Condor – Gerücht II: Man kann nur eine Abfindung i. H .v. 2,5 Entgelten erhalten

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Das ist falsch!

Die Norm, auf der das Gerücht basiert, ist § 123 InsO. Dieser sieht vor, dass in einem Sozialplan ein Gesamtbetrag von bis zu zweieinhalb Monatsverdiensten der von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer vorgesehen werden kann.

Dies hat aber keine Auswirkung auf ein Kündigungsschutzklageverfahren!

Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage kann frei über die Höhe einer Abfindung verhandelt werden. Der Deckel, der sich aus § 123 InsO ergibt, gilt ausschließlich für die Ausstattung eines Sozialplans, nicht für Zahlungen, die im Rahmen einer Kündigungsschutzklage zugesagt werden.

Beispiel:

Ein Unternehmen beschäftigt 100 Mitarbeiter, von denen 20 entlassen werden sollen. Die Bruttomonatsentgelte dieser 20 Arbeitnehmer werden nun addiert und mit 2,5 multipliziert. Hierbei handelt es sich um den Sozialplantopf, der dann unter den betroffenen Arbeitnehmern, meist nach einem Schlüssel, individuell verteilt wird.

Also:

Die Regelung des § 123 InsO gilt einzig und allein für die wirtschaftliche Ausstattung eines Sozialplans und dient damit dem Schutz der anderen Gläubiger. Vermieden werden soll, dass allein für einen Sozialplan die gesamte Masse aufgebraucht wird. Daher sieht § 123 InsO in den Absätzen 2 und 3 auch weitere Einschränkungen vor, wie Sozialplanabfindungen bedient werden, insbesondere nur dann, wenn zum Fälligkeitszeitpunkt auch genügt Geld da ist. Hieraus resultiert auch, dass manches Mal Abfindungen, die in einem Sozialplan geregelt werden, gar nicht, sehr spät oder nur anteilig bezahlt werden.

Allein, dass in einem Sozialplan eine Abfindung geregelt ist bedeutet nämlich nicht, dass der Arbeitnehmer dieses Geld auch bei Ausscheiden aus dem Unternehmen erhält.

Oft ist genau das Gegenteil der Fall...

Deswegen könnte es auch Sinn machen, eine Kündigungsschutzklage zu erheben: Ziel könnte es nämlich sein, im Rahmen von Vergleichsverhandlungen die Arbeitgeberseite zu dem Zugeständnis zu zwingen, die Abfindung, zumindest die aus dem Sozialplan, besser noch eine höhere, sofort zu zahlen und hierdurch das lange Warten auf eine wie auch immer geartete Zahlung zu vermeiden.

Für Interessierte hier der Text des § 123 InsO (Unterstreichungen sind von mir!):

㤠123 Umfang des Sozialplans

(1) In einem Sozialplan, der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellt wird, kann für den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen, ein Gesamtbetrag von bis zu zweieinhalb Monatsverdiensten (§ 10 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes) der von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer vorgesehen werden.

(2) Die Verbindlichkeiten aus einem solchen Sozialplan sind Masseverbindlichkeiten. Jedoch darf, wenn nicht ein Insolvenzplan zustande kommt, für die Berichtigung von Sozialplanforderungen nicht mehr als ein Drittel der Masse verwendet werden, die ohne einen Sozialplan für die Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde. Übersteigt der Gesamtbetrag aller Sozialplanforderungen diese Grenze, so sind die einzelnen Forderungen anteilig zu kürzen.

(3) Sooft hinreichende Barmittel in der Masse vorhanden sind, soll der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Insolvenzgerichts Abschlagszahlungen auf die Sozialplanforderungen leisten. Eine Zwangsvollstreckung in die Masse wegen einer Sozialplanforderung ist unzulässig.“


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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