Erben und Vererben in der Türkei – häufige Fragen (Teil 2)

  • 3 Minuten Lesezeit

1. Können Ausländer in der Türkei Erben sein?

Ja. Nach türkischem Erbrecht werden Ausländer in Bezug auf die Erbschaft mit türkischen Staatsangehörigen gleichgesetzt.

2. Können Kinder, die nicht im Personenstandsregister registriert sind, Erben werden?

Nein. Sie können faktisch keine Erben werden, da sie nicht im Erbschein erscheinen werden. Aus diesem Grund sollte man sich an das Standesamt wenden und die Korrektur der Registrierung im Familienbuch beantragen. Im Falle, dass das Standesamt den Antrag ablehnt, muss eine Klage auf Korrektur der Registrierung im Familienbuch vor den türkischen Gerichten erhoben, dadurch das Familienbuchregister korrigiert und der Erbschein erhalten werden. Mit der Erhebung dieser Klage können gleichzeitig einstweilige Sicherungsmaßnahmen an Gütern getroffen, um Rechtsverluste zu verhindern.

3. Können uneheliche Kinder Erben sein?

Ja. In der Türkei sind uneheliche Kinder ebenso erbberechtigt wie eheliche Kinder. Entscheidend ist hierbei, dass das uneheliche Kind im Familienbuch des Erblassers beim Standesamt schon vorher registriert ist. Wenn es nicht bereits registriert ist, muss durch Erhebung einer Klage nachgewiesen werden, dass es das Kind des Erblassers ist.

4. Ich hatte keinen Kontakt mit meinem Erblasser, kann ich eine zuverlässige Erbrecherche (Nachlassrecherche) in der ganzen Türkei durchführen lassen?

Ja. Da das Grundbuch für die gesamte Türkei öffentlich zugänglich ist, kann eine Immobilienabfrage zentral und unproblematisch durch einen Anwalt schnell und einfach durchgeführt  werden. Die Durchführung einer Recherche bei der Bank ist nicht so einfach wie beim Grundbuchamt. Um bei Banken  Recherchen durchführen zu können, muss man sich wegen dem Datenschutz mit dem Erbschein an die Bank wenden. In einigen komplexen Fällen kann es auch nützlich sein, eine Nachlassfeststellungsklage zur Feststellung des Nachlassumfangs vor Gericht zu erheben.

5. Ist der im Ausland (Deutschland) erhaltene Erbschein auch in der Türkei gültig?

Ein solcher Erbschein kann theoretisch zur Abhebung der Gelder in den Banken in der Türkei (bewegliche Sachen) verwendet werden. Dafür genügt es, wenn der Erbschein durch das Amt des Landes, in dem er ausgestellt wurde, mit einer Überbeglaubigung namens Apostille versehen ist.

Im Falle des Vorhandenseins von Immobilien (unbewegliche Sachen) kann der aus dem Ausland erhaltene Erbschein in der Türkei jedoch nicht verwendet werden. In einem solchen Fall muss ein neuer Erbschein von den türkischen Gerichten ausgestellt werden.

Es sollte an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass in der Praxis auch für Bankgeschäfte der Erbschein aus der Türkei verwendet wird, da dies unproblematischer vonstattengeht.

6. Kann ich den Erbschein einzeln beantragen? Muss ich mit anderen Erben gemeinsam handeln?

Jeder Erbe kann den Erbschein alleine beantragen und erhalten. Auf Antrag eines der Erben beim Amtsgericht oder beim Notar, wenn alle Beteiligten türkische Staatsbürger sind, wird die zuständige Behörde (Gericht oder Notar) die Erben anhand der Aufzeichnungen des Standesamts bestimmen. Anschließend wird ein Erbschein ausgestellt und dem beantragenden Erben ausgehändigt.

7. Gibt es eine Situation, die ausländische Staatsangehörige daran hindert, die geerbten Immobilien zu übernehmen?

Ausländische Staatsbürger wie Inländer können ihre ganze Erbschaft erhalten, nachdem sie ihre Erbschaftssteuererklärungen abgegeben und diesbezügliche Steuern gezahlt haben. Ausländer können in der Regel die in der Türkei geerbten Grundbesitze, Immobilien auf ihren Namen registrieren lassen. Auf jeden Fall wird es kein Problem geben, wenn eine Immobilie, die zuvor einem Ausländer gehörte, auf einen anderen Ausländer übergeht bzw. übertragen wird. Nur in seltenen Fällen können bestimmte ortsbedingte Einschränkungen geben. In solchen Fällen kann man durch anwaltliche Betreuung die Probleme überwinden.

8. In welchen Fällen und auf welche Weise kann die Erbschaft ausgeschlagen werden? Welchen Fristen unterliegt die Ausschlagung der Erbschaft?

Nach türkischem Erbrecht erfolgt die Ausschlagung der Erbschaft in zwei Formen. Im ersten Fall ist der Erbe eindeutig überschuldet und es wird davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen (abgelehnt) haben. In einem solchen Fall müssen die Erben nichts tun. Im zweiten Fall müssen die Erben sich an das zuständige Amtsgericht an dem Ort wenden, an dem der Erblasser zuletzt gewohnt hat, um die Erbschaft auszuschlagen. Hierzu haben die Erben eine gesetzliche Ausschlagungsfrist von 3 Monaten nach dem Tod des Erblassers oder von 3 Monaten ab Kenntnisnahme, dass sie Erben sind.

9. Muss ich für Erbschaftsformalitäten in die Türkei kommen oder vor Gericht erscheinen?

Nein. Die Person, die in der Türkei erbt, muss für Erbschaftsformalitäten weder in die Türkei kommen noch vor Gericht erscheinen. Sämtliche Vorgänge können mit notarieller Vollmacht durch einen Anwalt in der Türkei erledigt werden.

Dr. Fatih Dogan (LL.M.-Freiburg)
Rechtsanwalt 

Stand 05.06.2020 


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