Der Handelsvertreter in Österreich: Was darf er? Welche Rechte stehen ihm zu?

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Handelsvertreter (auch Handelsagenten genannt) sind eine verbreitete Einrichtung in Österreich. Hier erfahren Sie, welche Regeln für Handelsvertreter gelten und was Sie beachten müssen.

Was genau ist eigentlich ein Handelsvertreter?

Die Aufgabe eines Handelsvertreters ist es, für andere Unternehmen (Auftraggeber) Geschäfte zu vermitteln. Häufig vertritt so ein Handelsvertreter dabei nicht nur ein Unternehmen, sondern gleich mehrere. 

Dies macht zum Beispiel dann viel Sinn, wenn der Handelsvertreter gute Kontakte in einer bestimmten Branche hat und die von ihm vertretenen Unternehmen einander ergänzende Produkte anbieten.

Ein Handelsvertreter kann sowohl eine natürliche Person sein als auch eine juristische Person (z. B. GesmbH).

Die wichtigsten Merkmale eines Handelsvertreters nach österreichischem Recht sind die folgenden:

  • Selbständigkeit: Der Handelsvertreter ist ein selbständiger Unternehmer.
  • Abschluss der Geschäfte im fremden Namen: Der Handelsvertreter ist kein Wiederverkäufer, sondern er handelt im Namen des Auftraggebers, den er vertritt.
  • Regelmäßigkeit und Intensität: Der Handelsvertreter hat die ständige Vertretung eines (oder mehrerer) Unternehmen übernommen. Im Gegensatz zum Handelsmakler oder sonstigen Vermittler ist seine Tätigkeit also regelmäßig und beschränkt sich nicht auf das gelegentliche Zuspielen von Namen potenzieller Kunden. Der Handelsvertreter deckt üblicherweise den Großteil des Verkaufszyklus ab, das heißt, er erstellt Angebote, verhandelt Preise und Konditionen, erstellt Umsatzplanungen und ist die erste Anlaufstelle für Kunden bei allen Fragen zum Produkt und dem von ihm vertretenen Unternehmen.
  • Provision: Der Handelsvertreter erhält vom Auftraggeber, den er vertritt, für die Vermittlung und den Abschluss von Geschäften eine Provision. Ein Gehalt steht dem Handelsvertreter (im Gegensatz zum angestellten Verkäufer) nicht zu.

Wie wird man Handelsvertreter?

Um eine Vereinbarung betreffend eine Handelsvertretung abzuschließen, ist keine besondere Form erforderlich.

Solch eine Vereinbarung kann also mündlich oder schriftlich erfolgen. Allerdings empfiehlt es sich immer, Verträge mit weitreichenden Folgen schriftlich und unter Hinzuziehung eines entsprechend spezialisierten Rechtsanwaltes abzufassen – damit lassen sich spätere Probleme und unterschiedliche Interpretationen der Vereinbarung vermeiden.

Grundsätzlich wird aber jemand zum Handelsvertreter, sobald ihn ein Unternehmen mit der ständigen Vermittlung von Geschäften beauftragt und dafür eine Provision in Aussicht stellt.

Diese Vereinbarung unterliegt dann automatisch dem österreichischen Handelsvertretergesetz (HVertrG), auch wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart wurde. Für Dinge, die nicht im Handelsvertretergesetz geregelt sind, gilt weiterhin das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB).

Welche Rechte und Pflichten hat der Handelsvertreter?

Die Pflichten des Handelsvertreters ergeben sich aus dem oben beschriebenen Aufgabenbereich: Er muss das Unternehmen gegenüber Kunden und Interessenten vertreten, und zwar regelmäßig und nachhaltig.

Die Zuständigkeit des Handelsvertreters kann dabei auf eine bestimmte Region oder eine bestimmte Gruppe von Kunden beschränkt sein, verbunden mit einer entsprechenden Exklusivität. Wichtig ist dabei, dass für den Handelsvertreter die Interessen seines Auftraggebers im Vordergrund stehen und dass er dessen Anordnungen befolgt. Schließlich ist es ja der Auftraggeber, der den Handelsvertreter bezahlt. 

Daraus ergeben sich auch Informationspflichten über wesentliche Ereignisse und natürlich über Geschäfte, die der Handelsvertreter im Namen seines Auftraggebers abgeschlossen hat. Auch zur Verschwiegenheit ist ein Handelsvertreter verpflichtet.

Im Gegenzug hat der Handelsvertreter nicht nur das Recht auf die Zahlung der Provision, sondern er hat auch das Recht, Einblick in die maßgeblichen Unterlagen (Buchhaltung) zu nehmen, um die Richtigkeit der Provisionsberechnung kontrollieren zu können.

Auch kann ein Handelsvertreter erwarten, dass der Auftraggeber ihn mit den nötigen Informationen und Unterlagen versorgt und so unterstützt, dass der Handelsvertreter seine Tätigkeit gut vorbereitet und geschult ausüben kann (Unterstützungspflicht).

Wie endet das Vertragsverhältnis zwischen Handelsvertreter und Auftraggeber?

Wie bei anderen Verträgen gibt es auch hier mehrere Möglichkeiten, wie der Vertrag enden kann:

  • durch Ablauf der Frist bei einem zeitlich befristeten Vertrag
  • durch ordentliche Kündigung zum Ende eines Kalendermonats (außer etwas anderes wurde ausdrücklich vereinbart)
  • durch vorzeitige Auflösung aus einem wichtigen Grund
  • Konkurs des Auftraggebers
  • durch einvernehmliche Auflösung des Vertrages

Bei der ordentlichen Kündigung ist zu beachten, dass laut Handelsvertretergesetz im ersten Jahr der Vertrag nur mit einmonatiger Kündigungsfrist beendet werden kann. 

Diese Frist wird umso länger, je länger der Vertrag bestanden hat. Diese Fristen sind im Gesetz festgelegt und können auch nicht im Vertrag zu Ungunsten des Handelsvertreters geändert werden. Dadurch will der Gesetzgeber den Handelsvertreter vor unvorteilhaften Vereinbarungen schützen.

Punkte, die häufig zu Diskussionen führen

In der Praxis sind es zwei Themenbereiche, die am häufigsten zu Disputen führen können und daher besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.

Die Provision

Hier geht es darum, was die Berechnungsgrundlage für die Provision darstellt. Sind es die Geschäfte, die der Handelsvertreter selbst angebahnt und abgeschlossen hat? Oder sind es alle Umsätze, die im Gebiet des Handelsvertreters angefallen sind, auch wenn er selbst nicht am Abschluss beteiligt war? 

Grundsätzlich sind beide Szenarien möglich. Aber im Zweifelsfall sieht das Handelsvertretergesetz vor, dass dem Handelsvertreter die Provision auch für solche Geschäfte zusteht, die ohne seine direkte Mitwirkung in seinem Gebiet bzw. mit den ihm zugeordneten Kunden zustande gekommen sind.

Auch die Frage der Bemessungsgrundlage stellt sich immer wieder. Werden Skonti, Rabatte oder Zuschüsse vor der Berechnung der Provision von den Umsätzen abgezogen oder nicht? Oder ist die Bemessungsgrundlage der Gewinn (Deckungsbeitrag) und nicht der Umsatz? Auch progressive oder degressive Provisionsregelungen (die Provision steigt oder sinkt mit dem Gesamtvolumen) sind möglich.

Der Ausgleichsanspruch

Bei einer Beendigung des Vertrages zwischen Handelsvertreter und Auftraggeber taucht regelmäßig die Frage nach dem Ausgleichsanspruch auf.

Dabei geht es darum, inwieweit dem Handelsvertreter ein Anspruch darauf zusteht, über das Vertragsende hinaus vom Auftraggeber Geld zu bekommen. Die Logik dahinter ist, dass der Handelsvertreter unter Umständen über lange Zeit einen Kundenstock aufgebaut hat, und es daher unfair wäre, ihn an dem dadurch für seinen Auftraggeber generierten ökonomischen Vorteil nicht teilhaben zu lassen. 

Wie hoch der Ausgleichsanspruch im Einzelfall ist, hängt von mehreren Faktoren ab, deren Erörterung hier zu weit gehen würde. Bei diesbezüglichen Fragen wenden Sie sich am besten an einen auf diesem Gebiet erfahrenen Anwalt bzw. unter https://www.law-experts.at/handelsvertreter-handelsvertretergesetz.

Zusammenfassend gilt auch beim Thema Handelsvertreter: Die rechtzeitige kompetente Beratung vermeidet spätere Probleme und damit verbundene hohe Kosten.



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