EuGH: Widerrufsmöglichkeit bei Darlehensverträgen

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Nach einem aktuellen Urteil des europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26.03.2020 dürften bestimmte Widerrufsinformationen, die in zahlreichen Verbraucherdarlehensverträgen, wie z.B. Immobiliendarlehensverträge sowie Autokredit- und Leasingverträge privater Haushalte, enthalten sind, nicht mit europäischem Recht in Einklang stehen. Darlehensnehmer sind in diesen Fällen von ihrer Bank nicht wirksam über das ihnen zustehende Widerrufsrecht informiert worden, so dass ein Widerruf des Vertrags selbst heute noch möglich ist.

Die vom EuGH beanstandete Formulierung in der vertraglichen Widerrufsbelehrung lautet: „… Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem Sie alle Pflichtangaben nach §§ 492 Abs. 2 BGB erhalten haben….


Das Urteil des EuGH ordnet eine solche "Kaskadenverweisung" im Rahmen der Widerrufsbelehrung als einen Verstoß gegen EU-Recht ein. Das Gericht hat entschieden, dass zu den notwendigen Informationen zum Widerrufsrecht die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist gehören und es nicht ausreicht, wenn auf eine nationale Vorschrift verwiesen wird, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweist.


Nach Auffassung des EuGH können Darlehensverträge, die zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 geschlossen wurden und eine entsprechende Widerrufsbelehrung mit „Kaskadenverweisung" enthalten, auch weit nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist widerrufen werden. Das Widerrufsrecht ist nicht erloschen.


Bei einem erfolgreichen Widerruf kann man dann aus einem aktuell laufenden Vertrag aussteigen, um beispielsweise umzuschulden und dadurch von niedrigeren Zinsen profitieren oder einen verbundenen Vertrag (beispielsweise bei einem finanzierten Autokauf) rückabzuwickeln.


Allerdings ist zu beachten, dass diese aktuelle Rechtsprechung des EuGH der bisher herrschenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) widerspricht.Der BGH hatte in einer Entscheidung vom 22.11.2016 die oben zitierte Formulierung in der Widerrufsbelehrung für wirksam erklärt. Damit konnten Verbraucher bei solchen Verträgen keinen Widerruf mehr einlegen. Wie sich die Rechtslage nach diesen konträren Rechtsauffassungen des EuGH und des BGH entwickeln wird, ist derzeit offen. In einer ersten Entscheidung vom 31.03.2020 (Az. XI ZR 581/18) hat der BGH sich gegen eine Anwendung des EuGH-Urteils bei Immobiliendarlehen ausgesprochen, da diese Verträge nicht dem Regelungsumfang der dem EuGH-Urteil zugrunde liegenden europäischen Verbraucherkreditrichtlinie unterlägen. Damit können nur die nationalen Regelungen berücksichtigt werden. Ob der BGH diese Linie halten kann und ob der EuGH dazu noch einmal entscheiden wird bzw. das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sich auch noch mit der Sache beschäftigen wird, ist derzeit völlig unklar. Abzuwarten bleibt auch, wie die unterinstanzlichen deutschen Gerichte nun entscheiden.


Auch wenn das EuGH Urteil vom 26.3.2020 damit nicht eindeutige Rechtsklarheit schafft, ändert dies nichts daran, dass Darlehensverträge ab dem Zeitraum vom 11.06.2010 nach wie vor in großem Umfange fehlerhaft und deshalb widerrufbar sein können.

Käme für Sie gegebenenfalls der Widerruf eines Darlehensvertrages in Betracht? Setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Wir werden eine realistische Einschätzung abgeben, um möglichst zeitnah ökonomisch sinnvolle Lösungen zu erreichen und dabei etwaige Risiken zu minimieren.


Rechtsanwalt Veit J. Rößger

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für Versicherungsrecht

Rechtsanwälte Zeilinger Rosenschon Fiebig Rößger in Regensburg


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