Das Gebot des fairen Verhandelns beim Aufhebungsvertrag

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Bereits am 14.02.2019 wurde von mir der Rechtstipp: „Keine Widerrufsmöglichkeit bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags“ erstellt und die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.02.2019 mit Sachverhalt kurz dargestellt.

Zwischenzeitlich gibt es insbesondere in der Literatur mehr Anhaltspunkte für die Entscheidung.

Der Grundgedanke des Gebots des fairen Verhandelns beim Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung leitet sich als Nebenpflicht aus den § 311 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB ab; dies bedeutet, dass sich das Gebot des fairen Verhandelns aus der dem Arbeitsverhältnis resultierenden Pflicht zur Rücksichtnahme, die auch bei Verhandlungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt, ableitet.

Wie bereits in den früheren Rechtstipp dargestellt, sind die Folgen eines Verstoßes gravierend, da im Ergebnis der Schadensersatzanspruch die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags zur Folge hat und somit das ursprüngliche Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Was bedeutet dies nun im Einzelnen:

Der Arbeitgeber ist gezwungen, auch die Interessen des Arbeitnehmers bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu wahren.

Das bedeutet, dass für den Arbeitnehmer besonders unangenehme Rahmenbedingungen vermieden werden müssen. Auch eine erkennbare körperliche oder psychische Schwäche darf nicht ausgenutzt werden, ebenso wenig wie zum Beispiel mangelnde Sprachkenntnisse. Eine Überrumpelungs- oder Überraschungssituation muss vermieden werden. Das bedeutet aber gleichwohl nicht, dass dem Vertragspartner eine außerordentlich angenehme Verhandlungssituation garantiert werden muss. Ferner ist auch nicht ausreichend für einen Verstoß, dass dem Arbeitnehmer keine Rücktritts- oder Widerrufsmöglichkeiten eingeräumt werden und er keine Bedenkzeit hat. Grundsätzlich handelt es sich, wie so oft, um Einzelfallentscheidungen mit entsprechenden Abwägungen.

Trotzdem sollte man als Arbeitgeber folgendes beachten, um nicht später in Konflikt mit seinem Arbeitnehmer zu kommen und sich vor dem Arbeitsgericht wieder zu treffen.

Ein Aufhebungsvertrag sollte zu den üblichen Arbeitszeiten mit dem Arbeitnehmer getroffen werden. D.h., man sollte nicht in der Freizeit oder während einer Erkrankung, insbesondere nicht bei kurzzeitigen Erkrankungen, einen Aufhebungsvertrag abschließen. Auch sollte der Arbeitnehmer immer genügend Ruhezeit nach der letzten Schicht haben, d.h. er sollte nicht, wenn er gerade abgearbeitet ist, mit einem Aufhebungsvertrag „überfallen“ werden.

Auf der Ort des Vertragsabschlusses ist wichtig. Dieser sollte in der Regel im Betrieb sein. Dies können die Räume in der Personalabteilung, aber auch der eigene Arbeitsplatz des Arbeitnehmers sein. In den Freizeit- oder Pausenräumen bzw. im Sanitärbereich/Umkleidekabinen sollte kein Aufhebungsvertrag geschlossen werden.

Der Vorteil eines Abschlusses des Aufhebungsvertrages in der Betriebsstätte ist ferner, dass der Arbeitnehmer mit seiner Anwesenheit zum Ausdruck bringt, dass er arbeitsfähig ist. Nur wenn hier offenkundige Umstände vorliegen, die auf eine besondere Schwächung des Arbeitnehmers hindeuten, wäre von einem Vertragsschluss abzuraten.

Auch sollte nur in Ausnahmefällen in der Privatwohnung ein Aufhebungsvertrag geschlossen werden, z.B. wenn ein Home Office Arbeitsplatz besteht. Hier wäre aber dringend erforderlich, dass der Arbeitnehmer zuvor vom Zweck des Besuchs informiert und am besten ihm auch ein Entwurf des Aufhebungsvertrags vorab geschickt wird und/oder ihm eine entsprechende Überlegungsfrist eingeräumt wird.

Der Aufhebungsvertrag sollte auch in einer verständlichen Art und Weise formuliert sein, da hier ein Verhandeln auf Augenhöhe stattfinden sollte.

Nach wie vor gilt natürlich auch, dass Täuschungshandlungen oder Drohungen des Arbeitgebers den Arbeitnehmer berechtigen, einen Aufhebungsvertrag anzufechten.

Ein fairer Arbeitgeber wird seinem Arbeitnehmer immer eine Überlegungsfrist einräumen und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, sich vor Abschluss des Aufhebungsvertrags juristisch beraten  und  selbst Erkundigungen bei der Agentur für Arbeit einholen zu lassen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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