Das neue Phänomen der Finanzkriminalität mit virtuellen Währungen (Bitcoins, Forex Trading)

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Neben gelegentlichen und zumeist spektakulären Ermittlungserfolgen von Strafverfolgungsbehörden zu Verdachtsfällen rund um unterschiedliche Bitcoin-Betrugsfälle, aber auch Strafverfahren im Zusammenhang mit dem internetbasierten Devisenhandel (Forex-Trading), nimmt die Zahl der Mandatsanfragen von geschädigten Kapitalanlegern in diesem Bereich sprunghaft zu. Etwa die Europäische Polizeibehörde Europol berichtete per 15.10.2020 von einem bedeutenden Schlag gegen einen international agierenden Geldwäschering namens QQAAZZ, an dem Polizeibehörden aus 16 Staaten beteiligt gewesen sein sollen. 20 Personen sollen in Untersuchungshaft genommen worden sein, denen u. a. Geldwäsche im großen Stil durch den Missbrauch im Kryptowährungshandel vorgeworfen wird. Eike Kühl schrieb in der ZEIT am 25.07.2020, „wo Betrug ist, da ist Bitcoin“. Nachvollziehbar und verständlich wurde dies anhand von Einzelbeispielen erläutert. Der zum Verlag Nürnberger Presse Druckhaus Nürnberg GmbH & Co. KG gehörende Onlinedienst nordbayern.de berichtete am 03.06.2020 von einem Bayreuther, der auf eine reißerischen Link hereingefallen sein soll und über 40.000 EUR durch „Bitcoin-Betrug“ verloren habe. Dabei sollen sich geschädigte Anleger auf einer gefälschten Webseite angemeldet haben und nur scheinbar mit Bitcoins oder anderen Kryptowährungen gehandelt haben. „Da sich aber der „kleine“ Geldanleger damit nicht“ auskenne, würde „dies über einen vermeintlich erfahrenen Börsenbroker abgewickelt, der mehrere Anleger betreut und dadurch das angelegte Geld sehr viel stärker hebeln könne“. Tatsächlich soll der Anleger nur dazu verführt worden sein an eine anonyme Adresse so viel Geld zu transferieren, welches er nicht wiedersah.

Wie sind die Berichte über Bitcoin oder Forex-Betrug einzuordnen?

Die Zunahme an Fällen im Bereich von Kryptowährungen und dem Devisenhandel rund um Forex Trading ist kein Zufall. Insbesondere die fortschreitende Digitalisierung der Finanzströme und die Anonymität des gewählten Blockchain-Geschäftes via Internet ist eben auch eine Einladung für Betrüger. Das gilt umso mehr, da etwa der Wert von Kryptowährung in Teilen derzeit einen Höhenflug erlebt. Noch Anfang des Jahres 2020 war der Kurs der auf Blockchain-Technologie basierenden Digitalwährung stark eingebrochen. Viele prognostizierten damals das Ende des Kryptowährungshypes, was sich bislang als Fehleinschätzung herausstellt.

Warum gibt es im digitalisierten Kapitalmarkt besonders viele Straftaten?

Überall dort, wo Zahlungen und Kapital fließt oder wo Kapital angelegt oder wo um Kapitalanlagen geworben wird, gibt es regelmäßig spektakuläre Strafverfahren. Davon ist kein Teilbereich des Kapitalmarktes ausgenommen. Selbst in einem Marktbereich, wo mit werthaltigen Immobilien gehandelt wird, gab und gibt es beispielsweise die sog. Schrott-Immobilienfälle, bei denen Immobilien zum sittenwidrig überteuerten Preis mit allerlei Tricks verkauft worden sind. Deshalb ist auch die Blockchain-Technologie nicht von strafrechtlich relevanten Fällen ausgenommen, sondern aus verschiedenen Gründen hierfür sogar besonders anfällig. Daraus kann allerdings zunächst nur geschlossen werden, dass sich die Kriminalität sehr geschickt an sich wechselnde Modeerscheinungen anpasst. Dies beschrieb bereits der Jurist Gustav Radbruch (1878-1949) in seinem posthum erschienenen Werk „Geschichte des Verbrechens“. Sein Befund trifft heute besonders auf Kapitalanlagebetrugsmodelle zu, die unter den Bedingungen von grenzüberschreitenden Zahlungsströmen und befördert von der Niedrigzinsphase im Gewand von „Bitcoin-Investition“ und im Devisenhandel rund um Forex Trading daherkommen. Das heißt aber eben nicht, dass sämtliche Broker, die Bitcoin-Trades, Forex-Trades etc. anbieten, per se unseriös sind und keiner regulierenden Finanzaufsicht unterliegen. Allerdings ist es für einen Laien schwierig, den seriösen von den unseriösen Anbieter zu unterscheiden.

Welche Bedeutung haben Kryptowährungen in der Kriminalität?

Kryptowährungen haben in der nationalen und internationalen Kriminalität eine hohe Bedeutung. Dies deshalb, da Kryptowährungen als dezentrale Währung, wie beispielsweise Bitcoins, unter Pseudonymen und eben auch frei von der Kontrolle einer zentralen Instanz direkt unter den Nutzern gehandelt werden können. Klassische Mittel der Regulierung und Strafverfolgung stoßen hier sehr schnell an ihre Grenzen.

Wie erwirbt man Kryptowährungen und wo stecken die Risiken?

Schon die Wege zum Kauf von Kryptowährungen sind sehr unterschiedlich. Wenn Sie sich für eine der vielen tausend Kryptowährungen entschieden haben, beispielsweise für Bitcoins, können Sie diese etwa auf einem Internet-Marktplatz erwerben. Die größte dieser Plattformen wird von der futurum bank AG aus Frankfurt unter der Handelsplattform bitcoin.de angeboten. Hierbei handelt es sich immerhin um eine in Deutschland ansässige Bank. Jeder Kunde durchläuft dabei einen regulären und banküblichen Verifizierungsprozess. Erst danach wird das Bitcoin-Konto freigeschaltet und mit einem regulären Bankkonto verbunden. Danach kann der Kunde Bitcoins kaufen und verkaufen. In Deutschland bietet u. a. auch die Fidor Bank AG ein Girokonto an, das direkt mit einem Wallet für Bitcoins verbunden werden kann. Daneben existiert aber auch die Möglichkeit des Kaufes über eine Bitcoin-Börse. Die bekanntesten Bitcoin-Börsen sind Binance (Malta), Kraken (San Francisco), Bitstamp (Luxemburg und London) und Paymium (Paris). Diese Börsen liegen ebenfalls außerhalb Deutschlands, so dass sich im Konfliktfall auch hier Fragen des anwendbaren Rechts stellen. Schließlich ist es möglich, Bitcoins außerhalb solcher Marktplätze direkt mit anderen zu handeln. Dann tauschen Käufer und Verkäufer genau den Betrag aus, den der Verkäufer anbietet. Das sich der Vertragspartner auf diesen gänzlich privaten Marktplätzen nicht legitimieren muss, besteht weder eine Garantie für die Identität, in der Regel besitzen geschädigte Vertragspartner noch nicht einmal eine ladungsfähige Anschrift und auch Fragen des anwendbaren Rechts sind oft ungeklärt.

Was ist der Unterschied zu der klassischen Welt der Finanztransaktion?

In der vertrauten, klassischen Welt der Finanztransaktion wird Geld mit Geldscheine, Münzen und Konten verwaltet. Ein Bankkonto kann zu einer natürlichen oder juristischen Person gehören, die aufgrund des geltenden Bankaufsichtsrechts über die Bank, bei der das Konto verwaltet wird, identifizierbar ist. Bei Kryptowährungen funktioniert dies völlig anders, als in dieser vertrauten, klassischen Welt. Hier sind Begrifflichkeiten, wie Schlüsselpaar, Signatur, Bitcoin, Mining, Blöcke und Blockchain von Bedeutung.

Wie verfolgbar sind Transaktionen von Kryptowährungen gegenwärtig?

Die Identifizierung des Vertragspartners bei der Transaktion von Kryptowährungen, wie Bitcoins, ist im Einzelfall nur sehr schwer möglich. Eine solche Transaktion unterscheidet sich zunächst von einer klassischen Banktransaktion. Die Folge ist, dass die Transaktionsparteien im Einzelfall nur schwer identifizierbar sein können. In den Fällen, in denen gar keine Bank an der Transaktion beteiligt ist, da Transaktionsparteien selbst Konten erzeugen und Bitcoins direkt untereinander handeln könne, ist der Missbrauch besonders erleichtert. Dieses Variante macht die Transaktion von Kryptowährungen von Anfang an auch für Kriminelle interessant. Die klassische Strafverfolgung stößt bei derartigen Transaktionen an ihre Grenzen, weil den Behörden in den dezentralen Systemen, anders als beim klassischen Girokonto, ein Ansprechpartner fehlt. Insofern können Kriminelle sich, wenn sie die Anonymität des Internets richtig nutzen, der Verfolgbarkeit der Strafverfolger entziehen.

Welche Schwierigkeiten können bestehen, wenn Banken an den Transaktionen beteiligt sind?

Ist etwa eine Bank zwischengeschaltet, tritt diese primär als Handelsplattform auf. Im Fall der Vertragsstörung stellt sich schon die Frage, ob und inwiefern die Bank als reine Handelsplattform hierfür in Anspruch genommen werden kann. Ein ganz anderes Problem besteht aber darin, dass die Mehrzahl der Banken, die den Kryptowährungshandel anbieten, gar keinen Sitz in Deutschland oder in Europa unterhalten, so dass sich im Konfliktfall auch Fragen des anwendbaren Rechts stellen. Kommt es hier zur Vertragsstörung kann der Kunde gezwungen sein, ggf. an einem fremden Sitz im Ausland nach dem dortigen Recht einen Prozess zu führen.

Welche Besonderheiten bestehen, wenn Nichtbanken an der Transaktion beteiligt sind?

Daneben tauchen Unternehmen auf, die überhaupt keine Bankzulassung besitzen, deren Herkunft und Identität Zweifelhaft ist und die den Kryptowährungshandel, vorzugsweise aus dem Ausland, anbieten. Genauso schnell wie sie auftreten, verschwinden sie auch regelmäßig wieder in den Weiten des Internets. Von der Nutzung derartiger Handelsplattformen ist generell abzuraten. Oft steckt dabei Betrug dahinter. Als Beispiel sei der Warnhinweis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genannt, die etwa am 07.01.2019 eine Warnung zu Bitcoin Revolution herausgab. Solche Warnhinweise lesen sich dann beispielsweise wie folgt: „Die BaFin weist darauf hin, dass sie Bitcoin Revolution keine Erlaubnis gemäß § 32 des Kreditwesengesetzes (KWG) zum Betreiben von Bankgeschäften oder Erbringen von Finanzdienstleistungen im Inland erteilt hat. Das Unternehmen untersteht nicht der Aufsicht der BaFin. Unter der anonym registrierten Domain (…) bietet Bitcoin Revolution in englischer Sprache eine App für den algorithmischen Handel mit Kryptowährungspaaren an. Das Unternehmen wirbt damit, es handle sich um ein exklusives Angebot für Trader in Deutschland. Investitionen seien ab 250 US-Dollar möglich. Das Unternehmen behauptet, der Handel erfolge mit einer Genauigkeit von 99,4%, die Programmierung der App sei die fortschrittlichste, die die Trading-Welt je gesehen habe. Die Software sei den Märkten um 0,01 Sekunden voraus. Das Unternehmen gibt weder seine Rechtsform noch seinen Sitz an.“

Das Problem des Geschädigten: Wen eigentlich in Anspruch nehmen?

In der Blockchain, d. h. der allen Kryptowährungen zugrundeliegenden Struktur, die ein öffentliches und dezentrales Register darstellt, in der jede Transaktion in Form eines kryptografischen Blocks eingetragen wird, kann man nachvollziehen, von welcher zufällig erstellten Bitcoin-Adresse, zu welchem Zeitpunkt welche Summe an eine andere Adresse überwiesen wurde. Allerdings gibt es keine Informationen darüber, wem die Adresse gehört oder wer auf sie Zugriff hat. Das macht Kryptowährungen, im Gegensatz zu traditionellen Bankkonten, grundsätzlich anonym. Aber eben auch transparent. Im Konfliktfall stellt sich für den geschädigten Vertragspartner allerdings die Frage, wenn er dann eigentlich in Anspruch nehmen will. Nicht selten kann er seinen Vertragspartner nicht einmal namentlich benennen, geschweige denn, kennt er eine ladungsfähige Anschrift.

Was ist ein „Krypto-Mixer“?

Ein Krypto-Mixer dient der Verschleierung von Transaktionswegen. Geschädigte von Kryptowährungsbetrugsfällen haben häufig Zahlungen in Vorleistung erbracht. Anhand der Blockchain kann man dann zwar nachvollziehen, an welche Adresse die die Bitcoin-Zahlungen der Opfer zunächst gingen. Von dort werden sie dann aber gerne in kleinere Summen aufgeteilt und über eine Vielzahl an weiteren Adressen hin- und hertransferiert. Ein Teil landet dann gerne bei Wettseiten und ähnlichen Angeboten und ein Teil wird gerne durch sogenannte Krypto-Mixer oder -Tumbler verschleiert. Dabei handelt es sich um Dienste, die gegen Gebühr Bitcoins aus mehreren Quellen erhalten, diese „durchmischen“ und wieder an neue Adressen überweisen. Mit dem Effekt, dass sich die Spur im Mixer verliert, weil man den Ursprung der Bitcoins nicht mehr nachvollziehen kann.

Was kann man im Schadensfall überhaupt tun?

Wer in Sachen Kryptowährungen oder Forex Trading einen Schaden erlitten hat, sollte, da die Fälle und die Erfolgsaussichten einer juristischen Vorgehensweise sehr unterschiedlich sind, sich zunächst an einen qualifizierten Fachanwalt seines Vertrauens wenden und sich bezüglich der Möglichkeiten im Rahmen einer Erstberatung qualifiziert beraten lassen.

Foto(s): Shutterstock


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