Allgemeine Regeln der Technik als erwartbarer Mindeststandard

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Ein Auftragnehmer (AN) war mit der Eindeckung des Daches eines Seniorenzentrums beauftragt einschließlich der Herstellung des Unterdaches. Der AN führt aus und versieht das Dach mit einem regensicheren Unterdach der Klasse 3. Es stellt sich heraus, dass dieses Unterdach zum Zeitpunkt der Fertigstellung Ende 2012 nicht dem Regelwerk des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks entspricht. Zudem wird kurz darauf im Dezember 2012 das besagte Regelwerk verschärft. Der AN hätte danach ein wasserdichtes Unterdach der Klasse 1 ausführen müssen. Der Auftraggeber (AG) verweigert nun die Abnahme und wendet die fehlende Abnahmereife des Werks ein, weil das Unterdach lediglich regensicher, nicht aber wasserdicht ausgeführt wurde. Der AN klagt seinen Restwerklohn i.H.v. rund 75.000 Euro ein.

Das angerufene Gericht erteilt der Werklohnklage des AN eine Absage.  Denn die Forderung sei mangels Abnahme und Abnahmereife nicht fällig. Für die Frage, ob ein Mangel vorliege, komme es auf die anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme an (BGH, IBR 1998, 376; IBR 1998, 377). Ohne eine Abnahme der Leistung komme es auf die die Regeln der Technik an, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gelten. Dabei werde vermutet, dass kodifizierte Regelwerke wie z.B. das Regelwerk des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben. Dies gelte auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme (Verweis auf BGH, IBR 2018, 67). Eine vom Regelwerk des Dachdeckerhandwerks negativ abweichende Soll-Beschaffenheit hätten die Parteien nicht getroffen.

Mit dieser Entscheidung folgt das OLG Koblenz der BGH-Rechtsprechung (BGH-Urteil IBR 2018, 67, und IBR 2018, 68).

(OLG Koblenz, Urteil vom 31.05.2019 - 6 U 1075/18)

Dr. Thomas Gutwin

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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