Coronavirus: Das müssen Selbstständige, Freiberufler und Kleinunternehmer jetzt wissen!

  • 7 Minuten Lesezeit

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Besonders Selbstständige, Freiberufler und Kleinunternehmer trifft die aktuelle Krisensituation durch das Coronavirus hart.

Die Bundesregierung sowie die Landesregierungen wollen Unternehmern in der Corona-Krise unter die Arme greifen und bringen fortlaufend neue Hilfsprogramme auf den Weg.

Dieser Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über etablierte, bereits beschlossene , geplante Hilfsmaßnahmen sowie viele rechtliche Fragen, die Unternehmer, Selbstständige und Freiberufler jetzt beschäftigen. 

Was Sie jetzt wissen müssen und schon machen können! 

Corona-Hilfe für Solo-Selbstständige und Einzelunternehmer

Der Bund will bis zu 50 Milliarden Euro für Klein- und Kleinstunternehmer zur Verfügung stellen. Mindestens 10 Mrd. sollen direkte Transferleistungen für in Not geratene Solo-Selbstständige sein. Das restliche Geld soll als Darlehen vergeben werden. 

Mit den Mitteln können laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten und ähnliches bezahlt werden. 

Alle Anträge sollen zunächst bewilligt werden, eine Bedürftigkeitsprüfung erfolgt erst nachträglich.

  • Höhe des Bundeszuschusses:
    • Unternehmen, Selbständige und Freiberufler mit bis zu 5 Beschäftigten erhalten eine Einmalzahlung von bis zu 9.000 Euro für 3 Monate (nicht zurückzuzahlen).
    • Unternehmen, Selbständige und Freiberufler mit bis zu 10 Beschäftigten erhalten eine Einmalzahlung von bis zu 15.000 Euro für 3 Monate (nicht zurückzuzahlen).
  • Rückzahlung: Der Zuschuss muss nicht zurückgezahlt werden.
  • Beantragung: Auch die Soforthilfen sollen noch in dieser Woche vom Deutschem Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Hinweise zur Antragstellung erfolgen so bald wie möglich. Die Abwicklung soll über die Länder erfolgen. 

Außerdem wird Selbstständigen der Zugang zur Grundsicherung erleichtert. Ferner stehen auch für mittlere und größere Unternehmen Kreditangebote und Schutzfonds zur Verfügung.

Hilfsprogramme der Bundesländer

Alle Bundesländer haben eigene Hilfsprogramme für betroffene Unternehmen, Selbständige, Freiberufler und zum Teil auch Künstler. Es gibt auch Soforthilfen in Form von direkten Zuschüssen, die in der Regel nicht zurückerstattet werden müssen.

Staatliche Hilfe: Schutzschild der Bundesregierung

Am Freitag, den 13. März, haben das Bundesfinanzministerium und das Bundeswirtschaftsministerium ein Maßnahmenpaket zum Schutz der Wirtschaft beschlossen. Sie tauften es den Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen. Dieses Schutzschild beruht auf vier Säulen: 

  1. Erleichterung der Kurzarbeit 
  2. Flexibilität der Steuern (Liquiditätshilfe)
  3. KfW-Kredite in Milliardenhöhe
  4. Europäischer Zusammenhalt (internationale Bekämpfung der Infektionsverbreitung und die Stärkung der europäischen Banken im Zuge der "Corona Responsive Initiative".) 

Kann ich mein Personal fristlos entlassen, um die Fixkosten zu reduzieren?

Generell gilt: Eine fristlose Kündigung braucht auch einen wichtigen Grund, also einen Grund, der das Hinnehmen einer Kündigungsfrist unerträglich macht. Das dürfte allein durch die Corona-Krise nicht vorliegen, denn sie liegt nicht im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers. Eine fristgerechte Kündigung kann bei wegbrechenden Umsätzen aus betriebsbedingten Gründen im Einzelfall möglich sein. Hier müssen dann je nach Betriebsgröße und weiteren Faktoren vor allem die speziellen Voraussetzungen des KSchG beachtet werden.

Lesen Sie meinen Rechtstipp: Coronavirus: Kündigung möglich?

Der Unternehmer muss aufpassen, dass er sich durch voreilige Kündigungen nicht ein Problempotential für die Zukunft aufbaut. Wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung vorgeht, können Lohnzahlungen und Abfindungen fällig werden.

Es ist auf jeden Fall besser, zunächst Alternativen abzuwägen, wie z. B. die Beantragung von Kurzarbeitergeld, was jetzt unter stark erleichterten Voraussetzungen möglich ist.

Auch "Kurzarbeit null", also eine Betriebsstilllegung bei Kurzarbeitergeld, ist möglich. Sprechen Sie mit Ihren Arbeitnehmern offen über die Situation und zeigen Sie, dass es im Interesse aller liegt, das Unternehmen zu stärken, dass aber auch jeder dafür ein Opfer bringen muss.

Anders kann es aussehen, wenn die Krise der Auslöser für den Unternehmer ist, sich wieder auf sein wesentliches Kerngeschäft zu konzentrieren und "Nebenbereiche" einzustellen. 

Aber auch hier gilt: Erst beraten lassen, dann handeln! Sehen Sie sich hierzu auch meinen umfassenden Rechtstipp zur Kurzarbeit an!

Steuererleichterungen für Selbstständige

Das Ministerium der Finanzen NRW hat die nordrhein-westfälischen Finanzämter angewiesen, bei Steuerstundungsanträgen und Anträgen auf Herabsetzung von Vorauszahlungen bei der Einkommensteuer und Körperschaftssteuer zugunsten der unmittelbar Betroffenen ihren Ermessens- und Entscheidungsspielraum weitgehend auszunutzen.

Es gibt keine einheitliche Regelung auf Bundesebene, so dass ein enger und frühzeitiger Kontakt mit dem zuständigen Finanzamt unerlässlich ist.

Für etwaige Stundungs- und Erlassanträge der Gewerbesteuerschuld gilt auch im Hinblick auf einen möglichen Zusammenhang mit Auswirkungen des Coronavirus, dass diese weiterhin an die Gemeinden zu richten sind. Es verbleibt je nach Kommune bei einer Einzelfallprüfung. Hier war es aber auch schon in der Vergangenheit einfacher, eine Stundung zu erwirken. Beim Finanzamt war es so gut wie unmöglich !

Weitere Entlastungsmaßnahmen zur Umsatzsteuer sind derzeit im Gespräch aber noch nicht umgesetzt.

Dürfen meine Kunden bereits erteilte Aufträge oder Bestellungen mit der Begründung "Corona" einfach stornieren?

"Pacta sunt servanda (lat.; dt. Verträge sind einzuhalten) " sagen wir Juristen immer. Ob die Coronakrise im Einzelfall ein so wichtiger Grund ist, dass der Vertrag gekündigt werden kann oder Verträge nicht erfüllt werden müssen, kommt auf den Einzelfall an. Grundsätzlich muss Bestelltes auch abgenommen und bezahlt werden. Hier sollte man aber natürlich Maß walten lassen, da auch Sie so wie der Kunde in eine kritische Lage kommen können.

Sowohl bei Kaufverträgen als auch Dienst- bzw. Werkverträgen ist es wichtig, dass Sie sich im Einzelfall  die geschlossenen Verträge einschließlich AGB ansehen. 

So kann in AGB geregelt sein, dass Auftraggeber in Fällen sog. höherer Gewalt, also bei unvorhergesehenen, äußeren, nicht abwendbaren Umständen vom Vertrag zurücktreten können und dann auch nicht Schadenersatz zahlen müssen.

Der Auftraggeber muss dann aber nachweisen, dass die Durchführung des Vertrages mit dem Selbständigen für ihn wegen dieser besonderen Umstände unmöglich ist. Allein ein pauschaler Verweis auf das Coronavirus dürfte dafür nicht reichen, auch wenn die Durchführung  des Auftrags schwieriger aber nicht unmöglich ist.

Es muss daher geprüft werden, ob der Auftraggeber tatsächlich keine Möglichkeit hat, den Vertrag zu erfüllen, z. B. weil sein Unternehmen behördlich geschlossen ist. Da er diese Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat, würde er hierfür wohl auch keinen Schadenersatz zahlen müssen.

Besser für den Selbstständigen kann es aussehen, wenn es keine behördliche Anordnung gibt und der Auftraggeber die vereinbarte Leistung des Selbstständigen quasi vorsorglich wegen der Corona-Krise ablehnt.

Achtung: Vorsicht bei ernsthaften Zahlungsproblemen der Kunden

Gefährlich wird es, wenn Ihr Kunde Ihnen zu verstehen gibt, dass er wegen der Krise kein Geld hat, also zahlungsunfähig ist. Wenn er Ihnen dann aber trotzdem nach und nach kleine Teilbeträge leistet, kann der Insolvenzverwalter im Falle einer späteren Insolvenz diese Zahlungen wieder anfechten und Sie müssen das Geld vielleicht Jahre später wieder zurückzahlen.

Wenn Sie einen Stammkunden haben, bei dem Sie dies befürchten, könnten Sie die konkrete Zahlung bis zu der Zeit nach der Krise stunden. Sie müssten aber ab sofort darauf bestehen, nur noch gegen Vorkasse zu liefern.

Darf ich als Handwerker weiter bei meinen Kunden arbeiten?

Nach momentaner Lage können Sie weiter arbeiten, wenn Sie nicht von dem Kontaktverbot betroffen sind, weil Sie z. B. als Friseur arbeiten, wo körperliche Nähe unabdingbar ist. Stellen Sie jedoch sicher, dass der Mindestabstand von 1,50 Meter gewahrt werden kann, also weniger Leute in einem Bereich beschäftigt sind.

Stellen Sie außerdem Waschgelegenheiten, also Wasser und Seife, und möglichst Desinfektionsmittel bereit. Arbeiten im Freien, z. B. als Dachdecker oder Garten- und Landschaftsbauer, sind dabei unproblematischer als Arbeiten in geschlossenen Räumen. Die Lage kann sich aber jederzeit ändern, behalten Sie deshalb die Nachrichten im Blick.

Was muss ich tun, wenn ich jetzt schon absehen kann, dass mein Unternehmen infolge der Corona-Pandemie in größere Schwierigkeiten geraten wird und Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz) droht ?

Nehmen Sie unbedingt Kontakt mit einem Fachmann auf, also einem Sanierungsexperten oder einem Rechtsanwalt. Zwar soll aufgrund der Corona-Pandemie die Insolvenzantragspflicht gelockert werden. Das ist aber noch nicht umgesetzt worden.

Daher besteht aktuell auch noch die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages für juristische Personen, sofern Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung) vorliegt. 

Dringender Hinweis: 

Die nicht  rechtzeitigen Antragsstellung ist bei juristischen Personen (GmbH/AG) strafbar (Insolvenzverschleppung, § 15a Abs. 4 InsO). Dem Pflichtigen wird bei Insolvenzreife lediglich ein Prüfzeitraum von bis zu 3 Wochen zugebilligt. Die Frist darf nur dann ausgenutzt werden, wenn ein sorgfältiger Geschäftsleiter im Rahmen eines Sanierungsplans bei objektiv nachprüfbarer Abwägung zum Ergebnis kommt, dass das Zuwarten mit der Antragstellung zur Umsetzung des Sanierungsplans im Interesse der Gläubigergesamtheit ist. 

Gerade wegen der Haftungsträchtigkeit und der Komplexität der momentanen Rechtslage empfehlen wir Ihnen, den Finanzstatus Ihres Unternehmens genau im Blick zu behalten und rechtzeitig fachkundigen Rechtsrat einzuholen.

Sollten Sie weitergehende individuelle Fragen haben, kann kurzfristig ein telefonischer Beratungstermin vereinbart werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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