Die Verwechselungsgefahr im Markenrecht – Identität und Ähnlichkeit von Marken

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Allgemeines zum Markenschutz

Gemäß § 14 Abs. 1 MarkenG gewährt der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 MarkenG dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht. Dritten ist es nach § 14 Abs. 2 MarkenG untersagt, ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt. Es ist weiterhin untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder einer Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht.

Wer ein Zeichen entgegen dieser Vorschrift benutzt, kann gemäß § 14 Abs. 5 S. 1 MarkenG von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke nach § 14 Abs. 6 S. 1 MarkenG zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Gemäß §§ 18 Abs. 1 S. 1, 19 Abs. 1 MarkenG kann der Inhaber einer Marke den Verletzer bei Rechtsverstößen auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen widerrechtlich gekennzeichneten Waren und unter anderem auf unverzügliche Auskunft über den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Markenidentität/Identische Zeichen

Zeichen sind nur dann identisch, wenn sie ohne Änderung oder Hinzufügung alle Elemente gegenseitig wiedergeben, die die Marke bilden oder wenn es als Ganzes betrachtet Unterschiede zwischen den beiden Zeichen gibt, die so geringfügig sind, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können (EuGH-Urteil vom 08.07.2010, C – 558/08).

Mögliche Ähnlichkeit von Marken/Allgemeine Grundsätze

Entscheidend ist bei eventuellen Markenkollisionen nicht selten die Frage, ob wegen der Ähnlichkeit der Marken oder der Ähnlichkeit der durch die Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das eine Zeichen mit der anderen Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Sehr häufig geht es also bei Markenstreitigkeiten im Kern darum, ob zwischen den Marken Verwechslungsgefahr besteht.

Das Vorliegen einer möglichen Verwechslungsgefahr beim Publikum ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände umfassend zu beurteilen, unter anderem im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsempfängern der Waren oder Dienstleistungen zusammensetzen (EuGH-Urteil vom 25.06.2015 – C 147/14). Diese Beurteilung umfasst einen Vergleich der Marke und der Zeichen in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente der Marke und der Zeichen zu berücksichtigen sind (EuGH-Urteil vom 22.09.2016 – C 223/15). Sie impliziert eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Dienstleistungen (EuGH-Urteil vom 03.09.2014 – C 509/13; EuGH-Urteil vom 12.05.2016 – T 775/14). Die Verwechslungsgefahr ist umso größer, je größer sich die Kennzeichnungskraft darstellt (EuGH-Urteil vom 18.07.2013 – C 252/12).

Die Lösungsansätze der Rechtsprechung

Da gesetzliche Erläuterungen hierzu fehlen, hat die Rechtsprechung eine Vielzahl von Beurteilungsgrundsätzen und hilfsweisen Erfahrungssätzen entwickelt. Zusätzlich gelten Besonderheiten für die verschiedenen Markenarten und Kollisionsfälle. In der Rechtsprechung hat sich dazu ein Geflecht von Richtlinien herausgebildet, wie ein Ähnlichkeitsvergleich zwischen Marken vorzunehmen ist.

Zeichenähnlichkeit kann, wie gesagt, unter drei Aspekten bestehen, nämlich

a) klangliche Ähnlichkeit,

b) bildliche, also visuelle Ähnlichkeit und

c) Ähnlichkeit über Deutungsgehalt (Bedeutung der Begriffe).

In der Rechtsprechung ist nicht eindeutig geklärt, in welchem Verhältnis diese drei Wahrnehmungsbereiche zueinanderstehen. In jedem Fall sind bei der Ähnlichkeitsbeurteilung die sich gegenüberstehenden Marken jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen.

Im Rahmen der Feststellung, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, ist eine streng schematische Betrachtung nicht möglich. Stattdessen müssen alle relevanten Umstände des Einzelfalls Beachtung finden. Dies ermöglicht zwar ausgewogene Einzelfallergebnisse, hat aber auch zu umfangreicher und zum Teil unübersichtlicher Rechtsprechung geführt.

Verwechslungsgefahr lässt sich nicht durch empirische Umfragen oder Sachverständigengutachten beweisen, sondern sie muss in einem Gerichtsverfahren vom Richter anhand bestimmter Kriterien festgestellt werden.

Die rechtliche Bewertung, ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist eine Prognoseentscheidung. Daher ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob anhand der festgestellten Tatsachen objektiv die Gefahr einer (zukünftigen) Verwechslung der betreffenden Marke gegeben ist. Nicht erforderlich ist, dass es tatsächlich schon zu Verwechslungen gekommen ist.

Beim Markenvergleich ist zudem zu beachten, dass der Durchschnittsverbraucher oft nicht beide Marken vor sich hat, sondern nur eine, die er mit seiner unvollkommenen Erinnerung von der anderen Marke vergleicht.

Um insgesamt Zeichenähnlichkeit feststellen zu können, genügt es den deutschen Gerichten in der Regel bereits, dass sich die Marken in nur einem der drei Aspekte ähneln. In diesem Fall ist es dann grundsätzlich egal, wenn unter den anderen beiden Aspekten keinerlei Ähnlichkeit besteht (BGH-Beschluss vom 14.01.2016, Az. I ZP 56/14). Die Europäischen Gerichte tendieren hingegen dazu, zwischen den verschiedenen Wahrnehmungsbereichen eine Wechselwirkung anzunehmen, wonach hohe Ähnlichkeit in einem Bereich durch geringe Ähnlichkeit in einem anderen ausgeglichen werden kann (EuGH-Urteil vom 13.09.2007, Az. C 234/06).

Diese Unschärfe eröffnet in Rechtsstreitigkeiten ggfls. Argumentationsspielraum, führt aber gleichzeitig zu Rechtsunsicherheit, was die Prognose von Gerichtsentscheidungen erschwert.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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