 Rdnr. 26. Die verdeckte Mantelgründung ist nach allgM unzulässig, vgl Hüffer AktG, § 23 Rdnr. 26. Die offenen Mantelgründung ist zulässig, vgl BGHZ 117, 313, 325 = NJW 1992, 1824; sa BGHZ 153, 158, 161 = NJW 2003, 892(Formulierung: "Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung des eigenen Vermögens").

Die Gründung einer Aktiengesellschaft auf Vorrat, die als bloßer Mantel zur Eintragung gelangt und nach dem Willen der Gründer erst zu einem späteren Zeitpunkt einen Geschäftsbetrieb aufnehmen soll, nennt man Vorratsgründung. Diese wurde vom BGH anerkannt, vgl BGHZ 117, 323.
Die Vorratsgründung erfolgt oft deshalb, weil die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister voraussetzt. Bei einer Geschäftsaufnahme vor Eintragung in das Handelsregister droht den Gesellschaftern demgegenüber eine Inanspruchnahme aus Unterbilanzhaftung, wenn das Nettovermögen im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister die Grundkapitalziffer nicht mehr deckt, vgl BGHZ 80, 129, 140 ff für die GmbH, für die AG Hüffer, AktG 7. Auflage § 41 Rn. 8 m.v.N. unter Beschränkung der Haftung auf die mit einer vorzeitigen Geschäftsaufnahme einverstandenen Gesellschafter; außerdem OLG Karlsruhe, AG 1999, 131; Lachmann, NJW 1998, 2263 ff.

15. Mantelverwendung und -kauf
a) Mantelverwendung
Mantelverwendung ist der Gebrauch eines AG-Mantels zwecks wirtschaftlicher Neugründung eines Unternehmens. Beim Mantelkauf erfolgt Neugründung durch Dritte nach Erwerb der Aktien.  Die Satzung muss in beiden Fällen geändert werden, um dem neuen Unternehmensgegenstand Rechnung zu tragen, vgl. Hüffer, AktG § 23 Rz.27. Entscheidend ist, dass Unternehmenstätigkeit erstmals oder nach Volleinstellung früherer Tätigkeit aufgenommen wird; dann liegt eine Neugründung vor. Dagegen liegt eine bloße Umorganisation vor, wenn die bisherige Unternehmenstätigkeit als Basis für die Fortführung dient, vgl. BGHZ 155, 318, 324 = NJW 2003, 3198; Hüffer, AktG § 23 Rz.27b. Satzungsänderungen (Unternehmensgegenstand, Firma und Sitz) sind nicht als solche entscheidend, haben aber indizierende Bedeutung und sind in diesem Sinne vom Registergericht zu beachten. Mantelverwendung und -kauf sind zulässig, sofern analog Geltung der Gründungsvorschriften beachtet wird; sonst nicht. So heute h.M, s. BGHZ 117, 323, 313 ff = NJW 1992, 1824; BGHZ 153, 158, 160 ff. = NJW 2003, 892; LG Dresden NJW-RR 2001, 823; Baumbach/Hueck/Fastrich GmbHG § 3 Rn 14 f. Auf die Übernahme einer Vorrats- oder Mantel- AG sind also nach h.M. die Vorschriften der Gründung einer AG entsprechend anzuwenden, Hüffer AktG 7. Auflage § 23 Rn. 27 f. Die h.M. hat durch den BGH eine Unterstützung erfahren, als dieser für die Vorrats-GmbH entschieden hat, dass eine erneute Prüfung durch das Handelsregister bei Aufnahme des tatsächlichen Geschäftsbetriebes stattzufinden habe, BGH GmbHR 2003, 227=NZG 2003, 641. Der BGH hat es in der Entscheidung allerdings versäumt zwischen der Verwendung einer Vorratsgesellschaft und eines gebrauchten Mantel zu unterscheiden. Entsprechend der Regelung des § 8 II GmbH haben die Geschäftsführer der GmbH die Versicherung abzugeben, dass die Leistung auf die Einlagen gemäß § 7 Abs.2und 3 GmbH bewirkt sind und sich zu ihrer freien Verfügung befinden, vgl BGH GmbHR 2003 S.1125. Der BGH sieht die Verwendung einer Vorrats- oder Mantelgesellschaft als eine "wirtschaftliche Neugründung" der Gesellschaft an. Bis zu diesem Zeitpunkt, wo die in dieser Weise neugegründete Gesellschaft den Vorgang dem Handelsregister gegenüber offen legt und das Vertretungsorgan versichert, dass das satzungsmäßige Kapital vorhanden ist, greift zu Lasten der Erwerber der Vorrats- bzw Mantelgesellschaft die Unterbilanzhaftung.

b) Doppelte Kapitalaufbringungsprüfung
Im Falle der Vorratsgesellschaft und ihrer Ingangsetzung findet eine doppelte Kapitalaufbringungsprüfung statt. Zunächst bei der Ersteintragung der Vorratsgesellschaft, sodann bei ihrer erstmaligen Ausstattung mit einem Unternehmen. Ist im Fall der Gründung der Vorrats- GmbH die Stammeinlage als Darlehn an den Gründer zurückgewährt worden, hat dies nicht zum Erlöschen der Einlage geführt. Dies bedeutet, dass das Vertretungsorgan unverzüglich nach dem Erwerb der Vorrats-/Mantel- AG dem Handelregister am eingetragenen Sitz der Vorrats-/Mantel AG die wirtschaftliche Neugründung offen legen muss. Um keinen Zeitverzug zu erleiden, sollte die Mitteilung vorab per Fax erfolgen. Die Versicherung zum Erhalt des Grundkapitals muss abgegeben werden, bevor eine unternehmerische Tätigkeit entwickelt wird, vgl dazu Heckschen in Heidinger/Heckschen, Die GmbH in der Gestaltungspraxis, 2005, § 2 Rn.121 ff; Heidinger, ZGR 2005, 101.
Die Käufer einer Vorrats-AG sollte darauf achten, dass das Grundkapital mit Ausnahme der historischen Gründungskosten ungemindert zur Verfügung steht. 

c) Anforderungen an Offenlegung der Verwendung des Mantels
Welche Anforderungen nach Rechtsprechung und Literatur an die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung zu stellen sind, ist noch nicht abschließend geklärt. Nach  Auffassung des Bundesgerichtshofs genügt jedenfalls die pauschale Aussage im Rahmen der Handelsregisteranmeldung, dass die Wiederverwendung eines alten Gesellschaftsmantels bzw eine wirtschaftliche Neugründung vorliegt, vgl. BGH, DNotZ 2003, 951, 953 f.

In der Literatur wird es daneben für ausreichend gehalten, wenn durch andere Angaben und Erklärungen dem Registergericht die Tatsachen einer wirtschaftlichen Neugründung offenkundig gemacht wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn im Zusammenhang mit der Anmeldung von signifikanten Satzungsänderungen die bei der Gründung einer GmbH notwendige Versicherung der Geschäftsführer nach § 8 Abs. 2 GmbHG mit abgegeben wurde, vgl. Reul, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht  

d) Ansprüche bei fehlender Offenlegung

-Unterbleibt eine Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung gegenüber dem Handelsregister haften die Geschäftsführer in der GmbH gegebenenfalls für falsche Erkärungen nach § 9a GmbHG analog.
-Es besteht auch die Haftung der Geschäftsführer für Handlungen nach § 11Abs.2 GmbHG analog
-Die Gesellschafter haften den Gläubigern gegenüber nach den Grundsätzen der für die Vor-GmbH entwickelten Unterbilanzhaftung, vgl.BGHZ 155, 318=DNotZ 2003, 951. Die Gesellschafter haften daher für die Differenz zwischen dem Wert des Gesellschaftsvermögens und dem in der Satzung festgesetzten Grundkapital zum Zeitpunkt der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung gegenüber dem Handelsregister, vgl Heidinger, ZGR 2005, 101, 110. Unerheblich ist, dass das Grundkapital bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister vollständig geleistet und eine entsprechende Versicherung des Geschäftsführers nach § 8 Abs.2 GmbH abgegeben worden ist.
Es besteht kein Zweifel, dass diese Grundsätze im GmbH-Recht auch im Aktienrecht Anwendung finden, vgl. Reul, Handbuch des Fachanwalts für Handel- und Gesellschaftsrecht S. 1070 Rz.78.Gilt aber bei der Verwendung einer Vorrats-AG Gründungsrecht, wird man an einem Gründungsbericht, an einer Gründungsprüfung durch den Vorstand und Aufsichtsrat einschließlich einer neuen Bankbbestätigung nach § 37 AktG schwerlich vorbeikommen, vgl Lorz/Pfisterer/Gerber, in Beck´sches Formularbuch Aktienrecht, B VI.5; Reul Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht S. 1070 Rz.78. Gleiches dürfte gelten, wenn die Gesellschaft ihrer Tätigkeit aufnimmt, ohne die o.g. Änderung im Handelsregister eintragen zu lassen.

16. Übertragung von Aktien

Aktien sind besonders gut verkehrsfähig. Im Gegensatz von GmbH-Anteilen ist beispielsweise keine notarielle Beurkundung notwendig (dort § 15 III GmbHG). Im Gegensatz zu § 16 GmbHG ist eine Anmeldung der Übertragung ebenfalls nicht notwendig. Die Übertragung von Aktienurkunden erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften durch Einigung und Übergabe bzw. Übergabesurrogat nach §§ 929 bis 936 BGB, vgl Eder, NZG 2004, 107,108; Arber S. 39.

17. Nachgründung
a) Allgemeines
Dem Umgehungsschutz der Kapitalaufbringung und Erhaltung dienen auch die Regeln über die Nachgründung, §§ 52 ff. AktG. Nachgründung liegt gemäß § 52 I AktG vor, wenn sich als juristische Person entstandene AG durch Vertrag zum Erwerb von Vermögensgegenständen verpflichtet, sofern Vergütung 10 % des Grundkapitals übersteigen soll und Vertragsschluß in den ersten zwei Jahren nach Eintragung der AG erfolgt. Entgegen dem Wortsinn geht es nicht um Gründung sondern um schuldrechtliche Geschäfte, die nur wegen der Gefährdungslage ähnlich wie Gründung behandelt werden. Geschäftstyp (Kauf, Miete, Werkvertrag) ist dabei ohne Bedeutung ( h.M s.Kraft in Kölner Komm § 52 Rn.60; Pentz in Münchkomm AktG 16; Priester in Großkommentar 26; Hüffer AktG 7. Auflage § 52 Rn.3).

b) Zweck der Vorschrift
Zweck der Vorschrift des § 52 AktG ist es zu verhindern, dass die Sicherungsbestimmung der Sachgründung dadurch umgangen werden, dass die Gesellschaft im Wege der Bargründung errichtet wird und dann eine von vornherein geplante Übernahme von Gegenständen erst nach der Eintragung der Gesellschaft vereinbart wird, Münch-Komm-AktG/Pentz, § 52 Rn.4 f m.w.N.
Gründer i.S.d. § 52 Abs.1 AktG sind gemäß § 28 AktG diejenigen Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben. Umstritten ist die Gründereigenschaft bei der Vorrats-AG, also Gründer i.S.d. § 52 Abs.1 AktG diejenigen sind, die die Vorrats-AG selbst gegründet haben oder diejenigen, die die Vorrats-AG erwerben und sie dann nach entsprechender Satzungsänderung mit unternehmerischer Leben erfüllen. Letzeres dürfte im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH zur Vorratsgesellschaft richtig sein, vgl. Reul, Handbuch des Fachanwalts für Handels-und Gesellschaftsrecht; Koch, Die Nachgründung S.5.

c) Rechtsfolgen
Vor der Eintragung des Vertrages im Handelsregister und vor der Zustimmung der Hauptversammlung ist der Vertrag schwebend unwirksam. Wird der Vertrag nicht schriftlich vereinbart, liegt dagegen ein zur Nichtigkeit nach § 125 BGB führender Formmangel vor, vgl.Hüffler, AktG, § 52 Rz.5. Gleiches gilt für die dinglichen Verfügungsgeschäfte nach § 52 Abs.1 Satz 2 AktG. Nach § 52 Abs.1 AktG wird ein Nachgründungsvertrag nur dann wirksam, wenn die Zustimmung der Hauptversammlung vorliegt und der Vertrag im Handelsregister eingetragen worden ist. Vor der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung hat der Aufsichtsrat den Vertrag zu prüfen und einen schriftlichen Nachgründungsbericht zur erstatten, § 52 Abs.3 AktG. Wegen der qualifizierten Mehrheit muss der Hauptversammlungsbeschluss stets notariell beurkundet werden, § 130 Abs.1 Satz 3 AktG.

18. Eigenkapitalersatzrecht
Über das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 57 AktG finden im Aktienrecht auch die aus dem GmbH-Recht bekannten Grundsätze zum Eigenkapitalersatzrecht sowie zu den eigenkapitalersetzenden Darlehn Anwendung, vgl BGH, DStR 2005, 1416 = ZIP 2005, 1316; BGHZ 90, 381, 390 f.. Im Unterschied zur GmbH genügt bei der AG aber nicht schon jedwedes Darlehn eines Aktionärs, der nur mit mehr als 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist, das dieser gegenüber der Gesellschaft in der Krise gewährt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Aktionär gleichsam bestimmenden Einfluss in der AG haben muss. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Aktionär zumindest über eine Sperrminorität, mithin über mehr als 25 % am Grundkapital verfügen muss, vgl BGH, DStR 2005, 1416 = ZIP 2005,1316; BGHZ 90, 381, 390 f. Das kapitalersetzende Darlehn darf nicht an den Aktionär zurückgeführt werden, solange die Krise besteht. Wird das Darlehn verbotswidrig zurückbezahlt, entsteht für die AG ein Rückgewähranspruch analog § 62 AktG, vgl Münch-Komm-AktG/Bayer, § 57 Rn.198.  
Ohne Bedeutung ist, dass der Aktionär, der die gegen § 57 AktG verstoßenden Leistungen erhalten hat, später aus der AG ausgeschieden ist. Entscheidend für den Rückforderungeanspruch nach § 62 AktG ist, die Aktionärseigenschaft im Zeitpunkt der Empfangnahme der verbotswidrigen Leistung, vgl Münch-Komm-AktG/Bayer, § 62 Rn 12.

19. Insolvenz der AG
Die AG ist nach § 11 Abs.1 Satz 1 InsO insolvenzfähig. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt Auflösung der Gesellschaft, § 262 Abs.1 Ziff.3 AktG. Der Vorstand hat die Insolvenzantragspflicht gemäß § 92 ABs.2 AktG. Der Vorstand darf nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung keine Zahlungen mehr leisten, soweit dies nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar ist, § 93 Abs.1 AktG. Wird gegen diese Pflicht verstoßen, macht sich der Vorstand schadensersatzpflichtig, vgl Bayer/Lieder, WM 2006, 1 ff. Daneben drohen strafrechtliche Sanktionen wegen Insolvenzverschleppung (§ 401 Abs.1 Ziff.2 AktG, vgl.vgl Pelz, Strafrecht in Krise und Insolvenz, Rn.165 ff.;  Reul, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht S.1260 Rn.559. Der Vorstand wird in seiner Zuständigkeit zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft durch den Insolvenzverwalter verdrängt. Die Mitglieder des Aufsichtsrats behalten ihr Amt auch während des Insolvenzverfahrens, können den Insolvenzverwalter nicht kontrollieren, Uhlenbruck/HIrte, InsO, § 11 Rn.125. In der Insolvenz der Gesellschaft kann ebenso eine Hauptversammlung oder Gesellschaftsversammlung durchgeführt werden. Die Zuständigkeit der Hauptversammlung dürfte auch gegeben sein zur Vorlage eines Insolvenzplans bzw. zur Stellung eines Antrags auf Einstellung des Verfahrens, Kübler/Prütting/Noack, InsO Rn. 384. Soweit offene Einlageansprüche bestehen, sind diese vom Insolvenzverwalter geltend zu machen. Wird eine als Bareinlagepflicht geschuldete Zahlung nur zur Schuldentilgung verwendet und damit nicht zur freien Verfügbarkeit schuldtilgend geleistet, geht nach Ansicht des OLG Hamm die Anfechtung wegen gläubigerbenachteiligender Verwendung der Einlage im Einzelfall der erneuten Geltendmachung der Einlageforderung vor, vgl. OLG Hamm, ZIP 2004, 1427; Reul, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht S.1261 Rn.565.

20. Gemeinnützige Aktiengesellschaft  / Chancen und Risiken
Die Verwendung der Bezeichnung "gemeinnützig" ist eine steuerliche Besonderheit, mit der auf eine gemeinnützige Ausrichtung der AG - im Gegensatz zur üblichen gewinnorientierten Betätigung - hingewiesen wird. Eine besondere Gesellschaftsform ist damit nicht verbunden, sondern vor allem Vorschriften hinsichtlich der Gewinnverwendung. Die Erträge der Gesellschaft sind für gemeinnützige Zwecke zu verwenden und dürfen nur unter eng begrenzten Voraussetzungen an die Aktionäre ausgeschüttet werden.

a) Chancen, wenn Bürger Aktionäre sind

-Möglichkeit der Eigenmittelbeschaffung
-seriöser wirtschaftlicher Ruf der AG
-Ausrichtung auf effiziente Betriebsführung
-gute Wachstumsmöglichkeiten
-Information, Mitwirkung und Gestaltung der Aktionäre in Hauptversammlung 
-finanzielle Unterstützung ideeller Zielsetzungen
-"Flagge zeigen" im Umfeld durch die Aktionärsstellung
-niedrige Eintrittsbarriere und übersichtliche Haftungsrisiken
-Motivation und Einbindung von Mitarbeitern durch Aktien

b) Risiken, wenn Bürger Aktionäre sind

-
Aktienkauf ist steuerlich eventuell keine Spende
-Gewinnausschüttungen sind ausgeschlossen
-erhöhte Verwaltung und Kosten dieser Rechtsform

c) Chancen, wenn gemeinnützige Organisationen Aktionäre sind

-Beteiligung breiter Kreise möglich
-Beteiligungshöhe variabel
-Aktienkauf/-verkauf einfach möglich
-Gewinnausschüttungen an steuerbegünstigte Anteilseigner möglich
-Absicherung einer ideellen Verflechtung
-leichte Einwerbung des Stiftungskapital

d) Risiken, wenn gemeinnützige Organisationen Aktionäre sind

-Beteiligungsfinanzierung nur aus steuerlichen Rücklagen

-Einfluss fast nur über Aufsichtsrat

-Abkoppelung von Vereins- und Basisstrukturen

-Kontrolldefizite mit wirksamer Aufsichtsratsarbeit


21. Zum Schluß: Absicherung der Manager und Empfehlung 

a) UMAG

Wesentlicher Inhalt des am 01.11.2005 in Kraft getretenen UMAG (Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts, BGBl. I 2005, S.2802, vgl hierzu Priester DNotZ 2006, 403 ff; ZIP 2004, 252 ff.) ist die Erleichterung von Schadensersatzklagen von Aktionären, die sich auf Pflichtverletzungen von Vorstand und Aufsichtsrat stützen. Ersatzansprüche der Gesellschaft können im Wege der gesetzlichen Prozeßstandschaft auch durch eine Aktionärsminderheit geltend gemacht werden, §§ 147 I; 148 I AktG. Er reicht eine Beteiligung von 1 % des Grundkapitals oder ein Nennbetrag von 100.000 Euro aus. Damit dies nicht zu einer Klageflut führt, wurde ein Klagezulassungsverfahren in § 148 AktG eingeführt, vgl K.Schmidt NZG 2005, 800


b) D&O

Bei großen Aktiengesellschaften ist es üblich, bei kleineren noch nicht:

die Absicherung vor persönlichen Haftungsrisiken durch eine Versicherung, die sich D&O Versicherung nennt. Daher können hier Fahrlässigkeiten ohne Versicherung leicht zum privaten Ruin führen. Bei der Absicherung durch eine D&O Versicherung sind Versicherungsnehmer und Prämienschuldner die Gesellschaft; die versicherten Organmitglieder erhalten aus dem Versicherungsvertrag eigene Rechte. Umstritten ist, ob für den Abschluss der Versicherung der Aufsichtsrat nach § 112 AktG zuständig ist, weil es sich bei der Versicherung um einen Teil der Vergütung handelt, oder der Vorstand selbst nach § 78 Abs.1 AktG. Die wohl herrschende Meinung bejaht hier einen Fall des § 78 Abs. 1 AktG, vgl Reul, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht S. 1104 Rz.167.


Wir empfehlen immer den Abschluss einer D&O Versicherung und regelmäßige Fortbildungen der Firmenlenker und Aufsichtspersonen und Beratung und Coaching durch unabhängige Fachanwälte.

Hermann Kulzer

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Mediator


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