Anstecken einer anderen Person mit Corona strafbar?

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Die Corona-Pandemie hat Deutschland, Europa sowie die ganze Welt fest im Griff. Stündlich steigen die Zahlen der Infizierten und Toten. Hatten die deutschen Behörden das Virus zunächst noch unterschätzt, steht das öffentliche Leben mittlerweile weitestgehend still. Zwar sollen soziale Kontakte so weit wie möglich vermieden werden, gänzlich auf solche verzichten können jedoch nur die wenigsten Menschen. Deshalb wird es höchste Zeit, einige rechtliche Aspekte zu beleuchten, um für Klarheit zu sorgen und Missverständnisse zu vermeiden.

Anstecken einer anderen Person als Infizierter strafbar?

Immer wieder erreicht mich in den letzten Tagen die Frage, ob das Anstecken eines anderen Menschen strafbar ist. Grundsätzlich stellt die Ansteckung einer anderen Person eine Körperverletzung im Sinne der §§ 223 ff. StGB dar, da die Gesundheit der anderen Person geschädigt wird. Hier muss jedoch berücksichtigt werden, dass Corona durch körperliche Nähe übertragen werden kann, die für sich genommen nicht strafbar ist.

In diesem Zusammenhang bietet sich ein Vergleich zur Rechtslage bei der Übertragung des HIV-Virus an: Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist dabei neben einer entsprechenden Anzeige, dass die HIV-infizierte Person zum Zeitpunkt des entsprechenden Kontaktes Kenntnis von der eigenen Ansteckung hatte. Die Rechtsprechung unterstellt einem Infizierten, der die andere Person bei sexuellen Kontakten nicht über diesen Umstand aufklärt und auch sonst keine Schutzmaßnahmen ergreift, einen bedingten Vorsatz. Das Ergebnis ist eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß den §§ 223, 224 StGB.

Etwas anderes gilt aber zum Beispiel, wenn die andere Person bereits vor dem Geschlechtsverkehr weiß, dass ein positiver Test vorliegt. Im Hinblick auf die sogenannte eigenverantwortliche Selbstgefährdung scheidet eine Strafbarkeit dann aus. Zudem schließt die Benutzung eines Kondoms eine Körperverletzung aus – egal, ob die andere Person über die Infizierung aufgeklärt wurde oder nicht. Denn es gibt in Deutschland keine Verpflichtung zur Aufklärung.

Die gerade dargestellten Grundsätze lassen sich grundsätzlich auch auf das Coronavirus übertragen. In den allermeisten Fällen ist eine Strafbarkeit deshalb unwahrscheinlich. Etwas anderes gilt jedoch selbstverständlich bei vorsätzlichem und fahrlässigem Handeln. Wer also von seiner Corona-Betroffenheit Kenntnis hat und bewusst eine andere Person ansteckt, die von der Krankheit keine Kenntnis hat, macht sich strafbar. Weiter ist eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne des § 229 StGB denkbar, wenn ein Infizierter sich einer offiziellen Quarantäneanordnung widersetzt und den bestimmten Bereich (etwa ein Krankenhaus oder die eigene Wohnung) verlässt, um mit anderen Menschen in Kontakt zu treten.

Quarantäneanordnung verpflichtend?

Eine Verpflichtung zur Quarantäne ist nach dem Infektionsschutzgesetz möglich. Gemeint ist damit die Absonderung an einem „sicheren“ Ort beziehungsweise das Gebot, den Ort, an dem man sich aufhält, nicht zu verlassen. Wer sich dieser Anordnung widersetzt, macht sich strafbar – der Strafrahmen reicht hier von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Wer durch eine Missachtung einer solchen Anordnung das Virus tatsächlich verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Maßnahmen zur Stilllegung des öffentlichen Lebens rechtmäßig?

Das öffentliche Leben steht fast im gesamten Bundesgebiet weitgehend still. Schulen, Kindergärten und Spielplätze sind geschlossen. Ebenso dürfen fast sämtliche Fitnessstudios, Restaurants, Kneipen und ähnliche Betriebe gar nicht oder nur noch unter strengen Auflagen öffnen. Viele Arbeitnehmer sitzen im Homeoffice, auch die öffentlichen Behörden und Ämter haben ihren Betrieb auf das notwendige Maß heruntergefahren. Wie sind solch weitreichende staatliche Maßnahmen überhaupt möglich?

Hier dient ebenfalls das Infektionsschutzgesetz als Rechtsgrundlage. Denn danach treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der übertragbaren Krankheit. Die verwendeten Rechtsbegriffe sind natürlich ausfüllungsbedürftig und unterliegen einer Wertung. Für jedes staatliche Handeln ist deshalb der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten, der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme voraussetzt. Grundsätzlich wären also auch Ausgangssperren denkbar. Zudem kann auch die jeweilige Landesregierung durch Rechtsverordnung Gebote oder Verbote zur Verhütung übertragbarer Krankheiten erlassen.

Verhalten Sie sich also vorsichtig, handeln mit Bedacht … und bleiben Sie vor allem gesund!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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