Der Abfindungsrechner

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Zum Thema Abfindungsrechner finden sich zahlreiche Meinungen im Internet und den Printmedien. Die einen meinen, damit zielsicher die Ihnen zustehende oder die zu zahlende Abfindung berechnen zu können. Die anderen belächeln diese „Rechenschieber“ eher als Hokuspokus denn als juristisches Hilfsmittel. Die Wahrheit liegt hier, wie so oft, in der Mitte und hängt ganz entscheidend vom jeweiligen Einzelfall ab.

 

1. Anspruch auf Abfindung?

Zunächst ist einmal für den konkreten Einzelfall zu klären, ob denn überhaupt ein Abfindungsanspruch besteht. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass bei einer jeden betriebsbedingten Kündigung der Arbeitgeber eine Abfindung an den Arbeitnehmer zu zahlen hat. Eine solche allgemeingültige Anspruchsgrundlage findet sich in den Gesetzen derzeit nicht. Was sich im Gesetz findet ist § 1a KSchG (Kündigungsschutzgesetz), welcher dem (und nur dem) Arbeitgeber die Möglichkeit bietet, dem Arbeitnehmer bei Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung von 0,5 Bruttomonatsgehältern anzubieten, wenn dieser die dreiwöchige Klagefrist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage, ohne eine solche zu erheben, verstreichen lässt. Hieraus lässt sich jedoch kein durchsetzbarer Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Erhalt einer Abfindung bei Ausspruch einer Kündigung aus betrieblichen Gründen herleiten. Der Gesetzeswortlaut ist so eindeutig, dass hier auch keine Auslegung darüber hinweghilft.

Ein echter, gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erhalt einer Abfindung bei Ausspruch einer Kündigung kann sich zum Beispiel aus Betriebsvereinbarungen, Sozialplänen und Interessenausgleichen sowie Tarifverträgen oder einer vom Arbeitgeber ausgelobten Gesamtzusage ergeben.

Die wohl allermeisten Abfindungen entstehen erfahrungsgemäß, ohne dass hierfür eine der voranstehend benannten Anspruchsgrundlagen tatsächlich existiert, im außergerichtlichen oder gerichtlichen Verfahren, den Verhandlungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bzw. deren Rechtsanwälten, nach Ausspruch einer Kündigung über deren Rechtswirksam- bzw. Rechtsunwirksamkeit.

 

2. Höhe der Abfindung

Die Höhe der Abfindung ist regelmäßig abhängig vom voraussichtlichen Ausgang des jeweiligen Kündigungsschutzprozesses bzw. der hypothetischen Wahrscheinlichkeit bei Annahme, dass das Arbeitsverhältnis gekündigt wird und der Arbeitnehmer klagt. Insofern werden die nachfolgenden Überlegungen zur Berechnung der Höhe einer Abfindung auch im Falle der Vereinbarung über einen Aufhebungsvertrag gleichermaßen angestellt.

 In der Praxis hat sich eingebürgert, dass bei relativ ungewissem Ausgang der Faktor 0,5 zur Berechnung der Abfindung herangezogen wird. Dann werden je nach Obsiegens- bzw. Unterliegenswahrscheinlichkeit hierauf Ab- oder Zuschläge gemacht. Konkret bedeutet dies, dass bei ungewissem Ausgang des Prozesses die verhandelnden Parteien zumeist von folgender Formel zur Berechnung der Abfindung ausgehen:

 

Berechnung einer Abfindung:

Bruttomonatsgehalt x Beschäftigungsjahre x 0,5 = Abfindungszahlung brutto

 

Das und ob für eine solch simple, überschlägige Berechnung eines ersten Verhandlungsansatzes es eines gesonderten „Abfindungsrechners“ bedarf, mag dahingestellt sein. Offensichtlich ist aber für jeden aufmerksamen Leser erkennbar, dass eine so berechnete Abfindung in den allermeisten Fällen nicht den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles entspricht und damit zwar als Orientierung für den Auftakt der Beendigungs- oder Vergleichsverhandlungen dienen kann, keinesfalls jedoch ein verbindliches oder gar immer sachgerechtes Ergebnis für die erst noch zu führenden Vergleichsverhandlungen aufzeigen wird.

 

Fazit:  Im Ergebnis ist es wie mit jedem Werkzeug: Es kommt darauf an, wer es benutzt und wie befähigt der Nutzer ist.

 

Sprechen Sie uns gern an, wenn Ihnen gekündigt wurde, Sie Fragen zu einer möglichen Abfindung haben oder gern wissen möchten, welche Wege sich im Rahmen einer Kündigungsschutzklage eröffnen.


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