Die ökonomische Selbständigkeit des volljährigen Kindes gemäss der neulichen Rechtsprechung

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Eine neuliche Entscheidung des italienischen Kassationsgerichtshofs (die Nr. 17183/2020)  hat zu wesentlichen Änderungen in der rechtlichen Auswertung des Art. 337-septies des italienischen BGB gebracht.

Die besagte Bestimmung bezieht sich auf die Möglichkeit des Richters, dem volljährigen Kind eines Ehepaars einen bestimmten Unterhaltsbeitrag bis zu seiner vollständigen ökonomischen Unabhängigkeit zuzuteilen.

Nach der früheren Legitimationsrechtsprechung lag nämlich die schwere Beweislast in bezug auf die erfolgte ökonomische Unabhängigkeit des volljährigen Kindes auf die Eltern, denen es oft schwerfiel zu beweisen, dass ihr erwachsenes Kind in der Tat z.B. seine Studien nicht fleißig durchführte oder keine Arbeit suchte, auch auf Grund des Datenschutzgesetzes

Nach der neulichen Rechtsprechung steht hingegen dem volljährigen Kind die Beweislast zu, den Nachweis seiner Versuche, eine sich gemäß ihren Studien und Neigungen richtende Arbeit vergebens gesucht zu haben und demzufolge einen durchsetzbaren Anspruch auf Zuteilung eines Beitrags zu seinem Unterhalt von einem oder beiden Elternteilen zu erhalten.

Die besagte Rechtsprechung ist besonders wichtig in der italienischen Rechtsprechung, weil sie das Prinzip der Selbstverantwortung des Kindes und der Mangel an Automatismus in der Zuteilung eines Unterhaltbeitrags von den Eltern festgesetzt hat.

Auch hat dasselbe Urteil festgesetzt, dass  die Arbeitsfähigkeit eines volljährigen Kindes über dem Alter von 30 Jahren vermutet werden muss, es sein denn, dass dasselbe an nachgewiesenen Defiziten leidet.

Die ökonomische Unabhängigkeit des erwachsenen Kindes soll nach dieser Rechtsprechung in allen Fällen vorhanden sein, bei denen das Kind im Stande ist, mit einem eigenen Einkommen seine primären Bedürfnisse zu befriedigen, d.h. ein würdiges Leben zu führen.

Bei einem Antrag auf Unterhalt der Eltern seitens eines volljährigen Kindes soll also der Richter im Einzelfall und nach seinem freien Ermessen erwägen, ob die vorigen Voraussetzungen gemäß dem Beweis desselben vorhanden sind oder nicht.

Sollte das nicht der Fall sein, könnte das Kind selbst als „schuldig“ und nichterfüllend betrachtet werden, da er seinen Pflichten zum Beitrag  der zusammenlebenden Familie nicht nachkommt.

Andererseits hat die italienische Rechtsprechung hervorgehoben, dass den Eltern keine übermäßig belastenden Unterhaltspflichten zugunsten der volljährigen Kinder ohne Berücksichtigung ihrer individuellen ökonomischen Situation zugeteilt werden können.


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