Corona-Subventionsbetrug – neben Strafbarkeit droht auch die Kontenpfändung

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I.    Einleitung
 

Die Bundesländer haben mit ihren Corona-Soforthilfeprogrammen für Klein- und Kleinstunternehmer ein Instrument zur schnellen und kurzfristigen Überbrückung von pandemiebedingten Finanzengpässen geschaffen. 

Die Soforthilfen konnten in der Regel durch die Antragsteller selbst über ein Online-Formular beantragt werden. Dabei mussten neben einigen Formalien wie der Vorlage des Personalausweises, Angabe der Kontoverbindung, etc. weitere Angaben gemacht werden.  

Diese umfassten beispielsweise: 

  • Angaben zum Vorliegen einer existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. eines Liquiditätsengpasses 

  • Angaben zur Höhe der benötigten Soforthilfe 

  • Angaben zur Darlegung, dass die finanziellen Schwierigkeiten gerade aufgrund der Pandemiesituation eingetreten sind und nicht schon vorher bestanden 

Hierin liegt auch der größte Fallstrick für Unternehmer. Die Fragestellungen lassen einigen Einschätzungsspielraum zu. Gleichzeitig können eine Fehleinschätzung oder fehlerhafte Angaben von Seiten der Antragsteller schnell den Verdacht des Subventionsbetruges begründen. 

Bereits Ende Mai 2020 begannen die Behörden mit der Verfolgung von Antragstellern wegen – vermeintlich – betrügerischem Vorgehen bei der Antragstellung. 

Sollte auch gegen Sie ein Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetruges eingeleitet worden sein, sollten Sie rasch handeln und sich so früh wie möglich von einem Fachanwalt für Strafrecht verteidigen lassen. Denn hierbei handelt es sich um einen schwerwiegenden Vorwurf. Je nach Schwere der Tat und Höhe der Subvention, drohen bis zu 10 Jahre Haft. 

Daneben tritt jedoch noch eine weitere Folge, die gerade für aktuell ohnehin schon gebeutelte Kleinunternehmer ein erhebliches Übel darstellt. Die durch den – vermeintlichen – Subventionsbetrug erlangten Zahlungen unterliegen als Taterträge der Einziehung nach den §§ 73 ff. des Strafgesetzbuchs (StGB). 

Während die Einziehung in der Regel nur nach einer rechtskräftigen Verurteilung möglich ist, wird der Subventionsbetrag meist jedoch schon während des Ermittlungsverfahrens im Wege der Pfändung beschlagnahmt (§ 111b Abs. 1 i. V. m. § 111c Abs. 2 StPO). Umgangssprachlich spricht man auch davon, dass „die Konten eingefroren werden“. Das Fatale: Eine Pfändung ist bereits dann möglich, wenn lediglich ein begründeter Tatverdacht  besteht. Die wirtschaftlichen Schäden einer solchen „Einfrierung“ der Konten sind dann jedoch leider meist schon eingetreten, dienten die Soforthilfen doch gerade zur Überwindung einer ohnehin schon bestehenden wirtschaftlichen Notlage. 

II.    Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Strafbarkeit nach § 264 StGB 

Der Subventionsbetrug ist in § 264 StGB geregelt.

1.    Sachlicher Anwendungsbereich

Sachliche Voraussetzung der Strafbarkeit nach § 264 StGB ist, dass 

  • eine Leistung nach Bundes- oder Landesrecht aus öffentlichen Mitteln, 

  • ohne (vollständige) marktmäßige Gegenleistung, 

  • zur Wirtschaftsförderung, 

  • an Betriebe oder Unternehmen 

erbracht wurde. 

Das trifft auf die Corona-Soforthilfen zu. Denn die Soforthilfeprogramme sind Billigkeitsleistungen i. S. d. jeweiligen Landeshaushaltsordnungen, die auf Grundlage der jeweiligen Richtlinien der Länder gewährt werden. Die Soforthilfen waren auch nicht an eine Gegenleistung geknüpft. Schließlich dienten die Soforthilfen erklärtermaßen auch gerade der Wirtschaftsförderung und wurden nur an Unternehmen und Betriebe ausbezahlt. 

Die Corona-Soforthilfen stellen folglich eine Subvention i. S. d. § 264 StGB dar.

2.    Objektiver Tatbestand 

§ 264 StGB kennt verschiedene Tatmodalitäten. Gem. § 264 Abs. 1 kommen folgende Tathandlungen in Betracht: 

  • Das Täuschen des Subventionsgebers über subventionserhebliche Tatsachen, die für den Täter vorteilhaft sind. Diese Tathandlung kommt vorliegend in Betracht, wenn im Antrag auf die Soforthilfe falsche oder unvollständige Angaben gemacht wurden. Bspw. wenn zu Unrecht eine wirtschaftliche Notlage behauptet wurde, der Unterstützungsbedarf höher dargestellt wurde als er eigentlich war, oder wahrheitswidrig versichert wird, dass die wirtschaftliche Notlage gerade eine Folge der Corona-Pandemie ist, tatsächlich das Unternehmen jedoch auch bereits vor der Krise ins Straucheln gekommen war.

  •  Verwendung entgegen einer Verwendungsbeschränkung. Diese Tatmodalität kommt in Betracht, wenn eine Subvention für einen bestimmten Zweck gewährt wird (z. B.: Zahlung der Gewerbepacht) und stattdessen für einen anderen Zweck verwendet wird (z. B. zur Finanzierung privater Ausgaben).

  • Das Verschweigen subventionserheblicher Tatsachen. Gem. § 3 des Subventionsgesetzes (SubvG) ist der Subventionsnehmer verpflichtet, dem Subventionsgeber unverzüglich alle Tatsachen mitzuteilen, die der Bewilligung, Gewährung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder dem Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils entgegenstehen oder für die Rückforderung der Subvention oder des Subventionsvorteils erheblich sind. § 3 SubvG ist nach § 1 SubvG i. V. m. den jeweiligen Landesgesetzen (in Hessen bspw. § 1 Hess. SubvG) auch auf die nach Landesrecht gewährten Corona-Soforthilfen anwendbar. Eine Strafbarkeit nach Nr. 3 kommt somit z. B. dann in Betracht, wenn der Vermieter überraschend eine Mietminderung oder Stundung gewährt, oder ein Vertragspartner wider Erwarten doch nicht ausfällt und sich somit der Finanzierungsbedarf verringert. Werden diese Tatsachen dann nicht beim Subventionsgeber angezeigt, kann dies ein Verschweigen i. S. d. § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB darstellen.

  • Gebrauchen rechtswidrig erlangter Bescheinigungen. Diese Variante kommt in Betracht, wenn der Subventionsnehmer im Subventionsverfahren eine durch unrichtige oder unvollständige Angaben erlangte Bescheinigung über eine Subventionsberechtigung oder über subventionserhebliche Tatsachen gebraucht. 

Die Höchststrafe nach Abs. 1 beträgt 5 Jahre. Auch eine Geldstrafe ist möglich. 

3. Schwere Fälle

§ 264 Abs. 2 StGB regelt überdies den besonders schweren Fall. Danach liegt ein besonders schwerer Fall i. d. R. dann vor, wenn der Täter aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht. Im Falle der Corona-Subventionen kommt ein besonders schwerer Fall also vor allem dann in Betracht, wenn die im Antrag vorgelegten Dokumente gefälscht wurden und Soforthilfen von mehr als 50.000,00 Euro erlangt wurden. Die Summe von 50.000,00 Euro kann bspw. dann überschritten sein, wenn eine Person sich unter mehreren (gefälschten) Firmennamen Soforthilfen hat auszahlen lassen. Die Höchststrafe beträgt in diesem Fall 10 Jahre Freiheitsstrafe, wobei die Mindeststrafe bei 6 Monaten Freiheitsstrafe liegt. Dasselbe Strafmaß gilt außerdem nach § 264 Abs. 3 i. V. m. § 263 Abs. 5 StGB, wenn der Täter die Tat als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 StGB verbunden hat, gewerbsmäßig begeht. 

4.    Subjektiver Tatbestand (Vorsatz) 

Neben der Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale muss der Täter auch vorsätzlich gehandelt haben. Hierbei genügt ein sog. bedingter Vorsatz. Hierzu muss der Täter zumindest die ernsthafte Möglichkeit erkannt haben, dass er den Tatbestand des Subventionsbetrugs erfüllt und diese Möglichkeit billigend in Kauf genommen haben. Dabei ist nur erforderlich, dass der Täter die Umstände erkannt hat, die zum objektiven Tatbestand gehören. Nicht erforderlich ist jedoch, dass der Täter auch erkannt hat, dass das Verhalten strafbar ist. In diesem Falle gilt der Grundsatz „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“. 

Nach § 264 Abs. 5 StGB ist eine Strafbarkeit aber auch dann möglich, wenn der Täter leichtfertig gehandelt hat. Leichtfertig handelt, wer die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und nicht beachtet, was sich unter den Voraussetzungen seiner Erkenntnisse und Fähigkeiten aufdrängen muss. Es handelt sich also um eine besondere Form der groben Fahrlässigkeit.

III.    Verteidigungsmöglichkeiten 

Sollten Sie von einem Ermittlungsverfahren und/oder einer Kontopfändung betroffen sein, dann sollten sie einen qualifizierten Rechtsanwalt einschalten. Der richtige Ansprechpartner ist in diesem Falle ein Fachanwalt für Strafrecht. Die Erfahrung zeigt immer wieder, dass die Chancen umso größer sind, dass das Verfahren zu einem für den Beschuldigten möglichst positiven Abschluss gelangt, je früher eine gute Verteidigung begonnen wird. 

Keinesfalls sollten Sie selbst irgendwelche Angaben gegenüber den Ermittlungsbehörden machen. Machen Sie von Ihrem Recht zu schweigen Gebrauch! 

Ziel ist es, den Tatvorwurf gegen Sie aus der Welt zu schaffen oder zumindest abzuschwächen. Möglicherweise lässt sich bereits frühzeitig darlegen, dass schon die objektiven Voraussetzungen des Straftatbestandes nicht erfüllt sind. Ansonsten bestehen die aussichtsreichsten Verteidigungsmöglichkeiten aufgrund der teils sehr schwammig formulierten Voraussetzungen für die Gewährung der Soforthilfe, insbesondere auf der Ebene des subjektiven Tatbestandes. Auch eine Strafminderung aufgrund eines Verbotsirrtums nach § 17 S. 2 i. V. m. § 49 StGB kommt in Betracht. 

In jedem Falle müssen Staatsanwaltschaft und Gericht nachweisen, dass die objektiven und subjektive Voraussetzungen für die Strafbarkeit vorliegen. 

Sofern sich frühzeitig herausstellt, dass die Vorwürfe unbegründet sind, kann außerdem möglicherweise eine Aufhebung der Kontopfändung erreicht werden, bevor deren wirtschaftliche Folgen irreversibel geworden sind.  

Als Fachanwalt für Strafrecht stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Dr. Sören Gemmerich


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