Arbeitsbedingungen und Nachweispflicht im Arbeitsrecht
- 5 Minuten Lesezeit
Experten-Autorin dieses Themas
Allgemeine Arbeitsbedingungen: Was zählt dazu?
Zu den Arbeitsbedingungen zählen Bestimmungen zu:
- Entlohnung, auch an Sonn- und Feiertagen, einschließlich Überstunden und Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall
- Urlaub
- Arbeitszeiten und Ruhezeiten
- Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Unfallverhütung
- Arbeitsschutzmaßnahmen für beispielsweise Schwangere, Kinder und Jugendliche
- Gleichbehandlung der Geschlechter und andere Nichtdiskriminierungsbestimmungen
- Kündigungen und dem Schutz der beschäftigten Personen im Fall von Kündigungen
Regelung von Arbeitsbedingungen in Deutschland
Die in Deutschland geltenden Arbeitsbedingungen werden durch Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge bestimmt. Auf europäischer Ebene bestehen ebenfalls Richtlinien zum Schutz von beschäftigten Personen, um die Mindeststandards an Arbeitsbedingungen sicherzustellen, die in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.
Die Bestimmungen über die Arbeitsbedingungen in Deutschland legen die Rechte und Pflichten von beschäftigten Personen und beschäftigenden Unternehmen fest. Insofern regelt § 105 Gewerbeordnung, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrages frei vereinbaren können, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen.
Umgesetzt werden die Arbeitsbedingungen durch zahlreiche Gesetze zur Bestimmung der Arbeitsbedingungen, wie beispielsweise
- Mindestlohngesetz
- Nachweisgesetz
- Entgeltfortzahlungsgesetz
- Mutterschutzgesetz
- Arbeitszeitgesetz
- Arbeitsschutzgesetz in Verbindung mit zahlreichen Arbeitsschutzverordnungen
- Bundesurlaubsgesetz
- Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
- Kündigungsschutzgesetz
- und viele mehr
Das Arbeitszeitgesetz sowie geltende Tarifverträge für bestimmte Branchen legen beispielsweise die tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit fest sowie Ausgleichszeiten bei längeren Arbeitszeiten und die Länge der Pausen, um Beschäftigte nicht durch hohe Arbeitszeiten zu belasten und Ruhezeiten zu ermöglichen. Der Mensch ist eben keine Maschine. Das Mindestlohngesetz regelt beispielsweise, wie hoch ein Gehalt mindestens sein muss, um Dumpinglöhne und Ausbeutung der Beschäftigten zu verhindern sowie den Lebensunterhalt der Beschäftigten zu sichern.
Die zahlreichen Arbeitsschutzvorschriften verpflichten den Arbeitgeber zur Einhaltung von Schutzmaßnahmen und zur Bereitstellung von Schutzvorkehrungen, insbesondere bei gefahrgeneigter Tätigkeit, um die Beschäftigten vor gesundheitlichen, psychischen und physischen Gefahren und Verletzungen zu schützen. § 11 Mutterschutzgesetz (MuSchG) bestimmt beispielsweise für schwangere Frauen, dass der Arbeitgeber eine schwangere Frau keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen darf, bei denen sie in einem Maß Gefahrstoffen ausgesetzt ist oder es sein kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt.
Das Ziel von Arbeitsbedingungen im Arbeitsrecht
Arbeitsbedingungen im Arbeitsrecht bestehen, um für beschäftigte Personen eine menschengerechte Ausübung ihrer Beschäftigung sicherzustellen. Zur menschengerechten Beschäftigung gehört die Anpassung der Arbeitsgestaltung an den Menschen. Die Maßnahmen und Bestimmungen zur Anpassung der Arbeit an den Menschen haben das primäre Ziel:
- Belastungen bei Beschäftigten abzubauen und zu verhindern
- geeignete Maßnahmen zum Gesundheitsschutz von Beschäftigten sicherzustellen
- auf die Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung positiv einzuwirken
Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen sind daher alle rechtlichen und tatsächlichen Umstände, unter denen eine beschäftigte Person ihre Arbeitsleistung erbringt und die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
Verbesserung der Arbeitsbedingungen: Nachweis- und Informationspflicht
Die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie und ihre Umsetzung in Deutschland
Die am 31. Juli 2019 in Kraft getretene EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie des Europäischen Parlaments wurde in deutsches innerstaatliches Recht umgesetzt und gilt seit dem 1. August 2022. Die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie verfolgt das Ziel, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und prekäre Arbeitsbedingungen zu verhindern, indem eine transparente und vorhersehbare Beschäftigung gefördert wird. Die europäische Richtlinie und ihre Vorgaben wurden in Deutschland im Teilzeit- und Befristungsgesetz und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vor allem durch die Änderung des Nachweisgesetzes (NachwG) umgesetzt.
Änderung des Nachweisgesetzes
Die Pflichten von Arbeitgebern wurden in diesem Zuge durch zahlreiche neue Informations- und Nachweispflichten im Nachweisgesetz erweitert.
§ 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG enthält nun folgende ergänzende Nachweispflichten:
- Angabe der Dauer der Probezeit
- Im Fall von mobilen Arbeitsformen die Angabe, dass der Arbeitsort frei gewählt werden kann
- Vergütung von Überstunden
- Getrennte Darstellung der Bestandteile des Arbeitsentgelts
- Art und Form der Auszahlung des Arbeitsentgelts
- Angabe von vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten
- Bei vereinbarter Schichtarbeit: das Schichtsystem, den Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen
- Bei Arbeit auf Abruf nach § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG): die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, den Zeitrahmen für die Erbringung der Arbeitsleistung (bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden) und die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat
- Die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
- Angabe eines etwaigen Anspruchs auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen
- Bei betrieblicher Altersversorgung über einen Versorgungsträger: Name und Anschrift des Versorgungsträgers
- Die Vorgaben zum Verfahren bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses: mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses und zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
Zu den zwingenden Mindestangaben zählen beispielsweise Name und Anschrift der Vertragsparteien, der Beginn des Arbeitsverhältnisses, Dauer der Probezeit und des Urlaubs. Viel weitreichendere Pflichten hat der Arbeitgeber bei der zukünftigen Angabe des Arbeitsentgelts. Die pauschale Angabe des Bruttogehalts im Arbeitsvertrag allein reicht nicht mehr. Vielmehr sind die konkrete Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts jeweils getrennt zu nennen sowie deren Fälligkeit und die Art der Auszahlung im Arbeitsvertrag anzugeben. In § 2 S. 2 Nr. 14 Nachweisgesetz ist nun beispielsweise eine wichtige und bislang äußerst selten in Arbeitsverträgen enthaltene Informationspflicht über die dreiwöchige Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage nach § 7 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gegen eine Kündigung durch den Arbeitnehmer ebenfalls gesetzlich geregelt.
Nicht selten fehlen schriftliche Arbeitsverträge, sodass die beschäftigte Person keine konkreten Kenntnisse über die Vertragsbedingungen hat, sondern lediglich mündliche Zusagen. Das neue Nachweisgesetz soll mündliche Arbeitsverträge in Zukunft unterbinden.
Der Arbeitgeber ist seit dem 1. August 2022 gesetzlich verpflichtet, alle in § 2 NachwG aufgezählten wesentlichen Vertragsbedingungen in einer Niederschrift – also einem schriftlichen Arbeitsvertrag und/oder in einem gesonderten Dokument innerhalb bestimmter Fristen, je nach Vertragsbedingung, die entweder einen Tag bis maximal einen Monat betragen – an die beschäftigte Person auszuhändigen. Verstöße gegen die Nachweis- und Informationspflichten werden fortan nach § 4 NachwG mit einer Geldbuße bis 2000 € geahndet. Die Zuständigkeit der Behörde ist Ländersache. Zudem darf eine beschäftigte Person nach § 6 NachwG nicht auf die Informations- und Nachweispflichten verzichten, da von den Bestimmungen im Nachweisgesetz nicht zu Ungunsten der beschäftigten Person abgewichen werden darf.
Artikel teilen:
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Arbeitsbedingungen?
Rechtstipps zu "Arbeitsbedingungen"
-
23.03.2024 Rechtsanwalt Adrian Jäckel„… steht. Fazit Das Urteil des BAG vom 13. Dezember 2023 ist ein bedeutender Schritt zur Sicherung fairer Arbeitsbedingungen bei der Umstellung von Teilzeit- auf Vollzeitarbeitsverhältnisse. Es betont …“ Weiterlesen
-
19.03.2024 Rechtsanwalt und Notar Andreas Krau„… Gründe gerechtfertigt sein. Soziale Ausgewogenheit: Die Änderung der Arbeitsbedingungen muss für den Arbeitnehmer zumutbar sein und eine soziale Ausgewogenheit wahren. Formale Anforderungen …“ Weiterlesen
-
18.03.2024 Rechtsanwältin Christina Bender„… den Einwanderungsprozess für hochqualifizierte Fachkräfte, indem sie schnellere Genehmigungsverfahren, erleichterten Familiennachzug und verbesserte Arbeitsbedingungen bietet. Bei Fragen zur BlueCard …“ Weiterlesen
-
23.02.2024 Rechtsanwalt Klaus Uhl„… ! Wir sind für Sie da! Was darf man sagen – und was nicht? Während des BEM-Gesprächs sollte sich der Arbeitnehmer auf arbeitsplatzbezogene Themen beschränken. Dies umfasst etwaige Arbeitsbedingungen …“ Weiterlesen
-
20.02.2024 Rechtsanwalt Christian Seidel„… sind: Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen. Unter anderem anhand dieser Kriterien werden Arbeitgeber also künftig prüfen können und müssen, welche Arbeiten im Unternehmen …“ Weiterlesen
-
17.02.2024 Rechtsanwalt Klaus Uhl„Gesundheit ist unser höchstes Gut – eine Weisheit, die besonders im Arbeitsleben von entscheidender Bedeutung ist. Nicht selten führen belastende Arbeitsbedingungen, sei es durch körperliche …“ Weiterlesen
-
15.02.2024 Rechtsanwalt Marcel Wack„… der Arbeitsbedingungen, die über die bisherigen Anforderungen hinausgeht. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer sollten sich einen Überblick über die mit dem Nachweisgesetz verbundenen Chancen und Risiken …“ Weiterlesen
-
14.02.2024 Rechtsanwalt Mirco Lehr„… des Arbeitnehmers darstellt, wie z.B. die Inanspruchnahme von Krankenstand oder das Einlegen einer Beschwerde über Arbeitsbedingungen. Ein wichtiger Aspekt ist die Frage, ob die Kündigung überhaupt …“ Weiterlesen
-
14.02.2024 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… oder sich eine sonstige Veränderung in Ihren Arbeitsbedingungen abzeichnet. Was können Sie sofort tun? Schließen Sie zeitnah eine Rechtsschutzversicherung ab. Falls Sie bereits eine haben, prüfen Sie nach, ob alle …“ Weiterlesen
-
13.02.2024 Rechtsanwalt Bernd Gasteiger LL.M.„… körperliche Umstände, die für die Leistungsminderung verantwortlich sein können, zB diagnostizierte Konzentrationsstörung des Mitarbeiters. Feststellung vergleichbarer Arbeitsbedingungen unter den Mitarbeitern …“ Weiterlesen
-
08.02.2024 Rechtsanwalt Thomas Feil„… oder der Unternehmensführung wider. Unfaire Behandlung: Gefühle der Ungerechtigkeit, sei es durch Kündigung, schlechte Arbeitsbedingungen oder mangelnde Wertschätzung, können zu Racheaktionen motivieren …“ Weiterlesen
-
08.02.2024 Rechtsanwalt Dr. Matthias Lang„… : „Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen …“ Weiterlesen
-
02.02.2024 Rechtsanwalt Heiko Posiege„… , im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen weder eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes an dem Arbeitnehmer zuträgliche Arbeitsbedingungen noch die Beschäftigung auf einem anderen …“ Weiterlesen
-
01.02.2024 Rechtsanwalt Klaus Uhl„… , wenn sich die Arbeitsvertragsparteien gleichzeitig über eine Änderung sonstiger Arbeitsbedingungen verständigen. Das Urteil hebt hervor, dass die Arbeitsbedingungen bei einem Hinausschieben …“ Weiterlesen
-
31.01.2024 Rechtsanwältin Lena Hoffarth„… Arbeitsleistung verpflichtet. Die Arbeitsbedingungen, z. B. Art, Zeit und Ort der Arbeitsleistung, bestimmt der Arbeitgeber. Das ist das sog. Direktionsrecht des Arbeitgebers, auch Weisungsrecht …“ Weiterlesen
-
06.02.2024 Rechtsanwältin Jella Forster-Seher„… . Dies bedeutet, dass ein Arbeitgeber durch eine Änderungskündigung keine neuen Arbeitsbedingungen schaffen kann. Arbeitszeit, Gehalt, Urlaub u. a. sind im Tarifvertrag unantastbar geregelt …“ Weiterlesen
-
27.01.2024 Rechtsanwalt Simon Bürgler„Ein grundlegendes Element für die gerechte Entlohnung und die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst (sei es nach dem TVöD oder dem TV-L) ist die richtige Eingruppierung der Mitarbeiterinnen …“ Weiterlesen
-
14.01.2024 Rechtsanwältin Christina Bender„… (2023). Vergleichbarkeitsprüfung: In Mangelberufen prüft die Bundesagentur für Arbeit die Vergleichbarkeit der Arbeitsbedingungen, um Missbrauch zu verhindern. Privilegien und Möglichkeiten …“ Weiterlesen
-
13.01.2024 Rechtsanwalt Fabian Fritsch„… in den Arbeitsbedingungen müssen berücksichtigt werden. Rechtsanwalt Fabian Fritsch - Kanzlei Hafencity - steht als juristischer Ansprechpartner zu allen Themen der Künstlichen Intelligenz zur Verfügung.“ Weiterlesen
-
16.01.2024 Rechtsanwältin Justine Sandkämper„… bei der Arbeit regelmäßig arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Es sei denn, auf Grund der Beurteilung der Arbeitsbedingungen und der getroffenen Schutzmaßnahmen …“ Weiterlesen
-
22.12.2023 Rechtsanwalt Ruediger Wittkop„… der Fluggesellschaft liegen (wie bei Fluglotsenstreiks), haben Airlines oft einen gewissen Grad an Einfluss oder zumindest Verantwortung für die Arbeitsbedingungen und Verhandlungen, die zu internen Streiks …“ Weiterlesen
-
11.12.2023 Rechtsanwalt Dirk M. Richter„… ich Sie dabei, Ihre Rechte geltend zu machen, faire Arbeitsbedingungen zu verhandeln und bei Bedarf rechtliche Schritte einzuleiten. 📞 Termin vereinbaren📞“ Weiterlesen
-
05.12.2023 Rechtsanwalt Adrian Jäckel„… des Weisungsrechts des Arbeitgebers, wonach er Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag …“ Weiterlesen
-
22.11.2023 Rechtsanwalt Klaus-Georg Weigand„… und Tarifverträge, die letzten 12 Lohnabrechnungen, die letzten Dienstpläne, Stundenlisten und Urlaubslisten sonstige Arbeitsbedingungen oder Anweisungen des Arbeitgebers, Daten Ihrer Rechtsschutzversicherung …“ Weiterlesen