Bundesverwaltungsgericht – wegen fehlender Ausfallerscheinungen MPU schon ab 1,1 Promille

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Sie wird von vielen Autofahrern gefürchtet – die MPU. Angeordnet wird eine MPU immer dann, wenn Zweifel daran bestehen, dass der/die Betroffene ein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr führen kann. Nach der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) besteht Grund für solche Zweifel unter anderem dann, wenn ein/e Autofahrer/in mit mehr als 1,6 Promille Alkohol im Blut ein Fahrzeug führt. Ein medizinisch-psychologisches Gutachten kann zudem angeordnet werden, wenn Betroffene mehrfach mit einer geringeren Blutalkoholkonzentration (BAK) „erwischt“ wurden. 

Nun hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass bereits nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,1 Promille eine MPU angeordnet werden kann. Dies sei dann möglich, wenn der Betroffene keinerlei alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeige. 

Der konkrete Sachverhalt 

Dem betroffenen Autofahrer wurde aufgrund einer Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,3 Promille die Fahrerlaubnis entzogen. Außerdem forderte die Fahrerlaubnisbehörde für eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Beibringung eines positiven MPU-Gutachtens. Dies wurde damit begründet, dass der Betroffene sowohl bei der polizeilichen Kontrolle als auch bei der ärztlichen Untersuchung keinerlei alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigte. Dieser Umstand weise nach Ansicht der Fahrerlaubnisbehörde auf Alkoholmissbrauch hin. Deshalb müsse durch eine MPU geklärt werden, ob der Betroffene ein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr führen könne und zudem sichergestellt werden, dass er nicht unter Alkoholeinfluss fahren werde. 

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Diese Ansicht teilte das BVerwG. Begründend führte das Gericht aus, dass eine MPU nach der FeV auch dann anzuordnen ist, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme von Alkoholmissbrauch beim Betroffenen begründen. In dem Umstand, dass der Betroffene trotz der relativ hohen BAK keinerlei Ausfallerscheinungen gezeigt hatte, liege eine solche Tatsache. Dies spreche unzweifelhaft für eine Alkoholgewöhnung und damit auch für Alkoholmissbrauch

Dem stehe auch nicht entgegen, dass eine MPU nach der FeV ausdrücklich nach einer Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,6 Promille anzuordnen ist. Vielmehr sei notwendig, bei Personen mit einer Alkoholgewöhnung auch dann eine MPU anordnen zu können, wenn der/die Betroffene bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer BAK unter 1,6 Promille „erwischt“ wird. Denn in solchen Fällen bestehe eine erhöhte Gefahr, dass der/die Betroffene erneut unter Alkoholeinfluss Auto fahren wird. Die Alkoholgewöhnung führe nämlich dazu, dass Betroffene aufgrund des Alkoholkonsums nicht mehr realistisch einschätzen können, dass sie ein Fahrzeug nicht mehr sicher führen können.  

Von einer Alkoholgewöhnung kann nach Angabe des BVerwG ab einer BAK von 1,1 Promille ausgegangen werden, sofern der/die Betroffene keinerlei Ausfallerscheinungen zeigt.  

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.03.2021, Az.: 3 C 3.20

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