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Amtsanmaßung: Überblick und Beispiele aus der Praxis

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Amtsanmaßung: Überblick und Beispiele aus der Praxis

Gemäß § 132 des Strafgesetzbuches (StGB) ist Amtsanmaßung strafbar und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden. Amtsanmaßung wird gesetzlich definiert als das unbefugte Ausüben eines öffentlichen Amtes oder das Vornehmen einer Handlung, die nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf. 

Warum wird Amtsanmaßung unter Strafe gestellt? 

Amtsanmaßung wird in § 132 Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt, weil das Vertrauen in staatliche Institutionen und das Funktionieren unseres Rechtssystems große Bedeutung hat. Diesen droht Gefahr, wenn Unbefugte anderen gegenüber die öffentlich-rechtlichen Funktionen eines von ihnen angeblich bekleideten Amtes in Anspruch nehmen und auf diese Weise der Schein amtlichen Handelns für Tätigkeiten erweckt wird, die in Wahrheit nicht unter der Kontrolle der staatlichen Organe zustande gekommen sind. Letztlich sollen die Autorität und das Ansehen des Staates und seiner Einrichtungen dadurch geschützt werden, dass die Vortäuschung von Hoheitsgewalt unter Strafe gestellt wird, um missbräuchliches Verhalten durch Nicht-Amtsträger zu verhindern. 

Was ist ein öffentliches Amt? 

Die Amtsanmaßung setzt in der ersten Variante eine unbefugte Ausübung eines öffentlichen Amtes voraus. In der zweiten Variante der Amtsanmaßung wird auch unter Strafe gestellt, wer eine Handlung vornimmt, die nur aufgrund eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf. Der Begriff des öffentlichen Amtes ist somit von zentraler Bedeutung für eine Strafbarkeit nach § 132 Strafgesetzbuch. Das öffentliche Amt setzt eine Tätigkeit im Dienst von Bund, Ländern oder Gemeinden als deren Amtswalter voraus.  

Kirchliche Ämter oder staatlich reglementierte Berufe – wie Rechtsanwalt, Steuerberater oder Insolvenzverwalter – werden von der Vorschrift des § 132 Strafgesetzbuch nicht erfasst. Gleichfalls von § 132 Strafgesetzbuch nicht erfasst sind Ämter ausländischer Staaten sowie Ämter der Europäischen Union, z. B. das Ausgeben als Mitarbeiter von Europol. Auch das Ausgeben als Soldat der Bundeswehr und die Anmaßung militärischer Befehlsgewalt ist nicht strafbar nach § 132 Strafgesetzbuch – gegebenenfalls jedoch nach anderen Vorschriften wie z. B. § 38 Wehrstrafgesetz (WStG) –, da insoweit kein öffentliches Amt im Sinne des § 132 Strafgesetzbuch vorliegt. 

Können sich auch Amtsträger wegen Amtsanmaßung strafbar machen? 

Auch Amtsträger können sich wegen Amtsanmaßung strafbar machen, wenn sie die Grenzen ihrer Amtsbefugnis so weit überschreiten, dass die ausgeführte Handlung den Charakter der Ausübung eines anderen Amtes annimmt. 

Welche Strafe droht für Amtsanmaßung?

Eine Strafbarkeit nach § 132 Strafgesetzbuch ist nur möglich, wenn der Täter mit Vorsatz gehandelt hat. Dies setzt den Willen voraus, ein Amt auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden kann.  

Die Strafe für Amtsanmaßung richtet sich nach der Schwere der Tat und den individuellen Umständen des Täters. Das Gesetz sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Es ist auch zu beachten, dass Amtsanmaßung nicht nur eine Straftat darstellt, sondern auch zivilrechtliche Ansprüche begründen kann. So können etwa Betroffene Schadensersatzansprüche gegen die Täter geltend machen, wenn sie durch die Amtsanmaßung einen materiellen Schaden erlitten haben.  

Beispiele für Amtsanmaßung

Ein klassisches Beispiel für Amtsanmaßung ist das unbefugte Ausgeben als Angehöriger einer Strafverfolgungsbehörde: als Ermittlungsrichter, Staatsanwalt sowie Polizei- oder Kriminalbeamter. Insbesondere Fälle mit unechten Polizeibeamten kommen in der Praxis häufig vor. In diesen Fällen geben sich Täter zum Beispiel als Polizeibeamte aus, um Personen zu täuschen und beispielsweise an deren Eigentum zu gelangen.  

Für eine Strafbarkeit nach § 132 Strafgesetzbuch ist neben dem (unbefugten) Tragen von Polizeiuniformen oder dem Vorzeigen gefälschter Dienstausweise allerdings erforderlich, dass eine Handlung vorgenommen wird, die nur ein Polizeibeamter ausführen darf – z. B. das Aussprechen eines Platzverweises oder eine Beschlagnahme oder das Durchführen einer Verkehrskontrolle mit der Aufforderung, die Fahrzeugpapiere vorzuzeigen. Um eine Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung zu begründen, muss die Handlung der Täter daher in der Absicht erfolgen, sich als Amtsträger auszugeben oder die Befugnisse eines solchen Amtsträgers auszuüben.  

Daher genügt es für eine Strafbarkeit nach § 132 Strafgesetzbuch zum Beispiel nicht, wenn sich ein verärgerter Nachbar telefonisch mit den Worten meldet: „Hier spricht die Kriminalpolizei, bitte machen Sie Ihr Radio leiser.“ Nach Ansicht des entscheidenden Strafgerichts sei von einem echten Kriminalbeamten zumindest zu erwarten gewesen, dass er sich als Zugehöriger einer bestimmten Dienststelle ausgibt (so das Oberlandesgericht Koblenz). Auch ist das bloße Tragen einer Polizeiuniform – zum Beispiel an Karneval – noch nicht nach § 132 Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt. Allerdings kann im Einzelfall eine Strafbarkeit nach § 132a StGB („Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen“) in Betracht kommen. 

Trotz des Charakters des § 132 StGB als sog. abstraktem Gefährdungsdelikts ist die 2. Variante des § 132 StGB, also die Strafbarkeit wegen Vornahme einer Handlung, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, dahingehend einschränkend auszulegen, dass die dem Täter vorgeworfene Handlung überhaupt geeignet ist, mit dem Handeln eines echten öffentlichen Amtsträgers verwechselt zu werden. Wenn nämlich die alleinige Vornahme einer solchen Handlung bereits strafbar wäre, würde sich auch der sorgsame Autofahrer strafbar machen, der im Rahmen eines Verkehrsunfallgeschehens andere Verkehrsteilnehmer um die Unfallstelle herumleitet. Da aber das Winken und Gestikulieren eines beliebigen Verkehrsteilnehmers zum Umleiten des Verkehrs an einer Unfallstelle den Eindruck staatlichen Handelns unter keinen Umständen entstehen lassen kann, ist eine Strafbarkeit gerade nicht gegeben. 

Darf man sich als Fantasiepolizei ausgeben? 

Bei diesen Handlungen geht es darum, dass Personen als Fantasiepolizei auftreten. Ein bekannter Fall in den Medien in der Vergangenheit war das deutlich sichtbare, öffentliche Tragen von Warnwesten über der Alltagskleidung mit der Aufschrift auf der Rückseite „Scharia-Polizei“ und „Pelz-Polizei“. Zugleich wurden im ersten Fall andere Personen angesprochen und auf die Gefahren von Alkoholkonsum und Glückspiel aufmerksam gemacht. Im zweiten Fall der „Pelz-Polizei“ wurden gezielt Passanten, die Pelzkleidung trugen, in Einkaufsstraßen angesprochen und auf die Rechte von Tieren hingewiesen. 

Eine Strafbarkeit nach § 132 Strafgesetzbuch kam in diesen Fällen nicht in Betracht. Zwar ist für eine Strafbarkeit im Grundsatz nicht erforderlich, dass das angemaßte Amt tatsächlich existiert. Vorliegend war aber eine Verwechselbarkeit mit einem Organ der Staatsgewalt (Polizei) nicht gegeben. 

Weitere Beispiele für § 132 StGB

Auch das Verwenden von Blaulicht und Martinshorn bei privaten Fahrzeugen – zum Beispiel, um den Seitenstreifen bei Stau auf einer Autobahn zu nutzen oder eine „Rettungsgasse“ für sich zu schaffen – kann eine Strafbarkeit nach § 132 Strafgesetzbuch begründen, wenn nach den Gesamtumständen der Eindruck eines hoheitlichen Handelns erzeugt wird. Ein weiteres Beispiel ist das unbefugte Auftreten als Gerichtsvollzieher und das Anbringen von Pfandmarken auf Gegenständen. Auch hier kommt eine Strafbarkeit nach § 132 Strafgesetzbuch in Betracht, da der Eindruck einer rechtmäßigen Amtshandlung vermittelt wird. 

Nicht strafbar macht sich auch derjenige, der als „Reichspräsident” auftritt und „Personalausweise des Deutschen Reiches” herstellt und ausgibt, wenn auszuschließen ist, dass das Auftreten als „Präsident des Deutschen Reiches“ mit einem echten hoheitlichen Handeln eines Amtsträgers verwechselt werden kann und es sich bei den „Personalausweisen“ unzweifelhaft erkennen lässt, dass es sich um nichtamtliche Dokumente handelt, vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.04.2006, Az.: 4 Ws 98/06. 

Weitere Beispiele aus der Praxis können das unbefugte Aufstellen oder Verrücken von Verkehrszeichen sowie das Aufstellen von Blitzer-Attrappen sein. Insoweit kommt es jedoch auf die Umstände des Einzelfalls an.

Foto(s): ©Fotolia/Gerhard Seybert

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