Bauliche Vorhaben im Bereich einer Milieuschutzsatzung

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Eine sog. Milieuschutzsatzung ist eine Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Baugesetzbuch (BauGB). Eine solche Satzung kann durch eine Stadt oder Gemeinde erlassen werden, um die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten. Damit soll die Milieuschutzsatzung die angestammte Wohnbevölkerung vor Verdrängung schützen.

Eigentümer, deren Gebäude im Gebiet einer solchen Milieuschutzsatzung liegt, haben neben den bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften also zusätzlich die Bestimmungen der Milieuschutzsatzung zu beachten.

 

Erfordernis einer erhaltungsrechtlichen Genehmigung

Liegt ein Gebäude im Geltungsbereich einer solchen Satzung, kann ein bauliches Vorhaben an diesem Gebäude also eine sog. erhaltungsrechtliche Genehmigung erfordern. Dies kommt auch dann in Betracht, wenn das bauliche Vorhaben im Übrigen baugenehmigungsfrei ist. Einer erhaltungsrechtlichen Genehmigung bedürfen Rückbaumaßnahmen sowie Änderungen und Nutzungsänderungen baulicher Anlagen, also etwa dann, wenn ehemaliger Wohnraum zu Gewerbezwecken umgenutzt werden soll. Von einer genehmigungsbedürftigen Änderung einer baulichen Anlage ist auszugehen, wenn in die Substanz der baulichen Anlage eingegriffen wird, z.B. Umbau durch Grundrissänderungen oder Änderungen am Gebäudeäußeren.

Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg fehlt es im Falle der Modernisierung einer leerstehenden Wohnung, bei der eine Generalrenovierung der elektrischen Anlagen, der Erneuerung von Bad, Küche und WC sowie die Erneuerung des Plattenbelags geplant ist, an einem die Genehmigungspflicht auslösenden Eingriff in eine bauliche Anlage (Urteil vom 01.10.1993 – 8 S 901/93). Im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung bedürfen der Abbruch, die Änderung und die Nutzungsänderung einer baulichen Anlage der Genehmigung. Die Änderung einer baulichen Anlage liegt nur vor, wenn in die Bausubstanz in ihrer bisherigen Form und Nutzungsart eingegriffen wird. Erfasst wird nur eine Änderung von städtebaulicher Bedeutung. Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen erfüllen diesen Begriff nur dann, wenn sie eine Änderung der Anlage darstellen, so der Verwaltungsgerichtshof.

 

Anspruch auf erhaltungsrechtliche Genehmigung

Gemäß § 172 Abs. 4 Satz 1 BauGB kann die Genehmigung versagt werden, wenn durch die Maßnahme eine dem Zweck des Erhaltungsgebiets zuwiderlaufende Verdrängung der Wohnbevölkerung droht. Der Abriss eines funktionierenden Wohnhauses oder die Umnutzung von Wohn- in Gewerberaum werden also in der Regel nicht genehmigt werden. Auch bei umfassenden Modernisierungsmaßnahmen besteht die Gefahr, dass die daraufhin zu erwartenden Mietsteigerungen aufgrund des erhöhten Mietwerts zu einer Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung führen. Da die Milieuschutzsatzung den Zweck verfolgt, solchen Entwicklungen entgegenzuwirken, werden bestimmte Maßnahmen, die über einen gewissen Standard hinausgehen, meist grundsätzlich nicht genehmigt.

Dient die Änderung einer baulichen Anlage der Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen, besteht gemäß § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB ein Rechtsanspruch auf die erhaltungsrechtliche Genehmigung.

Die Frage nach dem „zeitgemäßen Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung“ hat sich hierbei nicht etwa an dem vorhandenen Ausstattungszustand im Geltungsbereich der Milieuschutzsatzung zu orientieren. Vielmehr entschied das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 17.12.2004 (4 B 85/04), dass hier ein bundeseinheitlicher Maßstab zu gelten habe. Mit „bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen“ sind die aktuellen landesrechtlichen Vorschriften gemeint, wie sie für die Errichtung von Neubauten gelten.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass klassische Modernisierungen, wie z.B. der Einbau einer Zentralheizung, der Einbau von Isolierglasfenstern, die Verstärkung der Steigleitungen, der Ersteinbau von Bädern und Innentoiletten, die Erneuerung der Böden und vergleichbare Maßnahmen grundsätzlich ohne Wenn und Aber zu genehmigen sind.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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