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Crowdfunding: Modelle und Versteuerung der Schwarmfinanzierung

  • 7 Minuten Lesezeit
Crowdfunding: Modelle und Versteuerung der Schwarmfinanzierung

Was ist Crowdfunding?

Crowdfunding ist ein Finanzierungsmodell, bei dem ein konkretes Projekt von einer Menschenmenge (crowd) finanziert wird. Die Bezeichnung stammt aus dem englischen Sprachgebrauch, setzt sich aus „crowd“ (Menge) und „funding“ (Finanzierung) zusammen und bedeutet so viel wie „Schwarmfinanzierung“. Crowdfunding ist eine besondere Art der Finanzierung, weil eine Vielzahl am Projekt unbeteiligter Menschen – die Crowd – ein fremdes Projekt finanziert.  

Start-ups setzen schon länger auf Crowdfunding zur Realisierung ihrer Ideen. Die Schwarmfinanzierung bietet sich genauso für etablierte Unternehmen an. Crowdfunding-Plattformen erleichtern die Ansprache vieler Geldgeber und insbesondere das Einsammeln des Kapitals. Allein im deutschsprachigen Raum existieren über 100 Crowdfunding-Plattformen. 

Eine Plattform hat meist eine bestimmte Ausrichtung, z. B. auf Investitionen in Start-ups, in Immobilien oder in nachhaltige Projekte. Bei der Wahl der Plattform sind besonders deren Nutzungsbedingungen und der mit ihr zu schließende Vertrag zu beachten. Deren Inhalt bestimmt wesentlich die rechtlichen Verhältnisse mit der Plattform und den Unterstützern. Bei internationalen Plattformen kann es sein, dass ausländisches Recht zur Anwendung kommt. 

Für wen eignet sich Crowdfunding?

Crowdfunding ist insbesondere für Start-up-Gründer interessant. Diese haben anfangs noch ein geringes bis gar kein Startkapital, aber vor allem schlechte Chancen, ein Darlehen bei einer Bank zu erhalten. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es sich um ein innovatives, aber risikoreiches Projekt handelt, das realisiert werden soll. Die Lösung könnte dann Crowdfunding sein. 

Beim Crowdfunding ist es auch möglich, mit der Crowd zu vereinbaren, dass sie ihre Zahlungen zurückerhält, wenn der definierte Mindestbetrag nicht erreicht wird. Das werden Banken jedenfalls nicht zu denselben Konditionen, nämlich zinsfrei, anbieten. 

Crowdfunding bietet auch den Vorteil, dass der Projektinitiator seine potenziellen Geldgeber auf einer ideellen Ebene überzeugen kann. Ein Bankmitarbeiter wird in den allermeisten Fällen wohl nur für kommerzielle Argumente offen sein, während die Geldgeber auf den Plattformen sich auch von emotionalen Argumenten überzeugen lassen. 

Vorteilhaft gegenüber einem klassischen Bankkredit ist bei Crowdinvesting auch, dass die Gegenleistung für den Unterstützer vom Erfolg des Projekts abhängig ist, während eine Kreditrate erfolgsunabhängig zu zahlen ist. Wenn die Gegenleistung beim Crowdinvesting z. B. darin besteht, dass der Investor eine Rendite erhält, dann ist die Höhe des Auszahlungsbetrages abhängig davon, wie viel Gewinn das Projekt erwirtschaftet hat. 

Die Schwarmfinanzierung über eine Internetplattform ist aber auch mit viel Eigeninitiative verbunden. Zwar kann man sein Projekt auf der Plattform bewerben, aber um wirklich Erfolg zu haben, ist oft eine richtige Crowdfunding-Kampagne erforderlich. Diese erfolgt häufig über soziale Netzwerke. 

Als Initiator eines risikoreichen Projekts, für das eine Bank keinen Kredit vergeben will, kann sich Crowdfunding also lohnen. Sehr positiv ist es, wenn der Initiator des Projekts auch eine Affinität zu sozialen Medien hat. 

Wichtig ist, dass das Projekt so genau wie möglich beschrieben ist, damit potenzielle Geldgeber auch investieren wollen. Sinnvoll ist außerdem, sich eine Zielgruppe zu überlegen, die an dem Projekt Interesse hat, um die Kampagne genau auf diese Klientel zuschneiden zu können. 

Wie funktioniert Crowdfunding?

Meistens funktioniert die Finanzierung so: Der Projektinitiator stellt das Projekt auf einer Crowdfunding-Plattform im Internet vor. Oftmals wird schon im Vorfeld ein zu erreichender Mindestbetrag für die Realisierung des Projekts definiert, der in einer im Vorfeld bestimmten Zeit erreicht werden muss. 

Um der Crowd eine gewisse Sicherheit zu geben, garantieren einige Gründer, dass die Crowd ihr Geld zurückbekommt, wenn das festgelegte Ziel nicht erreicht wird. Die meisten Projektinitiatoren versprechen ihrer Crowd auch ein „Dankeschön“, wenn das Projekt dank ihnen umgesetzt werden kann.  

Dieses Dankeschön kann je nach Projekt und Form des Crowdfundings ganz unterschiedlich sein: Von immateriellen Gegenleistungen wie z. B. einer Statistenrolle bei einem Filmprojekt bis zu materiellen Gegenleistungen z. B. in Form von Anteilen am Projekt ist fast alles denkbar. Eine Gegenleistung für die Finanzierung ist aber keineswegs Pflicht. 

Der exakte Ablauf eines Crowdfunding-Projekts hängt allerdings von der konkreten Form des Crowdfundings ab. 

Crowdfunding: Welche Modelle gibt es?

In den letzten Jahren haben sich verschiedene Ausprägungen des Crowdfundings herausgebildet, deren Unterscheidung in der Praxis sehr relevant ist, insbesondere steuerrechtlich. Die verschiedenen Formen unterscheiden sich in der Gegenleistung, die die Unterstützer für die Finanzierung erhalten: 

Klassisches Crowdfunding: 

Die Unterstützer schenken (§ 525 BGB) dem Projektinitiator einen von ihnen gewählten Betrag. Üblicherweise wird an die Schenkung ein Verwendungszweck für das Geld geknüpft, nämlich dass es ausschließlich für das Projekt verwendet wird.

Gegenleistung: symbolische Gegenleistung bzw. Gegenleistung nicht-monetärer Art – oft ist es ein Produkt. 

Crowdinvesting: 

Das Geld der Unterstützer wird dem Projektinitiator nicht geschenkt, sondern in das Projekt investiert.  

Gegenleistung: Anteile am Projekt. Unterstützer erwerben eine finanzielle Beteiligung. Statt Gesellschaftsanteilen erhalten Investoren meist Ansprüche aus partiarischen, also gewinnabhängigen Darlehen. Seltener sind es Wertpapiere. Für das Unternehmen stellen die Mittel Eigenkapital dar.  

Crowdlending: 

Der Projektinitiator nimmt Darlehen bei der Crowd auf.  

Gegenleistung: Keine, aber das geliehene Geld erhält die Crowd zurück.   

Spenden-Crowdfunding: 

Die Unterstützer spenden einem Projekt Geld. Ist der Zweck gemeinnützig, lässt sich die Spende steuerlich absetzen. Bei den anderen Crowdfunding-Modellen ist das wegen der Gegenleistung nicht möglich.  

Gegenleistung: Keine

Wissenswertes zum Crowdinvesting

Weitverbreitet beim Crowdinvesting sind partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen. Kapitalgeber erhalten einen gewinnabhängigen Zins. Der Rückzahlungsanspruch ist gegenüber anderen Gläubigern nachrangig. Das Investitionsrisiko ist somit hoch. 

Zum Anlegerschutz existieren seit Mitte 2015 gesetzliche Vorgaben für partiarische Darlehen sowie seit Mitte 2018 für Wertpapiere. Privatpersonen dürfen maximal nur 1000 Euro ohne Selbstauskunft und bis zu 10.000 Euro mit Selbstauskunft investieren.

Im Gegenzug sind Anlagen bis zu gewissen Finanzierungssummen von der Prospektpflicht befreit. Für Darlehen liegt diese bei bis zu 2,5 Millionen Euro über einen Zeitraum von 12 Monaten. Bei Wertpapierangeboten ist es entsprechend ein Gesamtgegenwert bis zu 8 Millionen Euro. 

Ab einer Vermögensanlage von 250 Euro müssen Investoren jedoch ein Vermögensanlagen-Informationsblatt erhalten. Bei Wertpapier-Emissionen ist ab einem Gesamtgegenwert von 100.000 Euro ein Wertpapier-Informationsblatt vorgeschrieben. Das Informationsblatt muss die wesentlichen Eigenschaften der Anlage und die wichtigsten Risiken nennen. Es ist zudem bei der BaFin zu hinterlegen und Investoren vorzulegen. Da die Wertpapiervermittlung zudem der Zulassung durch die BaFin bedarf, arbeiten Crowdfunding-Plattformen mit Finanzdienstleistungsinstituten zusammen. 

Mit einer 2018 vorgestellten Crowdfunding-Verordnung möchte zudem die EU-Kommission die Bedingungen für Crowdinvesting und Crowdlending vereinheitlichen. Denn bisher erschweren die verschiedenen Rechtslagen in den EU-Ländern noch ein grenzüberschreitendes Crowdinvesting.  

Versteuerung von Crowdfunding-Projekten

Ob der Ertrag aus einem Crowdfunding-Projekt zu versteuern ist, hängt in erster Linie davon ab, um welche Form des Crowdfundings es sich handelt. Außerdem sind Steuerpflicht und Steuersatz abhängig von der erzielten Summe und der Organisationsform des Initiators (z. B.: GbR, UG, Verein): 

Umsatzsteuer

Projektinitiatoren müssen keine Umsatzsteuer entrichten, wenn sie für die erhaltenen Zahlungen keine oder nur eine symbolische Gegenleistung herausgeben (nicht steuerpflichtiger Zuschuss). 

Erhält der Unterstützer eine finanzielle oder materielle Gegenleistung, hat der Projektinitiator Umsatzsteuer zu entrichten. Im Normalfall beträgt diese 19 %, bei kleineren Projekten kann sie auch nur 7 % betragen. Dies gilt für Einzelunternehmer, GbR, UG und GmbH

Kleinunternehmer, also Unternehmer, deren Jahresumsatz geringer als 22.000 Euro ist, sind von der Umsatzsteuerpflicht befreit. Beachte: Die Umsatzsteuer ihrer Ausgaben kann dann auch nicht abgesetzt werden. 

Wer als Privatperson – d. h. ohne dauerhafte Umsatzabsichten – handelt, ist ebenfalls von der Umsatzsteuerpflicht befreit. 

Einkommensteuer

Einnahmen aus einem Crowdfunding-Projekt einer Privatperson sind einkommensteuerpflichtig, wenn die Privatperson mit ihren gesamten Einnahmen den Steuerfreibetrag von 9.984 Euro überschreitet. 

Schenkungssteuer 

Die gegenleistungsfreie Zahlung eines Unterstützers wird als Betriebseinnahme gewertet. Der Schenkungssteuerfreibetrag für Schenkungen an eine Organisation beträgt 20.000 Euro in 10 Jahren pro Privatperson. 

Das gilt auch für Schenkungen von Unterstützern an Privatpersonen. 

Körperschaftssteuer

Für Spenden an eine gemeinnützige Organisation fällt nur dann eine Körperschaftssteuer an, wenn die Einnahmen im ökonomischen Geschäftsbetrieb bei über 35.000 Euro im Jahr liegen.

Widerruf auch beim Crowdfunding möglich

Beim Crowdfunding eines Produkts besteht entweder ein Kaufvertrag oder, wenn es zugleich dessen Herstellung umfasst, ein Werklieferungsvertrag. Für beide Vertragsarten gilt Kaufrecht. Unterstützer haben danach Gewährleistungsrechte, wenn sich das Produkt nicht wie vorgesehen verwenden lässt. Hersteller trifft zudem eine Produkthaftung für Schäden infolge fehlerhafter Produkte. 

Verbraucher besitzen bei vielen Verträgen ein Widerrufsrecht, insbesondere beim Abschluss im Internet. Das birgt ein besonderes Risiko beim klassischen Crowdfunding: Die 14-tägige Widerrufsfrist läuft erst mit Erhalt des Produktes. Wird das Produkt erst entwickelt, kann der Widerruf sehr spät erfolgen. 

Unterstützer können somit über einen langen Zeitraum ohne Angabe von Gründen ihr Geld zurückverlangen. Gerichtsentscheidungen und spezielle Regelungen zum Widerrufsrecht beim Produkt-Crowdfunding fehlen bislang. 

Anders sieht das beim Crowdinvesting aus: Hier haben Anleger laut Vermögensanlagengesetz ein 14-tätiges Widerrufsrecht nach dem Vertragsschluss und sind darüber deutlich zu belehren.

Schutzrechte beachten

Durch die Crowdfunding-Kampagne gelangen Ideen früh und detailliert an die Öffentlichkeit. Deshalb muss bereits zuvor sicher sein, dass keine Patente, Gebrauchsmuster, Designs, Marken und Urheberrechte verletzt werden. Sonst drohen Unterlassungsansprüche und das vorzeitige Aus des Crowdfunding-Vorhabens. 

Ist eine Verletzung ausgeschlossen, gilt es, die eigene Idee frühzeitig schützen zu lassen. Andernfalls könnten Dritte nach Start der Crowdfunding-Kampagne die ungeschützte Idee selbst vermarkten. 

(GUE) 

Foto(s): ©Pixabay/Tumisu

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