Audi AG im Abgasskandal für Motor-Manipulationen an einem VW Touareg verurteilt

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Im Abgasskandal wird das Unternehmen schadenersatzpflichtig, dass den betreffenden Dieselmotor hergestellt hat. Daher muss die Audi AG an einen geschädigtem Verbraucher 47.008,93 Euro nebst Zinsen gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke VW vom Typ Touareg 3.0 TDI zahlen.

Immer wieder kommt es vor, Autokonzerne von Gerichten wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung in die Pflicht genommen werden, die sie gar nicht gebaut haben. Der Hintergrund im Abgasskandal: Es kommt immer auf den Hersteller des Motors an, wie das Landgericht Osnabrück (Urteil vom 09.04.2021, Az.: 7 O 2986/20) einmal mehr zeigt. Die Audi AG wurde verurteilt, an den Kläger 47.008,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2020 gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke VW vom Typ Touareg 3.0 TDI zu zahlen, die Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen und den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.046,82 Euro freizustellen.

Das vom Kläger erworbene Fahrzeug enthält einen von der Beklagten in einem Werk in Ungarn produzierten Dreiliter-V6-Turbodieselmotor, der eine Leistung von 262 PS erreicht. Dabei handelt es sich Vortrag des geschädigten Verbrauchers um den Dieselmotor EA897, während die Audi AG widerspricht, in dem Fahrzeug sei ein EA896 verbaut. Das streitgegenständliche Fahrzeug war von einer an die Herstellerin des Pkw gerichteten Rückrufaktion des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) vom Dezember 2017 betroffen. Nach den Feststellungen des KBA haben die betroffenen Fahrzeuge – somit auch das Fahrzeug des Klägers – fünf verschiedene Strategien im Emissionskontrollsystem, von denen das KBA zwei, nämlich die Strategien A und E, als unzulässige Abschalteinrichtungen eingestuft hat, während es hinsichtlich der weiteren Strategien B, C und D jedenfalls Zweifel hinsichtlich ihrer Zulässigkeit geäußert, hierüber aber nicht abschließend entschieden hat, weil sich die Fahrzeugherstellerin freiwillig bereit erklärt hatte, auf diese Strategien zu verzichten und diese aus der Software zu entfernen.

„Mit der Strategie A enthält das Motorsteuergerät bekanntlich eine Abschalteinrichtung. Durch Erfassung und Auswertung verschiedener physikalischer Größen wird eine Aufheizstrategie im Emissionskontrollsystem betrieben oder abgeschaltet. Bei der Strategie A handelt es sich um die sogenannte Aufheizstrategie. Diese springt im Wesentlichen nur beim Durchlaufen des Prüfstandsverfahrens des Neuen Europäischen Fahrzyklus NEFZ an, wird aber im realen Verkehr hingegen nicht aktiviert. Dadurch wird das Stickoxidemissionsverhalten des Fahrzeugs auf dem Prüfstand gegenüber dem Emissionsverhalten im normalen Fahrbetrieb verbessert“, erklärt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Trotz aller Einreden der Audi AG hat das Landgericht den Hersteller wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeuges unstreitig mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen war, als welche zumindest die sogenannte Aufwärmstrategie zu qualifizieren ist. [...] Dass die Aufwärmstrategie zwar auf dem Prüfstand aktiv wird, dies hingegen im Normalbetrieb nahezu ausgeschlossen ist, ergibt sich aus dem Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes, dessen inhaltliche Richtigkeit die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren an keiner Stelle bestritten hat.

Die Audi AG sei auch ihrer sogenannten sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Die Beklagte hat auf den Vortrag des Klägers zur Aufheizstrategie keine Stellung genommen. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss sich der Autohersteller von den Vorwürfen aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Dem hat das Unternehmen nicht ansatzweise entsprochen. Insofern steigen die Chancen für Dieselkunden weiter, im Rahmen des Abgasskandals finanziell weitreichend entschädigt zu werden. Die Audi AG habe sich vielmehr auf beschränkt, die aus ihrer Sicht mangelnde Substantiierung des Klägervortrages zu rügen und hierzu behauptet, der Vortrag des Klägers habe sich „weitestgehend“ auf die nicht streitgegenständlichen EA189-Motoren bezogen, was allerdings, wie sich bei aufmerksamer Lektüre der Klageschrift und insbesondere auch der Replik ohne Weiteres erschließe, so nicht zutrifft. Der Kläger gehe laut Gericht durchaus konkret auf die „großen“ Dieselmotoren ein, welche von der Beklagten selbst produziert und speziell in dem hier streitgegenständlichen Fahrzeugtyp verbaut worden seien.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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