Das Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum

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Was bedeutet das Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum?

Das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) vom 19. Dezember 2013 bietet Gemeinden die Möglichkeit, Verordnungen zu erlassen, die die zweckfremde Nutzung von Wohnraum verbieten. Dahinter steht die Überlegung, dass die künstliche Verknappung von Wohnraum durch Anbieter von Kurzzeitmieten vor allem in Ballungsgebieten zum Problem geworden ist. Die Umsetzung des Gesetzes soll dieser Entwicklung entgegenwirken und ein ausreichendes Angebot an angemessenem Wohnraum für die Bevölkerung sicherstellen. Eigentümer und Mieter, die ihre Unterkunft als Kurzzeitmiete oder Ferienwohnung anbieten oder anders gewerblich nutzen möchten, benötigen für diese Zwecke nunmehr eine Genehmigung. Im Wesentlichen orientieren sich die Beispiele im folgenden Text an der aktuellen Regelung in der Bundeshauptstadt Berlin. Regionale Unterschiede sind somit möglich und müssen gesondert beachtet werden.

ZwEWG: Die Inhalte des Gesetzes im Überblick

Das Zweckentfremdungsverbot soll verhindern, dass in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt verfügbare Wohnungen zu anderen als zu Wohnzwecken auf den Markt gelangen. Parallel bestehende Regelungen wie Mietpreisbremsen und Wohnraumschutzgesetze bleiben davon unberührt. Ziel und Zweck des Gesetzes ist es, lokalen Wohnraummangel zurückzudrängen und die zweckwidrige Verwendung von Wohneinheiten weitgehend zu unterbinden.

Grundlage des Gesetzes bildet die Annahme, dass durch den seit einigen Jahren beobachteten starken Anstieg an Kurzzeitmieten – vor allem durch Internet-Vermittlungsplattformen wie Airbnb, 9flats.com und ähnliche – das Angebot an dauerhaft verfügbarem Wohnraum in gefragten Lagen drastisch reduziert wird. Der Mangel an Wohnraum führe in der Folge zu unverhältnismäßig hohen Mieten und stark steigenden Immobilienpreisen in den betroffenen Gemeinden. Um diese für Wohnungssuchende nachteiligen Entwicklungen zumindest teilweise abzufedern, hat der Gesetzgeber den Gemeinden mit dem Zweckentfremdungsverbot ein Instrumentarium zur Verfügung gestellt, mit dem sie notwendige Regulierungen treffen können. Umgesetzt wurden derartige Regulierungen zum Beispiel in Berlin und Hamburg, wo die Nachfrage nach erschwinglichem Wohnraum in den letzten Jahren extrem stark angestiegen ist.

Das Gesetz sieht vor, dass eine Verordnung nur dann zu erlassen ist, wenn ein drohender Wohnraummangel nicht in absehbarer Zeit durch andere Maßnahmen abgewendet werden kann. Insbesondere in Großstädten und Ballungsgebieten mit hohem studentischen Bevölkerungsanteil ist davon auszugehen, dass das der Fall ist.

Sowohl für Eigentümer als auch für Mieter ist es zunächst wichtig zu wissen, wann eine Zweckentfremdung von Wohnraum überhaupt vorliegt. Nicht jede Verwendung, die nicht ausschließlich zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses von Mieter oder Eigentümer dient, ist nämlich als zweckfremd zu werten. So ist eine kurzzeitige Vermietung oder Untervermietung, während der Wohnungseigentümer oder Mieter etwa zu beruflichen oder Ausbildungszwecken ortsabwesend sind, nicht als Zweckentfremdung zu betrachten. Ebenfalls ausgenommen sind in den meisten Regelungen die nur teilweise Vermietung oder Untervermietung der Wohnung, wenn der Mieter also auch selbst in der Wohnung wohnt, oder eine einmalige Vermietung während eines Urlaubs. Eine weitere Ausnahme von der Genehmigungspflicht besteht für den Fall, dass zeitaufwändige Sanierungen durchgeführt werden sollen, die eine zwischenzeitliche Nutzung zu Wohnzwecken nicht gestatten.

Als Zweckentfremdung von Wohnraum in Sinne des Gesetzes gelten dagegen insbesondere:

- ein länger als drei (früher: sechs Monate) andauernder Leerstand

- ein geplanter Abriss

- eine Verwendung oder Überlassung für überwiegend gewerbliche oder berufliche Zwecke

- eine bauliche Veränderung oder Nutzung, die den Wohnraum für die Verwendung zu Wohnzwecken ungeeignet macht

- die nicht nur vorübergehende gewerbliche oder gewerblich veranlasste Nutzung für Zwecke der Fremdenbeherbergung (zum Beispiel die Vermietung als Ferienwohnung).

Genehmigung Zweckentfremdung: Was zu beachten ist

Aus dem Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum Zweckentfremdungsgesetz ZwEWG ergeben sich somit unterschiedliche Konsequenzen für Eigentümer oder Mieter eines Wohnobjektes, die dieses zumindest für einen begrenzten Zeitraum anderweitig nutzen möchten.

Ausnahmen vom Verbot der Zweckentfremdung sind nämlich genehmigungspflichtig, soweit sie nicht unter die weiter oben angeführten Ausnahmen fallen. Eine Genehmigung kann vor allem dann erteilt werden, wenn es gelingt nachzuweisen, dass ein öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse an der zweckfremden Nutzung überwiegt, oder wenn durch das Bereitstellen eines angemessenen Ersatzwohnraumes ein Ausgleich zum Verlust des Wohnraumes geschaffen werden kann.

Der Antrag kann am zuständigen Bezirksamt – das ist jenes, in dessen Zuständigkeitsbereich das Wohnobjekt liegt, aber nicht zwingend das für den Hauptwohnsitz des Antragstellers zuständige – gestellt werden. Wer nicht genügend Erfahrung in behördlichen Angelegenheiten hat oder sich nicht sicher ist, welche Unterlagen für eine Genehmigung der Zweckentfremdung beizubringen sind, sollte sich an einen Rechtsanwalt wenden. Ein Anwalt kann schon vor Antragstellung abklären, wie hoch die Chancen auf Erfolg des Antrages stehen, sowie im Fall eines negativen Bescheides beratend zur Seite stehen und eventuelle Alternativen aufzeigen.

Mit 20.4.2018 traten außerdem einige Änderungen am Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum Zweckentfremdungsgesetz ZwEWG in Kraft. Im Wesentlichen enthält es nun folgende wichtige Neuerungen:

- das Zwangsmittel der Treuhändereinsetzung: Verfügungsberechtigte, die ihrer Verpflichtung zur Wiederherstellung des Wohnraumes nicht nachkommen, können nun mit einem zusätzlichen Rechtsmittel dazu gezwungen werden,

- die genehmigungsfreie Leerstandszeit wurde von sechs auf drei Monate verkürzt,

- ist ein Abriss geplant, muss gleichwertiger Ersatz geschaffen werden. Das bedeutet, dass der gängigen Praxis, günstigen Altbestand an Wohnraum abzureißen, um diesen durch aufwändig gestaltete, teure Eigentumswohnungen zu ersetzen, ein Riegel vorgeschoben wird.

Erleichterungen ergeben sich aber für Mieter oder Eigentümer, die die Wohnung selbst bewohnen und für kurze Zeit an Feriengäste vermieten wollen. Voraussetzung dafür ist eine vorhergehende Genehmigung und Anzeige beim Bezirksamt, das dann eine Registriernummer vergibt. Für sie gilt keine feste zeitliche Begrenzung, solange sie selbst ihren Hauptwohnsitz an der registrierten Adresse haben. Selbstverständlich ist dafür im Falle eines Mietverhältnisses auch weiterhin die Zustimmung des Eigentümers notwendig. Wird dies nicht beachtet, kann das zur Kündigung des Mietverhältnisses führen.

Für Zweitwohnsitze gilt auf jeden Fall eine abweichende Regelung: Die Verordnung erlaubt hier lediglich eine maximal 90-tägige Vermietung pro Kalenderjahr. Auch hier gibt es wieder eine Ausnahme: Werden nicht mehr als 49 % der Gesamtfläche der Wohnung als Ferienwohnung vermietet, ist eine behördliche Genehmigung nicht notwendig. Das betrifft vor allem das sogenannte „Home sharing”, also das Vermieten eines Zimmers inklusive Benutzung der Gemeinschaftsräume an Feriengäste, während der Vermieter selbst weiter in der Wohnung wohnt.

Genehmigungsfrei ist auch eine langfristige Untervermietung einer Wohnung, wenn der Eigentümer zustimmt: In diesem Fall handelt es sich ohnehin um keine Zweckentfremdung, da die Wohnung ja nach wie vor zu Wohnzwecken genutzt wird. Problematisch könnte allenfalls eine Teilnutzung zu gewerblichen Zwecken durch den Untermieter sein: Wer hier auf Nummer sichergehen und keine Kündigung oder ein Bußgeld riskieren will, sollte sich zur Absicherung am besten noch vor Vertragsabschluss an einen Rechtsanwalt wenden.

Genehmigung Zweckentfremdung: Beratung durch Rechtsanwalt ist vorteilhaft

Die Beratung durch einen Anwalt kann schließlich auch hilfreich sein, wenn es darum geht, festzustellen, was unter „öffentlichem Interesse” beziehungsweise unter „schutzwürdigem privaten Interesse” eigentlich zu verstehen ist. Das Gesetz sagt dazu, dass vorwiegend öffentliches Interesse an einer zweckfremden Nutzung von Wohnraum in der Regel dann besteht, wenn wichtige Versorgungsinteressen der Bevölkerung sonst gefährdet wären. Dabei kann es sich zum Beispiel um die Errichtung von sozialen Einrichtungen oder um die Verwendung von Räumlichkeiten für erzieherische oder ausbildungsrelevante Zwecke handeln. Auch bei einer Nutzung für Gesundheits-, Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen kann grundsätzlich von öffentlichem Interesse ausgegangen werden.

Überwiegend schutzwürdige private Interessen sind jedenfalls gegeben, wenn:

- die wirtschaftliche Existenz durch Verbot der Zweckentfremdung gefährdet wäre

- der Wohnraum nicht mehr erhaltungswürdig ist

- der Hauptwohnsitz nur in Zeiten der Abwesenheit zu anderen Zwecken verwendet wird, sonst aber dort weiterhin der Lebensmittelpunkt begründet ist.

Vor allem im ersten Fall ist die Genehmigung Abwägungssache – es liegen der Schutzzweck des Gesetzes gegen wichtige persönliche Umstände auf der Waagschale – und wird jedenfalls nur auf drei Jahre befristet erteilt. 

Sollten Sie hierzu Fragen haben, nehmen Sie gerne unverbindlich mit uns Kontakt auf.



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