Arbeitsrecht in Corona-Zeiten

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Die Corona-Krise wirkt sich nachhaltig auch auf das Arbeitsrecht aus. Ein kurzer Ausblick (Stand: 27.3. 2020):

I. Kurzarbeitergeld (KUG)

Der Gesetzgeber erleichtert den Zugang zum KUG. Die wichtigsten Änderungen:

  1. Anspruch auf KUG besteht, wenn mindestens 10 % der Beschäftigten einen Arbeitsentgeltausfall von mehr als 10 % haben.
  2. Anfallende Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden werden zu 100 % erstattet.
  3. Der Bezug von KUG ist bis zu 12 Monate möglich.
  4. Leiharbeitnehmer und -arbeitnehmerinnen können ebenfalls in Kurzarbeit gehen und haben Anspruch auf KUG.
  5. In Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, wird auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten verzichtet.

II. Erleichterungen bei der Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

Seit dem 9.3.2020 können erkrankte Arbeitnehmer mit leichten Erkrankungen der oberen Atemwege nach telefonischer Rücksprache mit Ihrem Arzt eine Bescheinigung auf Arbeitsunfähigkeit (AU) bis max. 7 Tage ausgestellt erhalten. Sie müssen dafür nicht die Arztpraxen aufsuchen. Diese Regelung gilt für Patienten, die an leichten Erkrankungen der oberen Atemwege erkrankt sind und keine schwere Symptomatik aufweisen oder Kriterien des Robert-Koch-Instituts (RKI) für einen Verdacht auf eine Infektion mit Covid-19 erfüllen. Diese Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und des GKV-Spitzenverbandes gilt zunächst für 4 Wochen.

III. Lohnfortzahlung

1.

Erkrankt ein Arbeitnehmer am Coronavirus, ist der Arbeitgeber gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz regelmäßig zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet.

2. 

Befindet sich der Arbeitnehmer in Quarantäne, ohne erkrankt zu sein bzw. mit der Ungewissheit einer möglichen Infektion, ist damit stets das Verbot der Ausübung der bisherigen Erwerbstätigkeit verbunden (§ 31 S. 2 Infektionsschutzgesetz). Für die Zeit der Quarantäne, max. 6 Wochen, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls zu leisten. Der Arbeitgeber hat jedoch auf Antrag einen Anspruch auf Erstattung der ausgezahlten Beträge gegen die zuständige Agentur für Arbeit gemäß § 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz.

3. 

Erkrankt ein betreuungspflichtiges Kind eines Arbeitnehmers am Coronavirus, haben gesetzlich Krankenversicherte einen Anspruch auf Krankengeld gegen ihre gesetzliche Krankenversicherung bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres des Kindes, längstens für 10 Arbeitstage. Für alleinerziehend Versicherte besteht der Anspruch auf Krankengeld längstens für 20 Arbeitstage.

4. 

Müssen Kinder zu Hause betreut werden, weil der Kindergarten oder die Schule geschlossen sind, haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung gemäß § 616 BGB, da sie in diesem Fall aus persönlichen Gründen ohne Verschulden an der Erbringung ihrer Dienstleistung verhindert sind, jedoch nur für die Dauer von 5 Arbeitstagen. In dieser Zeit muss es dem Arbeitnehmer gelungen sein für eine alternative Betreuung der Kinder zu sorgen.

Ist eine Arbeit vom Homeoffice aus möglich, hat der Arbeitnehmer im Rahmen des Homeoffice seine Arbeitsleistung zu erbringen (siehe auch IV.). Dann ist der Arbeitnehmer an der Erbringung seiner Dienstleistung nicht mehr verhindert.

5.

Bei Betriebsschließungen kann der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer unverschuldet nicht beschäftigen. Er bleibt aber grundsätzlich zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Die Arbeitnehmer erhalten ihr Gehalt als Annahmeverzugslohn gemäß § 615 BGB. Der Arbeitgeber hat dann die Möglichkeit, die Arbeitsverhältnisse aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist schriftlich (!) zu kündigen. Der Arbeitgeber schuldet in diesem Fall lediglich für die auslaufende Zeit der ordentlichen Kündigungsfrist Annahmeverzugslohn. Selbstverständlich hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht einzureichen.

IV. Homeoffice

In Corona-Zeiten darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend ins Homeoffice schicken. Dies entspricht seinem Weisungs- und Direktionsrecht nach § 611 Buchst. a Absatz 1 S. 2 BGB. Danach darf der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, es sei denn Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften regeln eine ausschließliche Erbringung der Arbeitsleistung im Betrieb.

In besonderen Fällen hat der Arbeitgeber sogar eine Pflicht aus seiner Fürsorgepflicht dem Arbeitnehmer gegenüber, diesem die Möglichkeit der Erbringung seiner Arbeitsleistung im Homeoffice anzubieten, wenn dieser beispielsweise aufgrund einer chronischen Erkrankung zu einer Risikogruppe gehört und damit eine erhöhte Ansteckungsgefahr für den betroffenen Arbeitnehmer besteht.

V. Arbeitszeitrecht

Die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes verbieten grundsätzlich Arbeit an Sonn- und Feiertagen, schreiben eine 11-stündige Ruhepause zwischen 2 Arbeitsschichten vor und begrenzen die werktägliche Arbeitszeit auf höchstens 10 Stunden.

Davon kann in außergewöhnlichen Fällen abgewichen werden. Die COVID19-Krise ist so ein außergewöhnlicher Fall. Folglich können betroffene Unternehmen wie z. B. die der Gesundheitsbranche, Industrie, Laborbetriebe oder bestimmte Versorgungseinrichtungen genehmigungsfrei und zulässig auch an Sonntagen und/oder unter Überschreitung der täglichen Höchstarbeitszeit arbeiten. Zu beachten ist die Wahrung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden im Durchschnitt von 6 Kalendermonaten. Gleichwohl empfiehlt es sich rein vorsorglich, die Aufsichtsbehörden über die Mehrarbeit zu informieren, einen Antrag auf Anerkennung eines außergewöhnlichen Falls zu stellen und hilfsweise eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen.

Bleiben Sie gesund!

Kanzlei Bauer

Uta Patricia Bauer

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Arbeitsrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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