Covid-19 – Rechtsberatung für betroffene Unternehmen in Griechenland

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Die griechische Regierung hat aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie für die griechische Wirtschaft eine Reihe von Maßnahmen zur Unterstützung des Unternehmertums und zur Sicherung der bestehenden Arbeitsplätze ergriffen. In diesem Rechtstipp erhalten Sie einen Überblick über aktuelle gesetzliche Regelungen zur Unterstützung und Förderung der betroffenen Unternehmen. Es wird insofern in zwei Kategorien unterschieden:

a) Maßnahmen zur Unterstützung derjenigen Unternehmen, deren Betrieb zwangsweise aufgrund gesetzlicher Anordnung zur Vorsorge oder Bekämpfung des Covid-19-Virus ausgesetzt oder vorübergehend verboten wurde (Betriebsverbot).

b) Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmenszweige, die allgemein von den ergriffenen Maßnahmen beeinträchtigt werden. Diese Unternehmenszweige werden in einem entsprechenden Beschluss näher durch das Wirtschaftsministerium konkretisiert (Beeinträchtigte Unternehmen).

Maßnahmen im Einzelnen:

Grundsätzliche Einordnung der Unternehmen:

1. Unternehmen, die einem Betriebsverbot unterliegen:

Zur Bekämpfung des Coronavirus hat die Regierung in Athen für bestimmte im Regierungsblatt aufgeführte Unternehmen ein vorübergehendes Betriebsverbot ausgesprochen. Für die betroffenen Unternehmenszweige gilt für die Dauer des Betriebsverbots auch die Vermutung der Aussetzung der Arbeitsverträge mit ihren Arbeitnehmern.

2. Beeinträchtigte Unternehmen

Die Möglichkeit der vorübergehenden Aussetzung des Betriebs wird allerdings auch Unternehmen eröffnet, die als beeinträchtigt eingestuft werden, sofern die Arbeitgeber auf der hierfür vorgesehenen Plattform (ERGANI) die Aussetzung des Unternehmensbetriebs für den Zeitraum 21.03.2020 bis 20.04.2020 melden. Diese freiwillige Aussetzung des Betriebs kann z. Z. den Zeitraum von 45 Tagen nicht überschreiten.

Sowohl Unternehmen, die dem Betriebsverbot unterliegen, als auch diejenigen, die von dem Recht zur Aussetzung der Tätigkeit Gebrauch gemacht haben, sind verpflichtet, die Anzahl ihrer Arbeitnehmer für die Dauer der Aussetzung des Betriebs aufrecht zu erhalten und unterliegen einem ausdrücklichen Kündigungsverbot für das gesamte Personal. Nach Wiederaufnahme des Betriebs und für einen Zeitraum, der dem der Aussetzung des Betriebs gleichkommt, sind die Unternehmen verpflichtet  die Beschäftigtenzahl unverändert zu lassen (Beispiel: Wird der Betrieb für 45 Tage eingestellt, kann in dem Zeitraum von 45 Tagen nach Wiederaufnahme des Betriebs, die Anzahl der Arbeitnehmer nicht reduziert werden.)

Arbeitsverhältnisse – Covid-19-Regelungen in Griechenland

  • Wie oben erläutert, wurde die Möglichkeit der Aussetzung des Betriebs für Unternehmen und der zeitgleichen Aussetzung der bestehenden Arbeitsverhältnisse innerhalb des Zeitraums 21.03.2020 bis 20.04.2020 für eine Dauer von 45 Tagen seit Ausübung dieses Rechts eröffnet.
  • Gewährung einer Sonderentschädigung in Höhe von 800 € an die Arbeitnehmer der Unternehmen, die der Aussetzung des Betriebs unterliegen.  Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse ausgesetzt sind, unabhängig davon, ob kraft o. g. Anordnung oder Beschluss des Arbeitgebers, haben Anspruch auf eine einmalige Sonderentschädigung in Höhe von 800 €, für den Zeitraum der Aussetzung des Betriebs. Dieser Anspruch besteht nicht für diejenigen, die rechtmäßig beurlaubt sind oder sich im Mutterschutz befinden. Für diesen Zeitraum sind die Arbeitnehmer vollumfänglich sozialversichert und die Arbeitgeber von ihrem Arbeitgeberanteil an den Versicherungsbeiträgen befreit.
  • In praktischer Hinsicht benötigt der Arbeitnehmer, um diese Sonderentschädigung zu erhalten, eine entsprechende Erklärung des Arbeitgebers. Diese muss der Arbeitgeber in Form einer eidesstattlichen Erklärung, auf der hierfür vorgesehenen Plattform des Arbeitsministeriums abgeben. Für diejenigen Unternehmen, für die das Betriebsverbot angeordnet wurde, endete die Frist für diese Erklärung am 31.3.2020. Für die übrigen Unternehmen, die von dem Recht der Aussetzung des Betriebes Gebrauch gemacht haben, läuft die Frist bis zum 20.04.2020.
  • In dieser eidesstattlichen Erklärung müssen auch diejenigen Arbeitnehmer aufgenommen werden, deren Arbeitsverhältnis in dem Zeitraum 01.03.2020 bis 20.03.2020 entweder durch Kündigung seitens des Arbeitgebers oder freiwilligen Ausscheidens des Arbeitnehmers aufgelöst wurde. Diese Erklärung, einschließlich der Protokollnummer, die die Erklärung in der Plattform erhalten hat, ist dem betreffenden Arbeitnehmer unverzüglich und zwar am selben Tage seitens des Arbeitgebers, postalisch oder auf elektronischem Wege, bekannt zu geben.
  • Möglichkeit der Bestimmung von Personal für die Sicherstellung des Betriebs (Sicherheitspersonal: rotierende Tätigkeit: 2 Arbeitswochen im Monat für einen Zeitraum von 6 Monaten), mit der Verpflichtung zur Wahrung der Beschäftigtenzahl für die Dauer der Maßnahmen.
  • Möglichkeit der Personalversetzung innerhalb derselben Unternehmensgruppe.
  • Möglichkeit der Telearbeit kraft einseitiger Entscheidung des Arbeitgebers, ohne Zustimmung des Arbeitnehmers. 

Sollte der Arbeitgeber eine der oben erwähnten Betriebsarten wählen (d. h. Telearbeit und Versetzung des Personals), ist dies zwingend in einem hierfür vorgesehenen Formular in der Plattform «ERGANI» des Ministeriums für Arbeit und Soziales anzugeben.

  • Aussetzung der Verpflichtung zur Leistung von Ostergeld. Die Verpflichtung zur Zahlung des Ostergeldes wird bis zum 30. Juni 2020 ausgesetzt. Diese Maßnahme gilt für die Unternehmen, die Ihren Betrieb ausgesetzt haben und für diejenigen die laut der o. g. Ministerbeschlüsse wesentlich beeinträchtigt sind, mithin nicht ausnahmslos für alle Unternehmenszweige. Wird das Arbeitsverhältnis in o. g. Unternehmen ausgesetzt, so wird das Ostergeld für den Zeitraum der Aussetzung des Arbeitsverhältnisses vom Staatshaushalt übernommen.
  • Aussetzung der Verpflichtung zur Bekanntgabe der Änderung von Arbeitsverhältnissen. Kraft weiterer legislativer Regelungen vom 11.03.2020 wurde die Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Meldung etwaiger Änderungen der Arbeitszeiten oder des Arbeitszeitmanagements (mithin auch Änderung der Aufnahme und Beendigung der Arbeit durch Arbeitnehmer) ausgesetzt. Hierzu zählen unter anderem auch die Verpflichtung zur Meldung von Mehrarbeit und gesetzlichen Überstunden, Änderung des Beginns und der Beendigung der Arbeitszeit, die Änderung der Ruhetage etc. Es wird die Möglichkeit eröffnet diese Änderungen innerhalb der ersten 10 Tage des Folgemonats zentral und kollektiv zu melden.
  • Kraft Verordnung vom 14.03.2020 wird den Unternehmen, die bereits die gesetzlich vorgesehenen Obergrenzen für Überstunden von Arbeitnehmer überschritten haben, die Möglichkeit eingeräumt, ohne einschlägige Genehmigung des Ministeriums für Arbeit weiter die Beschäftigung fortzuführen. Eine Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Tagesgrenze ist allerdings nicht erlaubt.

Mietverhältnisse Covid-19-Regelungen in Griechenland

Möglichkeit der Minderung des Mietzinses für gewerbliche Mietverträge und Leasing gleichermaßen für Unternehmen, deren Betrieb untersagt wurde. Unternehmen werden von 40 % des gesamten Mietzinses für die Monate März und April 2020 befreit. Diese Maßnahme gilt auch für Unternehmen, denen entgeltlich bewegliche und/oder unbewegliche Sachen, die ausschließlich der Berufsausübung dienen, im Rahmen eines Leasings überlassen wurden. Auch die Angestellten der Unternehmen, die ihren Betrieb eingestellt haben, können den Mietzins für ihren Hauptwohnsitz um 40 % mindern. 

Verlängerung und Aussetzung der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen

  • Verlängerung der Zahlungsfrist für USt-Verbindlichkeiten und Aussetzung der Einnahme festgestellter USt-Rückstände aus USt-Erklärungen bis 31.08.2020. Für den Zeitraum der Aussetzung fallen weder Verzugszinsen noch Zuschläge an.
  • Für Unternehmen die einem Betriebsverbot unterliegen und beeinträchtigte Unternehmen, gilt die Aussetzung der Zahlungsverpflichtung für veranlagte Steuerverbindlichkeiten sowie die Verlängerung der Ratenzahlungsfristen an die Öffentliche Hand. Bis einschließlich dem 31.08.2020 wird die Zahlungsverpflichtung veranlagter Steuerverbindlichkeiten ausgesetzt und die Leistung von etwaigen Ratenzahlungen gegenüber der Öffentlichen Hand verlängert (betrifft Einkommenssteuer, Bußgelder, Abgaben usw.). Verzugszinsen und Zuschläge entfallen.
  • Im Falle der fristgemäßen Leistung der Steuerabgaben für die Monate März und April wird eine Ermäßigung von 25 % gewährt.
  • Aussetzung der Ergreifung von Zwangsmaßnahmen für die Beitreibung von Sozialversicherungsabgaben bis zum 31.08.2020. 
  • Verlängert wird zudem die Frist für die Leistung von Versicherungsbeiträgen für die Monate Februar und März 2020, deren Fälligkeit innerhalb des Zeitraums 31.03.2020 bis 30.04.2020 liegt. Diese Beiträge sind in vier monatlichen Raten beginnend ab dem 30.09.2020 zu leisten. Auf Verzugszinsen und Zuschläge für diese Versicherungsabgaben und Ratenzahlungen wird verzichtet.
  • Ratenzahlungen steuerlicher Ratenzahlungsvereinbarungen der Unternehmen, die einem Betriebsverbot unterliegen, mit Fälligkeit zum 31.03.2020 werden für 3 Monate ausgesetzt. Dementsprechend werden alle folgenden Ratenzahlungen der Vereinbarung nach hinten verschoben.

Aussetzung von prozessrechtlichen Fristen und Zivilansprüchen

  • Der Gerichtsbetrieb wurde bis einschließlich 10.04.2020 ausgesetzt. Alle gesetzlichen und gerichtlichen Fristen für die Durchführung von Verfahrenshandlungen und aller anderer Maßnahmen gegenüber den Gerichtsbehörden sowie Verjährungsfristen einschlägiger Ansprüche wurden ausgesetzt. Eine Verlängerung der Frist erscheint als nicht unwahrscheinlich.
  • Für diejenigen Unternehmen deren Tätigkeit ausgesetzt wurde, wurden für den Zeitraum 30 März 2020 bis einschließlich 31. Mai 2020 die Fristen für die Dauer, Vorlage und Zahlung von Wertpapieren um fünfundsiebzig (75) Tage des auf dem jeweiligen Wertpapier erwähnten Datums ausgesetzt.


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