Bundesgerichtshof beugt sich Vorgaben des EuGH: Widerrufsjoker sticht bei Millionen von Autokrediten

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Der Bundesgerichtshof hat zwei hoch brisante Urteile verkündet und den Verbrauchern Recht gegeben. In diesen Fällen konnten die Autofahrer ihre Finanzierungen widerrufen und ihre Zahlungen von der Bank zurückverlangen. Das Urteil hat enorme Signalwirkung für zahlreiche andere Darlehensverträge von vielen verschiedenen Autobanken.

Nach EuGH-Urteil vom März 2020: BGH ändert seine Rechtsprechung zugunsten der Verbraucher

Am 27. Oktober 2020 hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) zwei Urteile (XI ZR 489/19 und XI ZR 525/19) in Verfahren gegen die die Land Rover Bank und die Jaguar Bank verkündet. Beide sind Zweigniederlassungen der FCA Bank Deutschland GmbH. Dabei hat der BGH das Urteil des EuGH vom 26.03.2020 (C-66/19) angewendet, weil die Bank den sogenannten Kaskadenverweis in dem Vertrag verwendet hat. Die FCA Bank Deutschland GmbH hat Vertragsformulare verwendet, die von der Muster-Widerrufsbelehrung abweichen, dass ihnen der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes keinen „Bestandsschutz“ zubilligen kann.

Die FCA Bank stellt die Finanzierungen für folgende Marken zur Verfügung:

  • Alfa Romeo
  • Fiat
  • Fiat Professional
  • Jeep
  • Abarth
  • Ferrari

Die Zweigniederlassungen Maserati Bank, Jaguar Bank und Land Rover Bank werden von der FCA Bank organisatorisch verwaltet.

Das Brisante an dem Fall: Der vom BGH bemängelte Fehler findet sich in einer Vielzahl von Auto-Finanzierungen, nicht nur bei der FCA Bank (Fiat Chrysler), sondern beispielsweise auch bei der Santander Bank, Opel Bank, VW Bank, Audi Bank, Seat Bank, Bank Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (BDK), Commerzbank, Auto Europa, Targo Bank und Bank 11. Das BGH-Urteil dürfte demnach massive Auswirkungen auf viele KFZ-Finanzierungen haben.

Ausgangspunkt der aktuellen BGH-Entscheidung ist zunächst, dass nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 26.03.2020, C-66/19) Klauseln wie die folgende in Kreditverträgen europarechtswidrig sind:

„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“

Dann kommt es auf Details an. Sobald Banken an den gesetzlichen Mustern Änderungen vornehmen, schlägt der Widerruf durch. Beispielsweise hat in den aktuell vom BGH entschiedenen Fällen die Land Rover Bank und die Jaguar Bank bzw. FCA Bank in den Vertrag hineingeschrieben, dass der Widerruf des Kredits gleichzeitig zu einem Widerruf der Restschuldversicherung führt. Das Problem für die Banken: Diese Formulierung wird auch dann verwendet, wenn der Kunde gar keine Restschuldversicherung abgeschlossen hat. Damit sei der Verbraucher fehlerhaft belehrt worden, urteilt nun der BGH. Deshalb beginne die Widerrufsfrist für das Darlehen nicht zu laufen. Der Widerruf kann also auch Jahre nach Abschluss der Finanzierung ausgeübt werden.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes müssen Verbraucher sich einen Wertersatz für Wertverluste am Fahrzeug anrechnen lassen. Um zu klären, wie sich dieser Wertersatz konkret berechnet, hat der BGH beide Verfahren an die Vorinstanz zurück verwiesen. 

In seinem aktuellen Urteil weicht der BGH nun ausdrücklich von seiner bisherigen Rechtsprechung ab, dass ein Kaskadenverweis klar und verständlich sei und ändert seine Rechtsprechung entsprechend der verbraucherfreundlichen des Europäischen Gerichtshofes zugunsten der Verbraucher.

Schnell und einfach zum erfolgreichen Widerruf: So gehen Sie vor

Prüfen Sie zunächst, ob Sie Ihren Kredit- oder Leasingvertrag nach dem 10. Juni 2010 abgeschlossen haben. Falls ja, haben Sie die Möglichkeit, die darin enthaltenen Widerrufsbelehrungen auf mögliche Fehler kostenfrei durch unsere Kanzlei überprüfen zu lassen. Sie erhalten innerhalb weniger Tage unser schriftliches Prüfungsergebnis.

Foto(s): pixabay

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