Blitzscheidung - Härtefallscheidung ohne Trennungsjahr

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Liegt die Ehe in ihren letzten Zügen und ist aus Sicht der Ehegatten ein für alle Mal gescheitert, wird oft der Wunsch nach einer schnellen Scheidung laut. Allerdings kann das Scheidungsverfahren bis zum endgültigen Beschluss des Familiengerichts einige Zeit beanspruchen. Insbesondere das Trennungsjahr bereitet den zerstrittenen Ehegatten häufig Sorge. Dennoch ist es oftmals Grundvoraussetzung für die Scheidung, dass zwischen den Ehegatten für mindestens ein Jahr keine häusliche Gemeinschaft mehr bestanden hat.

In diesem Rechtstipp gehen wir auf die besondere Situation der Scheidung aufgrund unbilliger Härte ein. Sie schränkt die Auflösung der Ehe auf Grundlage der Zerrüttungsprüfung ein und spielt in besonderen Ausnahmesituationen eine wichtige Rolle.

1. Grundsatz: Keine Scheidung ohne Trennungsjahr

Grundsätzlich kommt die Scheidung erst dann in Betracht, wenn die Ehe gescheitert ist. So verlangt es § 1565 BGB. Dieser Grundgedanke, der das deutsche Scheidungsrecht beherrscht, wird als Zerrüttungsprinzip bezeichnet. Erst wenn das Bündnis der Ehe objektiv zerstört ist, kann ein Familiengericht die Ehe scheiden. Dabei ist es ohne Belang, was zur Zerrüttung geführt hat.

Das Verschuldensprinzip, wonach erst eine schwere Pflichtverletzung die Scheidung rechtfertigt, gilt schon seit 1977 nicht mehr. Schließlich hatte dieses Prinzip den gravierenden Nachteil, dass die Ehegatten dazu gezwungen waren, vor Gericht Details aus ihrem Intimleben zu offenbaren. Oftmals konnte nur auf diesem Wege eine Schuldzuweisung erfolgen. Im Gegensatz hierzu ist das Scheidungsverfahren heutzutage versachlicht.

Das Zerrüttungsprinzip stellt das Scheitern der Ehe in den Fokus. Gescheitert ist die Ehe dann, wenn die gemeinsame Lebensgemeinschaft der Ehegatten keinen Bestand mehr hat und nicht zu erwarten ist, dass die Ehegatten diese wiederherstellen. Ob die eheliche Lebensgemeinschaft gescheitert ist, kann praktisch nur schwer festgestellt werden.

Erschwert wird dies oftmals dadurch, dass die beiden Ehegatten unterschiedliche Auffassungen über den Fortbestand der Ehe haben. Diese Schwierigkeiten werden durch die sogenannte Zerrüttungsvermutung überbrückt. Das Scheitern der Ehe wird nämlich dann unwiderlegbar vermutet, wenn die Ehegatten seit mehr als einem Jahr getrennt leben. Hinzutritt, dass beide Seiten die Scheidung beantragen bzw. der Antragsgegner der Auflösung der Ehe vorbehaltlos zustimmt.

Diese Zerrüttungsvermutung geht Hand in Hand mit dem Erfordernis des Trennungsjahres. Es ist also eine zentrale Voraussetzung der Scheidung, dass die Ehepartner für den Zeitraum von einem Jahr Tisch und Bett trennen. Leben die Ehepartner noch nicht getrennt, kann die Ehe nur geschieden werden, wenn deren Fortführung eine unbillige Härte bedeutet.

2. Ausnahme: Blitzscheidung in Härtefällen

Keine Regel ohne Ausnahme! Das Familiengericht muss sich dann nicht mit der Zerrüttungsprüfung auseinandersetzen, wenn ein Härtefall gegeben ist, der das Trennungsjahr ausnahmsweise entbehrlich macht. Eine vorzeitige Scheidung soll also nur in absoluten Härtefällen möglich sein.

Die Voraussetzung der unzumutbaren Härte muss sich sodann auf die Fortführung der Ehe als solche beziehen. Wenn sich eine Seite außer Stande sieht, weiterhin mit dem Partner zusammenzuleben, muss zur Scheidung das Trennungsjahr abgewartet werden. Das bloße Zusammenleben darf also nicht der Grund für die unbillige Härte darstellen. Nur wenn das Abwarten des Trennungsjahres eine absolute Unzumutbarkeit darstellt, kommt eine Blitzscheidung in Frage. Die Familiengerichte gehen mit der Frage nach der unbilligen Härte streng um und betonen stets den Ausnahmecharakter einer Härtefallscheidung.

3. Beispiel: Härtefallscheidung OLG Köln 

Auch das OLG Köln musste sich bereits des Öfteren mit der Scheidung in Härtefällen auseinandersetzen. So stellte es in einem Beschluss mustergültig fest, dass „vor dem Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung nur verlangt werden kann, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus solchen Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen müssen, eine unzumutbare Härte bedeuten würde.“ Damit betont das Gericht erneut den strengen Maßstab, an dem die Feststellung der unbilligen Härte zu messen ist.

In dem zu entscheidenden Fall stand das ehebrecherische Verhalten der Ehefrau im Fokus. Sie ist ein neues Beziehungsverhältnis eingegangen und hat dieses in der vormaligen Ehewohnung unterhalten. Zwar räumte sie ein, ihr Verhalten sei alleine dem Verhalten des Ehemannes zuzuschreiben, der sie regelrecht zum Ehebruch ermutigte. Allerdings blieben diese Einwände im Gerichtsbeschluss über den Härtefall der Scheidung weitestgehend unberücksichtigt.

Grundsätzlich stellt die Verletzung der ehelichen Treuepflicht nur in Verbindung mit bestimmten Begleitumständen ein Härtegrund dar. Ausschlaggebend war hier allerdings der Umstand, dass sich das neue Verhältnis der Ehefrau in der Ehewohnung abgespielt hat. So wurde im Ergebnis dem Antrag auf Scheidung auch ohne vorheriges Trennungsjahr stattgegeben.

Vergleichbar haben die Gerichte etwa in Fällen entschieden, in denen die Ehe von schweren körperlichen Misshandlungen geprägt war.

4. Zusammenfassung – Ihre Kanzlei für Familienrecht in Köln 

Auch wenn die Ehegatten es sich wünschen, oftmals führt an dem Trennungsjahr kein Weg vorbei. Die Scheidung aufgrund unbilliger Härte stellt eine Ausnahme dar, der die Familiengerichte nur selten stattgeben. Allerdings gibt es auch Situationen, die eine Blitzscheidung rechtfertigen.

Pauschale Angaben sind in diesem Zusammenhang nicht möglich. Wenn Sie sich von Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin scheiden lassen wollen, sollten Sie frühzeitig einen Anwalt im Familienrecht aufsuchen. So können die Erfolgsaussichten einer Blitzscheidung diskutiert werden. Selbst wenn eine Scheidung ohne Trennungsjahr nicht in Betracht kommt, können Sie mit Hilfe Ihres Anwalts frühzeitig die richtigen Schritte in die Wege leiten.

Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


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