Corona – kein Einfluss auf laufende Verfahren

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Nach dem scheinbaren Dornröschenschlaf der französischen Justiz von März bis Mai 2020 hatte zunächst die sogenannte 3. Phase, seit dem Wegfall der totalen Ausgangssperre am 11.5.20, in Frankreich begonnen. Die Justiz hat seit Ende Juni 2020, zumindest in Strafsachen, ihre reguläre Arbeit wieder aufgenommen.  Die Terminierung von anstehenden Verhandlungen ohne Haft verläuft, wie vor der Krise, schleppend.

Die Phase 3 war der Ausdruck des erklärten, offiziellen Willens der Überwindung  des totalen Stillstands, seither wird kollektiv ausschließlich in die Zukunft geblickt. Es wird nicht mehr von Phasen gesprochen und die Wiederherstellung des öffentlichen Lebens ohne Eingriffe findet derzeit stufenweise statt. Seit dem 16. Mai 2022 ist die Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden aufgehoben, der Zugang zu Gerichten ist damit auch betroffen. Masken können freiwillig immer noch getragen werden. Es kann selbstverständlich immer noch zu punktuellen Terminsaufhebungen kommen, die nicht bedeuten, dass dem Vertagungstermin automatisch ferngeblieben werden darf. 

Jedes noch nicht verhandelte Strafverfahren wird früher oder später stattfinden. Die Gerichte haben weitgehend mit dem 11. Mai 2020, spätestens seit Ende Juni 2020, ihren normalen Geschäftsbetrieb aufgenommen und arbeiten der verlorenen Zeit seither entschieden entgegen. Es gibt allerdings auch Termine, die seit dem ersten Lockdown noch nicht neu terminiert wurden, worauf kein Einfluss genommen werden kann.

Insofern besteht grundsätzlich für kein aufgeschobenes Verfahren ein Zweifel über seinen Fortgang. Sämtliche Fristverschiebungen und Erleichterungen für generell umständliche Antragstellungen in Strafsachen sind ab dem 20. August 2020 außer Kraft. 

Vor allem ist festzuhalten, dass bereits vor der Pandemie regulär terminierte Verfahren stattfinden und man auf keinen Fall mit einem selbstständigen Zeitgewinn rechnen darf.

Für aus Deutschland anreisende Angeklagte ist zu bemerken, dass punktuelle Verhinderungen zu einem Termin zu erscheinen nicht automatisch berücksichtigt werden.  Es lässt sich aus Corona-Umständen grundsätzlich keine Sonderbehandlung ableiten. Anwaltliche Vertretung wird zur Bewältigung nicht abwendbarer Abwesenheit dringend empfohlen.

Die Verfahren wegen vorzeitiger Haftentlassung finden jetzt, seit Herbst 2021, wieder unter vollkommen normalen Umständen statt. Das bedeutet, dass selbst eine Haft, die im Herbst 2020 bzw. im Frühjahr 2021 begonnen hat, nicht mehr unter Anrechnung der zusätzlichen Corona-Haftnachlässe verkürzt wird. Diese Verkürzung gibt es nur, wenn man in der ersten Welle, das heißt im Frühjahr 2020, bereits in Haft war. Reguläre Haftverkürzungen werden in automatischer Prüfung, wie vor der Pandemie, durch die entsprechenden Kommissionen bei Gericht zugesprochen.

Derzeit ist das grundsätzlich ausgeprägte repressive System wieder zu sich gekommen und die Haftanstalten füllen sich. Die Haftbedingungen sind nicht besser geworden. Hygienekonzepte fallen in Vergessenheit. Es gilt deswegen mehr denn je bei schwebenden Verfahren und drohenden europäischen Haftbefehlen aus Frankreich frühzeitig und vorbeugend anwaltliche Beratung mit einem im französischen System versierten Anwalt zu suchen, um zu befürchtende U-Haft durch aktive professionelle Einflussnahme beim zuständigen Richter vor Ort möglichst abzuwenden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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