Aufhebungsvertrag - Sperrzeit, Ruhen des ALG und Insolvenz

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Vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie sehen sich viele Unternehmen gezwungen, Personal abzubauen. Gerade in den Unternehmen, in denen ein Betriebsrat besteht und hinsichtlich der Anordnung von Kurzarbeit Betriebsvereinbarungen (mit dem Betriebsrat) geschlossen wurden, ist es dem Arbeitgeber verwehrt, Kündigungen auszusprechen. Tatsächlich soll die Kurzarbeit ja Arbeitsplätze erhalten. Daher sehen viele Betriebsvereinbarungen vor, dass während der Kurzarbeitsphase keine Kündigungen ausgesprochen werden dürfen.

Es zeigt sich aktuell, dass deswegen viele Arbeitgeber auf das Mittel des Aufhebungsvertrages zurückgreifen, um dennoch eine Reduzierung der Belegschaft vorzunehmen.

 

Für die/den Arbeitnehmer/in, an den der Arbeitgeber mit einem Aufhebungsvertrag herantritt, gibt es dabei Einiges zu bedenken:

Vorab: Ein Aufhebungsvertrag ist keine Kündigung. Daher finden die Vorschriften zum besonderen Kündigungsschutz von Schwangeren, Behinderten, Auszubildenden, in Elternzeit befindlichen Mitarbeitern oder Betriebsräten auf ihn keine Anwendung.

 

Mit dem Aufhebungsvertrag erklärt der/die Arbeitnehmer/in durch seine Unterschrift die Aufgabe des Arbeitsplatzes.

 

1. Genau hierin liegt das erste Problem: Sperrzeit!

Ein/e Arbeitnehmer/in verhält sich nämlich im Sinne der Sozialversicherung, konkret dem Sozialgesetzbuch III (im Weiteren „SGB III“), versicherungswidrig, wenn sie/er ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, das Beschäftigungsverhältnis löst und hierdurch die Arbeitslosigkeit herbeiführt (§ 159 Abs. 1 S. 1 i.V.m. S. 2 Nr. 1 SGB III).

In einem solchen Fall sieht das SGB III als Rechtsfolge das Verhängen einer Sperrzeit vor.

Es ist daher dringend davon abzuraten, sofern man kein alternatives Beschäftigungsverhältnis in der Hinterhand hält, einen Aufhebungsvertrag, ohne einen wichtigen Grund für die Auflösung vorweisen zu können, zu unterzeichnen.

 

2. Das zweite Problem kann sich aus der Zahlung einer Abfindung ergeben: Ruhen des Arbeitslosengeldes!

Manch einem/einer, der/die mit dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag verhandelt und hierin eine Abfindungszahlung vorsieht, mag den Reiz verspüren, die Abfindung dadurch zu erhöhen, dass auf Teile der Kündigungsfrist oder gleich auf die gesamte Kündigungsfrist verzichtet wird.

Die Rechnung ist einfach: Durch die Verkürzung der Kündigungsfrist spart der Arbeitgeber die Auslaufentgelte, die er ansonsten noch während des Laufs der Frist zu bezahlen hätte. Um diese Entgelte wird die Abfindung erhöht. Jeder Arbeitgeber macht hier auch gerne, sofern er nicht mehr auf die Arbeitsleistung des/der Mitarbeiter/in angewiesen ist, mit. Schließlich spart der Arbeitgeber so die ansonsten von ihm geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge (auf die Abfindung werden keine SV-Beiträge erhoben, anders als auf die normalen Auslaufentgelte).

Sofern der/die Arbeitnehmer/in ein zeitlich passendes neues Arbeitsverhältnis gefunden hat, sie/er also kein Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen muss, ist dieser Ansatz durchaus praktikabel und für beide Seiten gewinnbringend.

Sofern der/die Arbeitnehmerin aber noch keinen neuen Job hat, also auf das Arbeitslosengeld angewiesen ist, wäre eine derartige Regelung fatal:

Das SGB III sieht hierzu in § 158 nämlich einen Ruhenstatbestand für den Arbeitslosengeldbezug vor.

In der Praxis können ähnliche Formulierungen in einen Aufhebungsvertrag aufgenommen werden, dann aber unter bestimmten Bedingungen, die nicht zu einem Nachteil hinsichtlich des Arbeitslosengeldes führen. Hierzu bedarf es jedoch einer individuellen Gestaltung.

 

3. Ganz aktuell kommt noch eine dritte Problematik hinzu: Insolvenz und weg ist die Abfindung!

Viele Unternehmen befinden sich derzeit in schwerwiegenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Viele Experten gehen davon aus, dass in verschiedenen Branchen eine Insolvenzwelle auf uns zukommt.

Was aber würde eine Insolvenz für einen vorher unterzeichneten „einfachen“ Aufhebungsvertrag, der eine Abfindungszahlung beinhaltet, bedeuten?

Insolvenzrechtlich ist die Sache klar: Die Regelung bezüglich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bleibt bestehen. Dies gilt dem Grunde nach auch für die Regelung bezüglich der Abfindung. Allerdings handelt es sich bei der vereinbarten Abfindung um eine Insolvenzforderung, die dann zur Insolvenztabelle in dem Insolvenzverfahren angemeldet werden muss. Mit anderen Worten wird der Arbeitgeber die Abfindung nicht mehr zahlen (dürfen). Je nach Quote kann der/die Arbeitnehmer/in Jahre später einen (Bruch-) Teil der versprochenen Abfindung erhalten. Auch dieses Risiko kann man durch eine geschickte Formulierung des Aufhebungsvertrages komplett vermeiden.

 

Meine Ausführungen sollen nicht bedeuten, dass es unmöglich ist, eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses ohne Nachteile für den/die Arbeitnehmer/in herbeizuführen. Schließlich können auch persönliche Gründe dafür sprechen, ein Arbeitsverhältnis aufzugeben.

Es ist dringend dazu zu raten, sich vor Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages anwaltlicher Hilfe bedienen. Wir stehen Ihnen hierzu gerne zur Verfügung!


Fazit:

  • Kein Aufhebungsvertrag ohne wichtigen Grund
  • Keine Abkürzung der Kündigungsfrist ohne Anschlussbeschäftigung
  • Aufhebungsvertrag nur mit Insolvenzsicherung
  • Unbedingt anwaltliche Beratung VOR Abschluss eines Aufhebungsvertrages in Anspruch nehmen


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