Der KFZ-Finanzierungs-Widerrufsjoker

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Zu den aktuellen BGH-Urteilen vom 27.10.2020

Aufgrund zweier jüngst veröffentlichter  Urteile des BGH vom 27.10.2020 (Az. XI ZR 498/19 und XI ZR 525/19)   haben sich die Erfolgsaussichten für den Widerruf von Kfz-Darlehensverträgen deutlich erhöht.

Unzulässigkeit der Kaskadenverweisung

Diese Aussage gründet maßgeblich darauf, dass sich der BGH nunmehr -  jedenfalls für den Bereich von Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen  - dem Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 26.03.2020 (EuGH C-66/19) zur Unzulässigkeit der sogen. Kaskadenerweisung gebeugt hat. Der BGH folgt nunmehr der Auffassung des EuGH, wonach  die sog. Kaskadenverweisung

„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“,

dem Transparenzgebot widerspricht. Dies hat zur Konsequenz, dass eine derartige Widerrufsbelehrung, die sich  in nahezu der Gesamtheit aller ab dem 11.06.2010 abgeschlossenen PKW-Finanzierungsverträge finden lässt, die 14-tägige Widerrufsfrist nicht in Lauf setzt.

Wegfall des Musterschutzes bei Belehrung über nicht abgeschlossene verbundene Verträge

Damit hängt die Widerrufbarkeit von KFZ-Finanzierungsverträgen (Kredit- und Leasigverträgen)  nunmehr entscheidend davon ab, ob sich das betroffenen Kreditinstitut auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Verwendung der sogen. Musterbelehrung berufen kann. Dies aber – das ist der 2. Kernpunkt der  jüngsten BGH-Entscheidungen – ist dann nicht der Fall, wenn die Widerrufsinformation über die Rechtfolgen des Widerrufs im Falle der Verbindung des Finanzierungsvertrags mit weiteren Verträgen (insbesondere einer Restschuldversicherung bzw. eines Kreditschuldbriefes) belehrt, ein solcher verbundener Vertrag im Sinne von § 358 BGB aber im Einzelfall gar nicht abgeschlossen worden ist. Im Falle einer derartigen, auf den Einzelfall nicht zutreffenden „Sammelbelehrung“, die von zahlreichen PKW-Finanzierungsbanken verwendet wird, liegt laut BGH eine unzulässige Abweichung von den Vorgaben der Musterbelehrung vor, die den Vertrauensschutz entfallen lässt.

Betroffene Kreditfinanzierer

Die neue BGH-Rechtsprechung führt im Ergebnis dazu, dass zahlreiche Verträge etwa der VW Bank (auch agierend als AUDI oder SEAT Bank), der Santander Consumer Bank, der FCA Bank (Fiat, Chrysler) der RCA Bank (Renault)  sowie der Opel Bank, der Audi Bank,   der Commerzbank, Auto Europa, der Targo Bank und  der Bank 11 auch noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt widerrufen werden können.

Rechtliche und finanzielle Konsequenzen des Widerrufs von Autofinanzierungsverträgen

Verbraucher, die ein Auto über eine Kredit- oder Leasingfinanzierung erworben haben,  können im Falle eines wirksamen Widerrufes des PKW-Finanzierungsvertrags das kreditfinanzierte Fahrzeug an den Verkäufer zurückgeben. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen abgasmanipulierten Diesel oder ein Fahrzeug mit Benzinmotor handelt. Ebenso wenig von Belang ist, ob der Erwerb eines Neufahrzeugs oder der Kauf eines Gebraucht-Kfz finanziert wird. Da es sich beim gemeinsam abgeschlossenen Kauf- und Kreditvertrag um ein sogen. Verbundgeschäft gem. § 358 BGB handelt, wird zusammen mit dem Kreditwiderruf auch der Kaufvertrag rückabgewickelt. Der Verbraucher gibt sein Auto zurück und erhält im Gegenzug seine Anzahlung und seine Raten zurück. Die Bank hat demgegenüber einen Anspruch auf den Sollzins für die Zeit ab Auszahlung des Kreditbetrages bis zum Widerruf sowie einen Wertersatzanspruch gegen den Käufer. Aus der Differenz der wechselseitigen Ansprüche errechnet sich der finanzielle Nutzen des KFZ-Käufers aus dem Widerruf.

Bemessung des Wertersatzes

Der Wertverlust bemisst sich laut BGH nach der Vergleichswertmethode. Danach hat der Käufer die Differenz zwischen dem Verkehrswert des finanzierten Fahrzeugs bei Abschluss des Darlehensvertrags und dem Verkehrswert des Fahrzeugs bei dessen Rückgabe an den Darlehensgeber zu ersetzen. Die bislang von den Gerichten bei der Bemessung zugrunde gelegte  Wertverzehrmethode nach der Formel „Gefahrene Kilo­meter / voraussichtliche Gesamt­lauf­leistung" ist damit nicht mehr anwendbar.

Kostenlose Erstberatung 

Meine Kanzlei bietet im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung eine Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Widerrufs. Für eine Prüfung wird der betroffene PKW-Finanzierungsvertrag benötigt. Unterlagen können per E-Mail (ra-dr-kroells@email.de), Fax (040-880 981 55) oder Post zur Prüfung eingereicht werden.

 

 

 

 

 

 


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