Die Aufteilung des Vermögens bei einer Scheidung in Österreich: Güterstand & Vermögensaufteilung

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Die Aufteilung des Vermögens bei einer Scheidung

Scheidungen sind nicht nur auf einer persönlichen Ebene unangenehm, sondern sie werfen regelmäßig auch Fragen betreffend Vermögensteilung auf. Hier finden Sie einen Überblick über die wichtigsten Punkte, die zu beachten sind.

Die erste Frage, die vor jeder Vermögensteilung im Rahmen einer Scheidung zu klären ist, betrifft den Güterstand: Welcher Güterstand galt während der Ehe (bzw. Lebenspartnerschaft)? Galt der gesetzliche Güterstand, oder hatten die Ehegatten etwas anderes vereinbart?

Der gesetzliche Güterstand

In Österreich ist der gesetzliche Güterstand – also der Güterstand, der bei Fehlen einer anderslautenden Vereinbarung gilt – die Gütertrennung.

Bei der Gütertrennung behält jeder Ehepartner sein eigenes Vermögen. Dies betrifft sowohl Güter, die in die Ehe mitgebracht wurden, als auch Güter, die während der Ehe erworben wurden.

Die Ehepartner haben die Möglichkeit, – bei der Eheschließung oder auch später – einen anderen Güterstand zu vereinbaren. Zur Wahl stehen hier die

  • Gütergemeinschaft, bei der die Ehepartner ihre Vermögen zusammenlegen und gleichermaßen über das Vermögen verfügen können;
  • Zugewinngemeinschaft, bei der das vor der Ehe erworbene Vermögen getrennt bleibt, aber das in der Ehe erworbene Vermögen gemeinsam besessen wird;
  • modifizierte Zugewinngemeinschaft, bei der zum Beispiel gewisse Vermögensgegenstände aus dem Zugewinn ausgeklammert werden können.

Die Wahl eines anderen als des gesetzlichen Güterstandes kann zum Beispiel steuerliche Vorteile haben.

Vom gesetzlichen Güterstand abweichende Regelungen müssen notariell beglaubigt sein, um eine entsprechende fachliche Beratung der Ehepartner vor der Unterzeichnung eines wichtigen Vertrages sicherzustellen.

Wie wird das Vermögen bei einer Scheidung aufgeteilt?

Im Falle der Gütertrennung werden gemäß § 81 EheG (Ehegesetz) bei einer Scheidung die während der Ehe geschaffenen Vermögenswerte aufgeteilt. Das formale Eigentum an einem Vermögenswert (z.B. auf wen ein Sparbuch lautet) spielt dabei keine Rolle.

Es entsteht ein Ausgleichsanspruch des einen Ehegatten gegen den anderen, durch den der Vermögenszuwachs während der Ehe möglichst gerecht verteilt werden soll.

Der Hintergrund für den Ausgleichsanspruch ist, dass auch ein nicht berufstätiger Ehepartner Anteil am Vermögen haben soll, welches der berufstätige Ehepartner während der Ehe erworben hat. Denn – so die Annahme – der nicht berufstätige Ehepartner führt typischerweise den Haushalt, kümmert sich um die Kinder usw. und hält somit dem berufstätigen Ehepartner „den Rücken frei“, so dass sich dieser auf das Geldverdienen konzentrieren kann.

Vermögenswerte, die ein Ehepartner während der Ehe durch Schenkung oder Erbschaft erhalten hat, werden nicht für die Berechnung des Ausgleichsanspruches herangezogen, weil nur das Vermögen geteilt werden soll, das gemeinsam während der Ehe geschaffen wurde.

Beim Vermögen, das der Aufteilung im Rahmen einer Scheidung unterliegt, unterscheidet man:

  • eheliches Gebrauchsvermögen
  • Ersparnisse

Zum ehelichen Gebrauchsvermögen zählt alles, was von den Ehegatten während der Ehe gemeinsam genutzt wurde. Das ist typischerweise der Hausrat, also Möbel, Geschirr, Auto, aber auch die Ehewohnung oder ein gemeinsam genutztes Wochenendhaus.

Unter die Kategorie Ersparnisse fallen Sparbücher, Bankkonten, Wertpapiere, Grundstücke (die als Wertanlage erworben wurden) und natürlich auch Bargeld, sofern diese Werte während der Ehe geschaffen wurden. Auch Rechte fallen unter diese Kategorie der Ersparnisse, wenn sie finanziell verwertbar sind, wie dies z. B. bei Fruchtgenussrechten der Fall ist.

Die gerichtliche Vermögensaufteilung

Grundsätzlich sollten sich die Ehepartner untereinander einigen, wer bei der Scheidung welche Vermögenswerte bekommt. So heißt es in § 85 EheG: „Soweit sich die Ehegatten über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse nicht einigen, hat hierüber auf Antrag das Gericht zu entscheiden.“ Das Gericht (zuständig sind die Bezirksgerichte) wird also nur auf Antrag tätig.

Allerdings kommt es in der Praxis regelmäßig zu Auseinandersetzungen zwischen den Ehepartnern – speziell dann, wenn ein Ehepartner größere Vermögenswerte (wie zum Beispiel Immobilien) bereits in die Ehe mitgebracht hatte. Hat zum Beispiel das in die Ehe mitgebrachte Haus des einen Ehegatten durch die Arbeit (Renovierung) des anderen Ehegatten an Wert gewonnen hat, so gebührt diesem ein Anteil am Wertzuwachs des Hauses.

Die Aufteilung eines über viele Jahre gewachsenen Vermögens kann sehr komplex sein und ein Gericht intensiv beschäftigen. Der Richter soll sich gemäß § 83 Abs. 1 S. 1 EheG bei der Entscheidungsfindung vom Grundsatz der Billigkeit leiten lassen. Es soll am Schluss eine Aufteilung des Vermögens erfolgen, die für beide Ehegatten ausgeglichen ist. Insbesondere soll vermieden werden, dass einer der ehemaligen Ehepartner nach der Scheidung seinen bisherigen Lebensstandard übermäßig stark reduzieren muss.

Wer in die Situation kommt, im Rahmen einer Scheidung das Vermögen aufzuteilen, der sollte, auch wenn er den Gang zu Gericht vermeiden möchte, auf jeden Fall einen erfahrenen Anwalt zu Rate ziehen. Dieser klärt über die Rechte und Pflichten auf und berät, wie dieser Lebensabschnitt am besten und ohne Komplikationen abgeschlossen werden kann.


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