Baulandwertzuwachssteuer von Guipúzscoa verfassungswidrig: Auswirkungen auf ganz Spanien

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Der spanische Verfassungsgerichtshof (Tribunal Constitucional) hat mit Urteil vom 16.02.2017 (veröffentlicht am 25.03.2017) einige Gesetzesbestimmungen der Foralnorm der Region Guipúzcoa (Baskenland) über die Baulandwertzuwachssteuer, die sogenannte plusvalía municipal, insoweit als verfassungswidrig aufgehoben, als damit fiktive Wertzuwächse an Grund und Boden besteuert werden, ungeachtet dessen, ob tatsächlich eine Wertsteigerung eingetreten ist. Denn Steuerpflichtigen ist der Beweis darüber, dass es tatsächlich zu keiner Wertsteigerung kam, verwehrt. Dies verstößt gegen das verfassungsrechtlich geschützte Recht, dass Steuern nur nach Maßgabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eingehoben werden dürfen.

Was bedeutet diese Entscheidung für das restliche Spanien?

Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Baskenland Autonomie in Fragen des Steuerrechts genießt. Die baskische Regelung über die Baulandwertzuwachssteuer entspricht jedoch inhaltlich in den entscheidungswesentlichen Passagen, nämlich der gesetzlichen Fiktion der Wertsteigerung, der staatlichen Regelung, die im restlichen Spanien gilt. Es ist davon auszugehen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die zahlreichen beim Tribunal Constitucional derzeit anhängigen Verfassungsbeschwerden zur plusvalía municipal des spanischen Rechts im Einklang mit dem Urteil vom 16.02.2017 entschieden werden. Der spanische Finanzminister hat auch gleich nach Bekanntwerden der Entscheidung eine Reform dieser Steuer angekündigt.

Was besteuert die Baulandwertzuwachssteuer genau und wie wird sie berechnet?

Die Baulandwertzuwachssteuer besteuert lediglich Wertzuwächse von Grund und Boden, nicht auch des darauf errichteten Gebäudes. Sie wird beim Verkauf, Erwerb von Todes wegen, Schenkung oder etwa der Einräumung eines Wohnrechts von der Gemeinde, in der das Grundstück liegt, eingehoben. Bemessungsgrundlage ist der sogenannte Katasterwert (valor catastral) im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts. Voraussetzung für die Steuerpflicht ist, dass sich die Liegenschaft zumindest ein Jahr lang im Eigentum des Vorbesitzers befand. Je nach Dauer des Vorbesitzes können die Gemeinden Steuersätze von 3 bis 3,7 % p.a. einheben, wobei diese Berechnungsmethode der Besteuerung nach maximal 20 Jahren endet. Die Gemeinden können alternativ für 4- bzw. 5-Jahresperioden feste Steuersätze festlegen, wobei diese 30 % nicht übersteigen dürfen.

Wie kam es zur Verfassungswidrigkeit der Baulandwertzuwachssteuer?

Vor der Immobilienkrise herrschte in Spanien der unerschütterlich scheinende Glaube vor, der Wert von Immobilien könne sich im Laufe der Zeit nur erhöhen. Dieser Gedanke liegt auch der Baulandwertzuwachssteuer zugrunde. Die Immobilienkrise hat jedoch gezeigt, dass sich auch (zum Teil dramatische) Wertverluste beim Verkauf von Immobilien ergeben können. Im Fall, der zum Urteil vom 16.02.2017 führte, verkaufte der Grundeigentümer 2014 eine Liegenschaft um EUR 600.000,00, die er 2003 für EUR 3.101.222,45 erworben hatte. Ungeachtet des außergewöhnlich hohen Veräußerungsverlustes von mehr als 75 % des ursprünglichen Wertes der Liegenschaft verlangte die Gemeinde eine Baulandwertsteigerungssteuer von EUR 17.899,44.

Wer ist steuerpflichtig?

Steuerpflichtig ist bei der entgeltlichen Übertragung der Erwerber der Liegenschaft oder der Begünstigte. Bei der unentgeltlichen Übertragung ist derjenige steuerpflichtig, der das Eigentum oder das Nutzungsrecht überträgt, also der Geschenkgeber. Hat diese Person jedoch keinen Wohnsitz in Spanien, so ist subsidiär auch der Erwerber der Liegenschaft oder der Begünstigte steuerpflichtig.

Was können Steuerpflichtige nun tun?

Steuerpflichtige sollten jedenfalls dann keine plusvalía bezahlen, wenn sie die Liegenschaft nachweislich mit Verlust verkaufen. Dies gilt auch für Fälle von Immobilienverkäufen mit einem so geringen Veräußerungsgewinn, dass dieser gänzlich von der Steuer „aufgefressen“ werden würde. Wurde die Steuer bereits bezahlt, so hängt es von Umständen des Einzelfalls ab, ob deren Rückzahlung erfolgreich geltend gemacht werden kann. 

In allen anderen Fällen der Steuerpflicht, insbesondere bei der Übertragung der Liegenschaft im Zuge einer Erbschaft, kann sich der Steuerpflichtige zwar nicht ohne weiteres auf das Urteil des spanischen Verfassungsgerichtshofs vom 16.02.2017 berufen. Er sollte sich dennoch darüber informieren, ob die Gemeinde im konkreten Fall auf der Einhebung der Steuer besteht bzw. ob ein Rekurs gegen den Steuerbescheid der Gemeinde erfolgversprechend ist.


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