AUSSAGE gegen AUSSAGE

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Der Ausgang jedes Strafverfahrens hängt von der zentralen Frage ab, ob dem Angeklagten die vorgeworfene Tat bar jeden Zweifels nachgewiesen werden kann. Der Nachweis ist dann besonders schwierig, wenn dem Bestreiten ( oder Schweigen) des Angeklagten nur die belastende Angabe einer Person gegenüber steht. Schon dies belegt, dass die Konstellation Aussage gegen Aussage entgegen landläufiger Meinung dann nicht vorliegt, wenn es neben der belastenden Angabe des Zeugen noch weitere Beweismittel gibt, die dem Gericht für den Tatnachweis ausreichen. Liegt die Konstellation Aussage gegen Aussage tatsächlich vor ( was übrigens bei weitem nicht nur im Bereich des Sexualstrafrechts der Fall sein kann, insbesondere Angaben aus dem Bereich der Drogendelikte sind "anfällig") stellt der Bundesgerichtshof seit vielen Jahren ganz besonders hohe Anforderungen an die Qualität der Beweiswürdigung ( umfassend, widerspruchsfrei, kein Verstoß gegen Denkgesetze). Häufig gibt es auch Konstellationen, in denen das Gericht Sachverständige ( meist Psychologen, teilweise aber auch Psychiater) mit sogenannten Glaubhaftigkeitsgutachten beauftragt. Dabei geht es NICHT darum, dass die generelle Glaubwürdigkeit des Zeugen geprüft wird, sondern allein um die Frage, ob seine konkreten Angaben zum Tatvorwurf auf einem realen Erlebnishintergrund beruhen. Seit der Grundsatzentscheidung vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - muss ein solches Gutachten ganz bestimmten wissenschaftlichen Regeln folgen. Obwohl diese Entscheidung über 20 Jahre alt ist, muss im Hauptverhandlungsalltag immer wieder festgestellt werden, dass  Sachverständige diese Regeln nicht einhalten, auffallend auch,  dass viele Richter diese nicht oder nur unzureichend kennen. Für einen Strafverteidiger ist es allerdings unerlässlich, dass er nicht nur die wissenschaftlichen Standards beherrscht, sondern dass er auch - zum Beispiel mit einem Antrag auf Einholung eines methodenkritischen Gutachtens - begründen kann, warum ein Gutachten den Standards nicht genügt und weshalb die Einholung eines weiteren Gutachtens notwendig ist. Ein solcher Antrag muss nämlich stets sorgfältig und umfangreich begründet werden. Abgesehen davon, dass ein Verteidiger in derartigen Verfahren die Akten besonders intensiv studiert haben sollte, weil die sogenannte Entstehungsgeschichte der Aussage extrem bedeutungsvoll ist, muss man die von den Professoren Köhnken und Steller ausgearbeiteten sogenannten Realkennzeichen beherrschen und über Spezialkenntnisse auf dem Gebiet der Aussagepsychologie verfügen. Rechtsanwalt Dr. Helkenberg ist seit mehr als 10 Jahren "Stammgast" im Arbeitskreis Psychologie im Strafverfahren,  der regelmäßig bundesweit von Richtern, Psychologen und Strafverteidigern besucht wird.  Nicht zuletzt die dort gesammelten Erfahrungen haben dazu geführt, dass Rechtsanwalt Dr. Helkenberg mehrere Revisionsverfahren beim Bundesgerichtshof erfolgreich bestritten hat, weil er die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts in Aussage gegen Aussage Konstellationen zutreffend rügte.  In einem Verfahren, in dem ich in der Tatsacheninstanz nicht tätig war, wurde der Angeklagte zu 7 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Meine erhobene Sachrüge wegen fehlerhafter Beweiswürdigung war in vollem Umfang erfolgreich. In dem oben erwähnten Fall des Jahres 1999 wurde das Verfahren nach Zurückverweisung an das Landgericht übrigens eingestellt. Auch das zeigt, wie wichtig es ist, in Fällen von Aussage gegen Aussage nur absolute Fachleute als Verteidiger zu beauftragen


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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