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Betriebliche Übung - was Sie wissen und beachten müssen!

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Betriebliche Übung - was Sie wissen und beachten müssen!

Die wichtigsten Fakten

  • Die betriebliche Übung entsteht durch ein wiederholtes gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers.
  • Dieses Verhalten umfasst das Gewähren bestimmter Leistungen oder sonstiger Vorteile an die Arbeitnehmer, das bei den Arbeitnehmern das schützenswerte Vertrauen entstehen lässt, dass ihnen diese Leistungen auch zukünftig zustünden.
  • Die betriebliche Übung begründet einen Rechtsanspruch.
  • Auch neu eingestellte Mitarbeiter besitzen grundsätzlich sofort einen Anspruch auf die im Unternehmen praktizierten betrieblichen Übungen.
  • Die betriebliche Übung kann vom Arbeitgeber nur durch Änderungskündigungen oder einvernehmlich mit den betroffenen Arbeitnehmern aufgehoben werden.

Was versteht man unter der betrieblichen Übung?

Die betriebliche Übung stellt ein Gewohnheitsrecht im Arbeitskontext dar. Man spricht auch von der Betriebsübung.

Die Entstehung der Betriebsübung legt fest, dass ein Arbeitnehmer aufgrund der regelmäßigen Wiederholung gewisser Verhaltensweisen des Arbeitgebers in gleichförmiger Weise zu Recht davon ausgehen darf, dass sich dieser auch zukünftig bzw. dauerhaft so verhalten wird. Hierbei geht es z. B. um die Gewährung von Vergünstigungen und anderen Leistungen.

Die betriebliche Übung macht freiwillige Leistungen des Arbeitgebers zu verpflichtenden. Es entsteht also ein diesbezüglicher Rechtsanspruch.

In welchen Fällen greift die betriebliche Übung?

Auf die betriebliche Übung kann sich ein Arbeitnehmer in allen Angelegenheiten berufen, die im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag bzw. in der Betriebsvereinbarung festgelegt werden könnten, dort jedoch nicht geregelt sind. Einige Beispiele sind:

  • Zahlung von Gratifikationen wie Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld
  • Gewährung von Prämien, beispielsweise bei 10-jähriger Betriebszugehörigkeit
  • Zahlung von Essensgeld und Fahrtkostenzuschüssen
  • Übernahme von Weiterbildungskosten
  • Urlaubsregelung, z. B. die Vorgehensweise, wie die Verteilung des Urlaubs erfolgt
  • Regelung von Krankmeldungen, z. B. wann eine schriftliche Krankmeldung vorliegen muss
  • Pausenregelung, z. B. Länge und Dauer der Pausen
  • Nutzung eines Firmenparkplatzes
  • private Telefon- oder Internetnutzung während der Arbeitszeit
  • Freistellung an gewissen Tagen wie Heiligabend oder Silvester

Welche Voraussetzungen bestehen für die Anwendung der betrieblichen Übung?

Folgende Voraussetzungen müssen für das Einsetzen der betrieblichen Übung vorliegen:

  • Die Rechtsprechung des BAG nimmt an, dass eine Leistung über nicht weniger als drei Jahre erbracht werden muss, sodass die betriebliche Übung Anwendung findet. Ab dem vierten Jahr besteht dann ein Rechtsanspruch darauf.
  • Für die jeweils zugestandenen Leistungen muss die gleiche Berechnungsgrundlage verwendet worden sein. Das bedeutet, wenn ein Arbeitgeber z. B. in einem Jahr Weihnachtsgeld zahlt, im nächsten Jahr stattdessen Urlaubsgeld und im dritten Jahr eine Sonderzulage, liegt keine betriebliche Übung vor.
  • Des Weiteren existiert kein rechtlicher Anspruch auf Basis der betrieblichen Übung, wenn die jeweilige Leistung lediglich einem einzelnen Arbeitnehmer zugestanden wurde. Sie muss dem Großteil oder mindestens einem abgrenzbaren Teil der Beschäftigten gewährt worden sein, beispielsweise einer kompletten Abteilung.
  • Es darf keinen anderslautenden Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag geben. Wenn eine abweichende vertragliche Vereinbarung vorhanden ist, geht diese Ansprüchen aus der betrieblichen Übung vor.

Findet die betriebliche Übung auch bei neuen Mitarbeitern Anwendung?

Neu in ein Unternehmen eintretende Arbeitnehmer haben gemäß der Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 133, 157 BGB) ebenfalls generell einen Anspruch auf die Vergünstigungen der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden betrieblichen Übungen. Eine ausdrückliche Vereinbarung ist hierzu nicht notwendig. Wenn man eben erst eine neue Stelle angetreten hat, muss man nicht drei Jahre lang warten, um die Vorteile einer betrieblichen Übung verlangen zu können.

Jedoch kann der Arbeitgeber solche Ansprüche im Arbeitsvertrag ausschließen. Dies ist aber nur zulässig, wenn der Ausschluss sachlich gerechtfertigt ist. Ohne Angabe von Gründen ist das nicht möglich.

Kann die betriebliche Übung durch den Arbeitgeber einfach beendet werden?

Ein durch betriebliche Übung begründeter Anspruch kann nicht durch einseitigen Widerruf oder das Weisungsrecht des Arbeitgebers (Direktionsrecht) aus der Welt geschafft werden. Wenn der Arbeitgeber sich nicht ausdrücklich von vornherein die Freiwilligkeit der entsprechenden Leistungen oder ein Widerrufsrecht vorbehalten hat, kann er die betriebliche Übung nur durch die Aussprache von Änderungskündigungen oder im gegenseitigen Einvernehmen mit den betroffenen Arbeitnehmern durch Änderungsvertrag beenden.

Foto(s): © Pexels/Andrea Piacquadio

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