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Die fahrlässige Tötung im Strafrecht

  • 5 Minuten Lesezeit

Experten-Autor dieses Themas

Fahrlässige Tötung: gesetzliche Regelung

Die fahrlässige Tötung ist in § 222 Strafgesetzbuch (StGB) gesetzlich geregelt und wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet. Bestraft wird hier die Tötung einer anderen Person durch Fahrlässigkeit.

Unter Fahrlässigkeit versteht man das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (vgl. § 15 StGB und § 276 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) bei objektiver Vorhersehbarkeit des Eintritts des Todes. Damit unterscheidet sich die fahrlässige Tötung auch vom Totschlag gemäß § 212 StGB, der (Tötungs-)Vorsatz voraussetzt. Fahrlässigkeit verlangt also immer einen Pflichtwidrigkeitszusammenhang. Es ist sich somit immer die Frage zu stellen, ob der Tod auch unter Einhaltung der Sorgfaltspflicht eingetreten wäre. Weiterhin wird im Strafrecht zwischen bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit und Leichtfertigkeit unterschieden.

Unbewusste und bewusste Fahrlässigkeit

Die unbewusste Fahrlässigkeit definiert sich dadurch, dass der Handelnde die Verwirklichung eines Straftatbestandes (subjektiv) nicht voraussieht. Allerdings hätte er unter Berücksichtigung der ihm im Verkehr erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt die Tötung voraussehen und verhindern können. Ihm wäre es nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten objektiv möglich gewesen, dies zu erkennen.

Bei der bewussten Fahrlässigkeit hingegen rechnet der Handelnde mit einer möglichen Tötung, glaubt aber pflichtwidrig und in verwerflicher Weise, dass sie nicht eintreten wird. Dies ist in der Praxis äußerst problematisch, da sich regelmäßig Abgrenzungsprobleme zum Eventualvorsatz ergeben. 

Beim Eventualvorsatz (sogenannter Dolus eventualis) hält der Täter den Taterfolg zumindest für möglich und nimmt ihn billigend in Kauf (Billigkeitstheorie). Beim Eventualvorsatz denkt sich der Täter somit: „na, wenn schon“, wohingegen sich der Handelnde bei der bewussten Fahrlässigkeit denkt: „wird schon gut gehen“ (Frank’sche Formel).  

Für die Tatbestandsverwirklichung ist es irrelevant, welche Form der Fahrlässigkeit der Täter aufweist. Dies spielt lediglich eine Rolle in der Strafzumessung des Einzelfalls.

Leichtfertigkeit

Nach allgemeiner Ansicht versteht man unter der „Leichtfertigkeit“ einen besonders schweren Verstoß gegen die Verkehrssorgfaltspflicht. Der Handelnde setzt sich in außerordentlich verwerflichem Maße über die gebotene Sorgfaltspflicht und Sicherheit hinweg. Es handelt sich laut OLG München um „einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, die nahe an den Vorsatz grenzt und nicht nur bei bewusster, sondern auch bei unbewusster Fahrlässigkeit vorliegen kann“ (Urteil vom 15.02.2011, Az.: 4 StRR 167/10).

Auch hier ist im Einzelfall auf die Problematik des Eventualvorsatzes einzugehen. Zwar ist die Leichtfertigkeit „nur“ die Steigerung der einfachen Fahrlässigkeit, jedoch stellt die erhebliche Außerachtlassung der Verkehrssorgfaltspflicht zumindest den Anschein eines möglichen Eventualvorsatzes dar.

Beispiele für Tatbestände, in denen Leichtfertigkeit vorausgesetzt wird, sind unter anderem: 

  • Preisgabe von Staatsgeheimnissen gem. § 97 Absatz 2 StGB

  • Unterlassen der Anzeige geplanter Straftaten gem. § 138 Absatz 3 StGB; 

  • Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge gem. § 178 StGB

  • Schwangerschaftsabbruch mit Todesfolge der Schwangeren gem. § 218 Absatz 2 StGB; 

  • Erpresserischer Menschenraub mit Todesfolge gem. § 239a Absatz 3 StGB; 

  • Geldwäsche gem. § 261 Absatz 5 StGB; 

  • Subventionsbetrug gem. § 264 Absatz 4 StGB; 

  • Brandstiftung mit Todesfolge gem. § 306c StGB

  • Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer mit Todesfolge gem. § 316a Absatz 3 StGB; 

  • Leichtfertige Steuerverkürzung gem. § 378 AO (Abgabenordnung). 

Fahrlässige Tötung als fahrlässiges Begehungsdelikt

Gemäß § 15 StGB kann Fahrlässigkeit nur bestraft werden, wenn das Gesetz dafür ausdrücklich eine Strafe vorgesehen hat. § 222 StGB stellt eine solche Norm dar.

Im Unterschied zu den Vorsatzdelikten gibt es auch keine Versuchsstrafbarkeit. Das ergibt sich bereits daraus, dass der Täter im Falle der Fahrlässigkeit gar keinen Vorsatz hat und damit auch keinen Tatentschluss fassen beziehungsweise umsetzen kann. 

Außerdem ist bei Fahrlässigkeitsdelikten eine Teilnahme ausgeschlossen. Anstiftung (§ 26 StGB) und Beihilfe (§ 27 StGB) setzen eine rechtswidrige und vorsätzlich begangene Haupttat voraus. Diese vorsätzliche Tat ist bei Fahrlässigkeit gerade nicht gegeben. 

Auch die fahrlässige Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB gibt es nicht. Eine Mittäterschaft setzt ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (also Vorsatz) der Täter voraus.

Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr

Regelmäßig steht bei Unfällen im Straßenverkehr mit Todesopfern gegenüber dem Kfz-Führer der Schuldvorwurf der fahrlässigen Tötung im Raum. Im Straßenverkehr wird in vielen Gesetzen eine sichere Teilnahme vorausgesetzt. Jeder Teilnehmer muss auf mögliche Ereignisse kurzfristig reagieren können. Beispiele hierfür sind Kinder an einer Ampel, die sich mit der Straßenverkehrsordnung und den Regeln noch nicht so gut auskennen. Oder aber auch der Verzicht auf Drogen und Alkoholeinfluss, da diese die Reaktionszeit mindern und Wahrnehmung verändern können. Drogen- und Alkoholeinfluss wirken sich in der Regel strafschärfend aus, da man hier von einer groben Fahrlässigkeit (Zivilrecht) beziehungsweise Leichtfertigkeit (Strafrecht) spricht.

Daher muss auch bei jedem tödlichen Unfall individuell entschieden werden, ob es sich wirklich um eine fahrlässige Tötung handelt oder ob der Tod auch bei pflichtgemäßem und verkehrssicherem Verhalten eingetreten wäre.

Weiterhin ist zu beachten, wie sich der Unfallverursacher nach dem Unfall verhält. Ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Fahrerflucht beziehungsweise Unfallflucht) ist ein eigener Straftatbestand und kann sich strafschärfend auf die fahrlässige Tötung beziehungsweise die Gesamtstrafe auswirken.

Fahrlässige Tötung durch Unterlassen

Im Falle einer fahrlässigen Tötung durch Unterlassen ist relevant, ob die Folgen des Unterlassens in der maßgeblichen Handlung beziehungsweise Situation des Unterlassenden hätten vorhergesehen werden können. Der Eintritt des Todes dürfte gerade nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegen, sondern hätte allgemein vorhersehbar gewesen sein müssen. Wichtig ist außerdem, dass nicht die einzelnen Umstände für den Täter vorhersehbar waren, sondern nur der allgemeine Gesamtverlauf.

Verjährung bei fahrlässiger Tötung

Die fahrlässige Tötung verjährt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach fünf Jahren. Die Verjährung beginnt gemäß § 79 StGB mit Beendigung der Tat beziehungsweise des Taterfolges, sofern dieser später eintritt.

Wie verhalte ich mich bei dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung?

Nach einem Unfall, bei dem Sie einen anderen fahrlässig getötet haben, sollten Sie vorerst keine Angaben gegenüber der Polizei machen. Wenden Sie sich direkt an einen Anwalt, bevor Sie gegenüber der Polizei aussagen oder Angaben in einem Anhörungsbogen machen.

Sollten Sie eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhalten, wenden Sie sich auch hier direkt an einen im Verkehrsrecht beziehungsweise Strafrecht spezialisierten Anwalt. Dieser kann mit Ihnen das weitere Vorgehen besprechen und Ihnen mitteilen, wie Sie sich zu verhalten haben.

Foto(s): ©Adobe Stock/Sebra

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