Der Widerruf des Werkvertrages – Arbeit ohne Lohn

  • 3 Minuten Lesezeit

Verbrauchern steht gegenüber Unternehmern regelmäßig ein Widerrufsrecht zu, wenn sie beispielsweise Waren im Fernabsatz erwerben. Das Widerrufsrecht erfüllt eine Schutzfunktion. Der Verbraucher soll Ware, die er im Vorfeld nicht in den Händen gehalten hat, testen können und sich nötigenfalls noch vom Vertrag lösen können. Der Verbraucher soll auch in Situationen geschützt werden, in denen er vom Unternehmer überrumpelt und damit zum Vertragsschluss gedrängt wird. Eine solche Situation ist allgemein bekannt unter dem Stichwort „Haustürgeschäft“.

Im Jahr 2014 wurde der Verbraucherschutz dahingehend erweitert, dass der Verbraucher bei Vertragsabschlüssen geschützt werden soll, welche „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden.“ 

Problemlage: 

Oftmals wird der Verbraucherschutz unbemerkt in alltäglichen Geschäftsanbahnungen ausgelöst. Solch eine Situation ist leicht zu beschreiben: Ein Kunde ruft den Handwerksbetrieb zu sich, dieser prüft die baulichen Gegebenheiten und die erforderlichen Baumaßnahmen. Im Nachgang wird dem Kunden ein schriftliches Angebot übermittelt, welches er unterzeichnet und damit den Handwerksbetrieb beauftragt. Der Handwerker führt die Arbeiten ordnungsgemäß beim Kunden aus. Nach Fertigstellung des Werkes widerruft der Kunde den Werkvertrag und weigert sich entweder zur Zahlung des Werklohns oder fordert den bereits geleisteten Werklohn zurück

 Rechtslage: 

Hat der Handwerker den Verbraucher vor dem Vertragsabschluss nicht über sein Widerrufsrecht belehrt, entscheidet die Rechtsprechung in der Regel zu Gunsten des Kunden.

In einer bekannten Entscheidung des Landgericht Stuttgart, AZ: 23 O 47/16, wurde beispielsweise ein Dachdecker nach vollständiger Leistungserbringung dazu verurteilt, den bereits erhaltenen Werklohn für das vollständige Decken eines Daches über circa 36.000,00 € an den Kunden zurückzuzahlen. Der Dachdecker hatte, trotz ordnungsgemäßer und vollständiger Erbringung seiner Werkleistung keinen Ersatz oder Vergütungsanspruch gegen den Verbraucher.

Mit Urteil vom 30.08.2018 – AZ: VII ZR 243/17 – entschied der Bundesgerichtshof einen vergleichbaren Fall ebenfalls zu Lasten des Handwerkers.

 Umfang des Widerrufrechtes: 

Das Widerrufsrecht gilt für Geschäfte die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden. Es entsteht unabhängig davon, ob der Unternehmer erst auf Bestellung des Verbrauchers bei diesem erschienen ist, beziehungsweise auf wessen Initiative der Vertragsabschluss erfolgte.

Hat der Unternehmer den Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt, kann dieser noch für den Zeitraum von etwas über einem Jahr den Widerruf gegenüber dem Unternehmer erklären.

Hat der Unternehmer jedoch ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt, steht dem Verbraucher der Widerruf nur für 14 Tage nach Vertragsschluss zu.

Nur in bestimmten Ausnahmesituationen besteht das Widerrufsrecht nicht:

  • Wenn der Auftrag auf die Herstellung und Lieferung einer Ware gerichtet ist, die individuell nach Kundenwünschen hergestellt werden oder speziell auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind (nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshof gilt diese Ausnahme nur für Kaufverträge und Werklieferungsverträge, nicht jedoch für reine Werkverträge),
  • wenn der Kunde den Handwerker ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungenn vorzunehmen, zum Beispiel einen Rohrbruch oder einen Heizungsausfall zu reparieren,
  • wenn die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40,00 € nicht übersteigt.

 Handlungsempfehlung: 

In jedem Fall sollte der Unternehmer den Verbraucher über dessen Widerrufsrecht schriftlich belehren. Dies dient der Nachweisbarkeit im Streitfall.

Damit der Handwerker mit der Ausführung seiner Tätigkeit nicht erst 14 Tage lang warten muss, hat der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung vorgesehen nach der das Widerrufsrecht des Verbrauchers infolge einer ordnungsgemäßen Belehrung erlischt, wenn der Unternehme die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert (§ 356 Abs. 4 Satz 1 BGB).

Dieses Ergebnis kann mittels eines entsprechenden Formulars, welches dem Kunden zusammen mit dem Auftrag übersandt wird, erreicht werden.

Für weitergehende Fragen und die praktische Umsetzung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Thomas Thielmann

Beiträge zum Thema