Der Sinn von Schutzschirmverfahren gemäß § 270 b InsO in der Corona-Krise

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Galeria Karstadt Kaufhof kämpft in der Corona-Krise ums Überleben. Jede Woche hat Karstadt Kaufhof 80 Millionen Euro weniger Umsatz, aber weiter erhebliche, laufende Kosten, die Karstadt Kaufhof jetzt nicht vollständig stoppen oder abwälzen kann. Am 1.4.2020 hat Karstadt Kaufhof ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung beantragt, vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3.4.2020, S. 22.

Das Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO) ist eine besondere Verfahrensart im deutschen Insolvenzrecht. Es verbindet die vorläufige Eigenverwaltung mit dem Ziel der frühzeitigen Vorlage eines Insolvenzplan, um hierdurch eine Sanierung des Unternehmens zu erleichtern. 

Ein großer Vorteil des Verfahrens ist es, dass das Unternehmen selbst das Heft des Handelns in der Hand behalten kann. Dieses Verfahren eignet sich nicht, wenn bereits die Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist.

Das Schutzschirmverfahren wurde zum 1. März 2012 durch das ESUG in die InsO aufgenommen, wobei das Gesetz zum Teil auf einer EU-Verordnung aus dem Jahre 2000 basiert. Die Eigenverwaltung hat in größeren Insolvenzen eine Bedeutung gespielt, das Schutzschirmverfahren hat jedoch bis zur Corona-Krise in der Praxis keine nennenswerte Rolle gespielt.

Um das Schutzschirmverfahren in Anspruch nehmen zu können, bedarf es einer frühzeitigen Antragstellung und einer fundierten Begründung durch das Unternehmen. Hauptkriterien sind die Liquidität des Unternehmens und die grundsätzliche Aussicht auf eine erfolgreiche Sanierung.

Als wesentlicher Unterschied zum regulären Insolvenzverfahren oder zur normalen Eigenverwaltung ist der Sachwalter im Schutzschirmverfahren vom Unternehmen weitgehend frei wählbar. Eine Ablehnung durch das Gericht kann nur aufgrund einer mangelnden Eignung erfolgen, beispielsweise bei fehlender Unabhängigkeit oder völlig fehlender Erfahrung.

Jetzt kann das Schutzschirmverfahren in Zeiten des Covid-19 bei der Sanierung und dem Vermeiden von Haftungsrisiken der Geschäftsleitung eine neue wichtige Rolle spielen.

Vorbereitungsphase 

Vorbereitung – vor Einleitung des Schutzschirmverfahrens – dauert je nach Größe des Unternehmens Wochen oder Monate. 

  • 1. Erfassung der Ursachen der Krise 
  • 2. Prüfung der Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit des Unternehmens. Dazu Erstellung eines Sanierungskonzepts: Definition der Maßnahmen, die geeignet sind, diese Krisenursachen zu beseitigen. 
  • 3. Prüfung der Chancen, Vorteile und Risiken eines Schutzschirm-/Insolvenzplanverfahrens 
  • 4. Prüfung der Finanzbarkeit und der Finanzierungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Gefahr der Kündigung der Kreditlinie durch die Hausbank wegen Verschlechterung der Bonität.
  • 5. Suche nach einem insolvenzrechtlich erfahrenen Sanierungsgeschäftsführer (CRO), der neben dem bisherigen Geschäftsführer sich um die insolvenzrechtlichen Besonderheiten kümmert.
  • 6. Start mit Ausarbeitung des Insolvenzplanes 
  • 7. Suche und Auswahl eines geeigneten Sachwalters
  • 8. Erstellung der Bescheinigung durch insolvenzrechtlich versierten Fachmann über Grundvoraussetzungen eines Schutzschirmverfahrens nach § 270b (1) S.3 InsO. Nur bei drohender Zahlungsunfähigkeit ist das Schutzschirmverfahren zulässig, nicht wenn Sanierung offensichtlich aussichtslos ist.

Der eigentliche Start ins Verfahren setzt dann drei Anträge voraus:

1. Eröffnungsantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit

2. Antrag auf Eigenverwaltung 

3. Antrag auf Bestimmung einer Frist zur Vorlage eines Insolvenzplanes

Der Schuldner hat mit dem Antrag eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts vorzulegen, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.

Die Sanierung mittels Schutzschirmverfahrens bedarf der Unterstützung ausgebildeter Spezialisten mit vielfältigen Kenntnissen und Fähigkeiten. Nutzen Sie zum Beispiel die Spezialkenntnisse von Fachanwälten für Insolvenzrecht.


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