BAG: Die unternehmerische Entscheidung über den Wegfall von Arbeitsplätzen

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Das Bundesarbeitsgericht befasste sich in seinem Urteil vom 31.07.2014 (Az. 2 AZR 422/13) mit der praxisrelevanten Frage der „unternehmerischen Entscheidung“ bei einer betriebsbedingten Kündigung.

Was war geschehen?

Bevor der Kläger betriebsbedingt von der Beklagten gekündigt wurde, war er zunächst Geschäftsführer der Beklagten und danach als Prokurist bei ihr beschäftigt. Die Beklagte hat vor der Kündigung die von dem Kläger getätigten Aufgaben als Geschäftsführer auf einen neuen Geschäftsführer übertragen.

Gegen seine Kündigung klagte der Kläger, da er die Auffassung vertrat, dass die Übertragung der Geschäftsführeraufgaben nicht vor der Kündigung erfolgt sei. Es war dabei umstritten, ob der Kläger den übrigen Führungskräften gleicht.

Diese Klage hat der Kläger in der ersten Instanz gewonnen. Dagegen legte der Arbeitgeber Berufung ein, welcher das Landesarbeitsgericht stattgab. Eine danach eingelegte Revision des Klägers hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?

Das BAG war der Auffassung, dass im Zeitpunkt der Kündigung hinreichend wahrscheinlich sein muss, dass zumindest mit Ablauf der Kündigungsfrist der Aufgabenbereich des Klägers wegfällt. Schließlich wurde dem Kläger keine Prokura mehr erteilt und es wurde ein neuer Geschäftsführer aufgrund eines vor der Kündigung gefassten Beschlusses tätig.

Das BAG weist explizit daraufhin, dass es ausreicht, wenn erst mit Ablauf der Kündigungsfrist der Wegfall des Aufgabenbereichs gegeben ist. Der Wegfall des Aufgabenbereichs muss noch nicht vorliegen, wenn die Kündigung dem Angestellten zugeht.

Darüber hinaus muss eine objektiv gerechtfertigte Prognose des Arbeitgebers aufgestellt werden, die bei Zugang der Kündigung bereits vorliegen muss. Für diese Prognose ist es ausreichend, dass der Arbeitgeber letztendlich über Maßnahmen Entscheidungen getroffen hat, wodurch zumindest ersichtlich ist, dass zum Ablauf der Kündigungsfrist der Aufgabenbereich wegfallen wird. Für diese getroffene Entscheidung ist kein Formerfordernis erforderlich.

Praxistipp

In der Praxis ist es wichtig, dass die unternehmerische Entscheidung über den Wegfall eines Beschäftigungsbereichs vor der Kündigungserklärung endgültig getroffen sein muss. Schließlich soll eine betriebsbedingte Kündigung nicht unüberlegt sein.

Trotz des fehlenden Formerfordernisses ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer sich auf einen unwirksamen Beschluss berufen wird. Demzufolge ist es ratsam, dass die Arbeitgeber die Beschlussfassung schriftlich aufzeichnen. Dies erleichtert den Arbeitgebern später den Nachwies für die ordnungsgemäße Beschlussfassung.

Natürlich ist auch ein Zeugenbeweis diesbezüglich möglich. Dieser ist jedoch kritisch zu betrachten, da eine Erinnerung der Zeugen über den Ablauf der Beschlussfassung nach einer langen Zeit nicht garantiert werden kann.

Da die Aufgabentätigkeit mit Ablauf der Kündigungsfrist wegfällt, müssen die Arbeitgeber besonders auf die Einhaltung der Kündigungsfristen achten.

Das BAG gibt den Arbeitgebern das Recht, dass Aufgabenbereiche, die zuvor von Arbeitnehmern übernommen wurden, nun von der Führungsebene oder auch von freien Mitarbeitern ausgeübt werden können, ohne dass der Aufgabenbereich in Wirklichkeit wegfällt. Dies sieht die untergerichtliche Praxis häufig als Austauschkündigung an.

Es wird oft nicht berücksichtigt, dass dadurch ein Arbeitsbereich für einen Arbeitnehmer wegfallen kann. Wird ein Beschäftigungsbereich, der zuvor von einem Arbeitnehmer übernommen wurde, auf die Geschäftsführung oder den Vorstand übertragen, fällt die zuvor ausgeübte Beschäftigung des Arbeitnehmers weg. Dies ist bei einer Auslagerung des Aufgabenbereichs auf freie Mitarbeiter ebenfalls der Fall.

Es ist den Arbeitgebern daher dringend zu raten, dass sie schriftlich festhalten, welcher Beschäftigungsbereich des vorherigen Arbeitnehmers wie und in welcher Form auf die Führungsebene oder einen freien Mitarbeiter übergehen soll.

Gerade diese Unterschiede zwischen der Rechtsprechung des BAG und der Untergerichte zeigt, dass eine Begleitung derartiger Umstrukturierungsmaßnahmen durch einen im Wirtschaftsrecht versierten Rechtsanwalt unumgänglich ist.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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