Coronavirus: Strafverfügung & Verwaltungsstrafverfahren – COVID-19 Verwaltungsstrafen in Österreich

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Coronavirus – Verhaltensregeln und Strafen in Österreich

Die Corona-Krise schafft auch im rechtlichen Bereich jeden Tag neue Situationen. Hier finden Sie einen aktuellen Überblick über die gesetzlichen Grundlagen der Verhaltensregeln in Österreich und wie diesbezügliche Strafen ausfallen können.

Die durch den Virus COVID-19 ausgelöste Krise hat eine Situation geschaffen, die die meisten Menschen noch nicht erlebt haben. Auch Gesetzgeber und Behörden werden vor neue Herausforderungen gestellt, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen.

Wir wollen Ihnen hier eine Übersicht verschaffen, welche Gesetze und Verordnungen derzeit zur Anwendung kommen und wie Strafen bei Verstößen gegen diese Regeln aussehen können.

Der österreichische Nationalrat hat zuerst am 15. März 2020 mit den COVID-19 Gesetzen bzw. den Verordnungen gemäß § 2 Z. 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes die Grundlage geschaffen, um die Ausbreitung des Virus in Österreich einzudämmen. 

In weiterer Folge wurden diese Regelungen noch weiter verschärft und derzeit gilt in ganz Österreich eine Ausgangsbeschränkung, in Tirol sogar eine Ausgangssperre.

Was bedeutet Ausgangsbeschränkung überhaupt? – Strafbescheide in Österreich

Im Gegensatz zu einer Ausgangssperre lässt die Ausgangsbeschränkung es in bestimmten Fällen zu, dass die Menschen ihre Wohnung verlassen. Konkret darf man in den folgenden Fällen die Wohnung verlassen:

  • wenn man zur Arbeit muss und diese Arbeit nicht von zu Hause durchgeführt werden kann;
  • für dringende Einkäufe von Lebensmitteln und Medikamenten;
  • für Spaziergänge, sofern diese allein oder gemeinsam mit Personen durchgeführt werden, die im selben Haushalt leben. Das Spielen auf einem Spielplatz oder das Zusammenstehen mehrerer Personen auf der Straße sind von dieser Erlaubnis nicht erfasst.

Diese Regeln werden auch von der Polizei überprüft. Es gilt der Grundsatz „Beraten statt strafen“, weshalb bei leichten Verstößen keine Strafe verhängt werden, sondern nur der Beschuldigte so beraten werden soll, dass er das rechtswidrige Verhalten einstellt.

Aber bei schweren Verstößen kann die Polizei Verwaltungsstrafen von bis zu 2.180 Euro verhängen – in besonders schweren Fällen (z. B. Missachtung von Betretungsverboten) sogar von bis zu 3.600 Euro. 

Die ersten während der Corona-Krise verhängten Strafen bewegten sich meist im Bereich von einigen Hundert Euro und wurden auch nur verhängt, wenn der Verstoß zu schwer war, um es bei einer Ermahnung bewenden zu lassen. Die Behörden haben hier einen sehr weitgehenden Ermessensspielraum.

Restaurant und Lokale, die trotz des bestehenden Verbotes geöffnet sind, müssen sogar mit Strafen bis zu 30.000 Euro rechnen, weil solche Örtlichkeiten der Verbreitung des Virus Vorschub leisten können.

In der Praxis ist es aber oft nicht klar, wie genau sich ein Bürger verhalten soll, weil die vielen Verordnungen, die von den unterschiedlichen Behörden (Bundesregierung, Landeshauptleute, Polizei) erlassen werden, manchmal miteinander im Widerspruch stehen. Dazu kommen Berichte in Medien und (Falsch-)Meldungen in den sozialen Medien, die für weitere Verunsicherung sorgen.

Daher empfiehlt es sich, von Behörden auf Basis der COVID-19-Verordnungen verhängte Verwaltungsstrafen von einem erfahrenen Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Denn eine Verwaltungsstrafe kann aus mehreren Gründen rechtswidrig sein.

Zum einen ist es – gerade in der derzeitigen Situation – durchaus denkbar, dass ein Bürger sich im Unklaren ist, welche Verbote denn gerade in seiner speziellen Situation gelten. In diesem Fall erkennt er das Unrecht seiner Tat gar nicht und es liegt ein sogenannter Verbotsirrtum vor.

Weiters kann man auch die Zulässigkeit der Verordnung überprüfen, die der Verwaltungsstrafe zugrunde liegt. War die Behörde, die die Verordnung erlassen hat, überhaupt dazu berechtigt? Oder steht diese Verordnung im Gegensatz zu Gesetzen oder Verordnungen anderer Behörden? Diese komplexen Fragen sollte ein Anwalt beurteilen, der mit den verschiedenen gesetzlichen Grundlagen vertraut ist.

Strafverfügung und Verwaltungsstrafverfahren – COVID-19 Verwaltungsstrafen in Österreich

Eine Verwaltungsstrafe wird oft in Form einer Strafverfügung verhängt, wenn die Strafe nicht mehr als 600 Euro beträgt. In diesem Fall findet kein Ermittlungsverfahren statt. Wenn der Beschuldigte dagegen Einspruch erhebt, dann wird die Strafverfügung außer Kraft gesetzt und es wird ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Am Ende dieses Verfahrens kann dann eine Verwaltungsstrafe verhängt werden, die allerdings nicht höher als die ursprüngliche Strafverfügung sein darf.

Die Bemessung der Strafe erfolgt nach § 19 VStG (Verwaltungsstrafgesetz) auf Basis einer Reihe von Faktoren:

  • Ausmaß der verursachten Beeinträchtigung (Schädigung, Gefährdung) der Rechtsgüter, die geschützt werden sollen (Hierbei kommt es vor allem darauf an, wie hoch die Gefährdung oder Schädigung im konkreten Fall tatsächlich war, und nicht wie hoch sie theoretisch hätte sein können);
  • Ausmaß des Verschuldens;
  • Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten;
  • sonstige Erschwerungs- und Milderungsgründe – überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe deutlich, oder wenn der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, kann die Mindeststrafe auch bis auf die Hälfte reduziert werden (§20 VStG).

Zusammengefasst können wir also nur dringend empfehlen, im Falle einer Verwaltungsstrafe, die auf den COVID-19-Verordnungen basiert, diese Strafe und deren Grundlage durch einen erfahrenen Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Auch bei den Behörden herrscht in der Realität eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen und so kann manche Verwaltungsstrafe gar nicht die erforderliche rechtliche Grundlage haben.


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