Fallstricke des Arbeitsrechts durch Corona für den Arbeitgeber: Rechtliche Besonderheiten der Kurzarbeit

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Viele Unternehmen haben seit Beginn der Corona-Pandemie die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld genutzt, um somit erheblichen Kosten sparen und zugleich auf Kündigungen verzichten zu können. Jedoch sollten Arbeitgeber sich nicht zu früh freuen. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Kurzarbeit sind oft unter hohem Zeitdruck geschaffen worden. Die Arbeitsagenturen waren meist nur zu einer oberflächlichen Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen in der Lage. Die Bescheide sind daher regelmäßig unter dem Vorbehalt einer späteren Prüfung ergangen. Um demnach eine ordnungsgemäße Abwicklung zu erzielen und Rückforderungen und eventuelle Strafbarkeiten zu vermeiden, sind daher folgende Fallstricke der Kurzarbeit zu beachten.


Kurzarbeit im Wesentlichen

Kurzarbeit kann bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) beantragt werden, um kurzfristige finanzielle Notlagen eines Unternehmens zu kompensieren. Dabei erhalten Arbeitnehmer in den ersten drei Monaten grundsätzlich 60 Prozent des Netto-Entgelts als Kurzarbeitergeld. Ab dem vierten Monat kann der Betrag auf 70 Prozent und ab dem siebten Monat auf 80 Prozent erhöht werden. Die Bundesagentur für Arbeit erstattet dem Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld sowie die Sozialversicherungsbeträge abzüglich der Arbeitslosenversicherung.


Voraussetzung der Kurzarbeit

Für die Beantragung von Kurzarbeitergeld ist ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall erforderlich, der etwa durch ein unabwendbares Ereignis wie die Corona-Pandemie verursacht wird. Konkret müssen dabei mindestens 10 Prozent der Beschäftigten einen Entgeltausfall von mehr als zehn Prozent aufweisen. Sodann muss die zuständige Agentur für Arbeit über den Arbeitsausfall informiert werden. Weiterhin müssen sogenannte Leistungsanträge gestellt werden. Diese sind für jeden Kalendermonat der Kurzarbeit jeweils nachträglich bei der zuständigen Arbeitsagentur einzureichen, spätestens innerhalb von drei Monaten. Wird ansonsten nach drei Monaten oder mehr Kurzarbeit wieder erforderlich, müssen Arbeitgeber den Arbeitsausfall erneut anzeigen. 

Wichtig zu wissen und zu beachten ist, dass für die Leistungsanträge nicht immer die Arbeitsagentur zuständig ist, bei der die Anzeige des Arbeitsausfalls zu erfolgen hat. Grundsätzlich müssen Arbeitgeber den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit anzeigen, in deren Bezirk der jeweilige Betrieb seinen Sitz hat. Der Leistungsantrag hingegen ist bei der Agentur für Arbeit zu stellen, in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt. Diese unterschiedlichen Zuständigkeiten sind also gerade für Unternehmen mit mehreren Betrieben und einer zentralen Lohnbuchhaltung relevant. Dasselbe gilt für Unternehmensgruppen, bei denen die Lohnbuchhaltung für die Gruppengesellschaften zentralisiert erfolgt.


Leistungsanträge und entsprechende Risiken

Die Feststellung der Höhe des zu erstattenden Kurzarbeitergeldes sowie der zu erstattenden Sozialversicherungsbeiträge erfolgt auf Grundlage der Leistungsanträge. In dessen Rahmen sind detaillierte Angaben zur Anzahl der von Kurzarbeit betroffenen Mitarbeiter sowie zum Umfang des tatsächlich eingetretenen Arbeits- und Entgeltausfalls zu machen. Außerdem muss der Arbeitgeber das Vorliegen zahlreicher für den Bezug von Kurzarbeitergeld relevanten Umstände belegen. Zu diesen Umständen zählt insbesondere, dass der geltend gemachte Entgelt- und Arbeitsausfall lediglich und allein auf den in der Anzeige angegebenen durch die Corona-Pandemie bedingten Gründen beruht und das Kurzarbeitergeld nur für Mitarbeiter beantragt wird, die die Anforderungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld erfüllen. 

Für Arbeitgeber ist an dieser Stelle daher vollumfänglich zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld im Einzelfall tatsächlich vorliegen. Werden nämlich insofern falsche Angaben gemacht, droht nicht nur einer Rückforderung des Kurzarbeitergeld, sondern im schlimmsten Fall auch strafrechtliche Konsequenzen wie die Erfüllung des Straftatbestandes des Betruges oder des Subventionsbetruges. Für diese Sanktionen käme keine andere Person als die des Arbeitgebers bzw. für diesen handelnde Personen in Betracht. Darüber hinaus droht bei einer späteren Rückabwicklung der Kurzarbeit erhebliche Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern nebst entsprechender Säumniszuschläge sowie die Geltendmachung von Verzugslohnansprüchen durch Mitarbeiter, bei denen die Voraussetzungen für Kurzarbeit entgegen der ursprünglichen Erwartung doch nicht gegeben waren. 


Tipps für die Vorbereitung und Erstellung der Leistungsanträge

Zunächst sollten Arbeitgeber eindeutig und verständlich dokumentieren, dass die im jeweiligen Abrechnungszeitraum eingetretenen Arbeits- und Entgeltausfälle auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind und es sich nicht um typische - beispielsweise saisonbedingte oder durch das allgemeine Betriebsrisiko bedingte - Turbulenzen handelt. Sollten hierbei auf Planungen für das laufende Jahr abgestellt werden, ist es zu empfehlen, einen Vergleich mit dem Geschäftsverlauf des Vorjahres vorzunehmen. 

Des Weiteren muss für jeden im Leistungsantrag genannten Mitarbeiter eine wirksame Rechtsgrundlage für die Anordnung der Kurzarbeit vorliegen. Sofern kollektivrechtliche Rechtsgrundlagen (beispielsweise ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung) bestehen, ist zu prüfen, ob der Mitarbeiter tatsächlich vom Geltungsbereich der jeweiligen Regelung erfasst wird. Dies ist insbesondere bei außertariflichen Mitarbeiter bzw. leitenden Angestellten im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes nicht der Fall. 

Besonders wichtig ist außerdem, dass die während des Kurzarbeitszeitraums tatsächlich geleisteten und vom Arbeitgeber zu vergütenden Arbeitsstunden lückenlos und nachweisbar dokumentiert werden. Die Höhe des sich aus der tatsächlichen Arbeitsleistung ergebenden Ist-Entgelts hat nämlich unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe des Entgeltausfalls und damit auf die Höhe des Kurzarbeitergeldes. Sollte es allerdings in den einzelnen Abrechnungszeiträumen zu Abweichungen von dem ursprünglich angezeigten Arbeitsausfall kommen, wenn also bei einzelnen Mitarbeitern ein höherer oder geringerer Arbeitsausfall eintritt, so ist dies unschädlich. Dies gilt solange, bis kein erheblicher Arbeitsausfall mehr festzustellen ist. Die Zeitnachweise sind daher bei der Lohnabrechnungsstelle für eine spätere Prüfung vorzuhalten. Auf keinen Fall sollten entsprechende Zeitnachweise der Wahrheit widersprechend „angepasst“ oder Mitarbeiter angewiesen werden, tatsächlich geleistete Arbeitszeiten nicht zu erfassen. 

Eine weitere Fallstricke ist bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern während des Kurzarbeitszeitraums gegeben. Hier sollte unbedingt geprüft werden, ob für die Neueinstellung auch ein wichtiger Grund vorliegt. Denn nur bei Vorliegen einer solchen Grundes kann auch für diese Mitarbeiter Kurzarbeitergeld bezogen werden. Plausible Gründe können insbesondere dann vorliegen, wenn es sich beispielsweise um eine schon länger gesuchte und für den Betrieb dringend erforderliche Fachkraft handelt, die nicht ohne Weiteres auf dem Arbeitsmarkt zu finden ist. Im Einzelfall kann es sich anbieten, die Kurzarbeitergeldberechtigung vorab mit der Agentur für Arbeit zu klären. Ferner ist zu beachten, dass nach Beginn der Coronakrise bzw. nach Anzeige von Kurzarbeit vereinbarte Neueinstellungen ohne triften Grund auch Auswirkungen auf die Kurarbeitergeldberechtigung der anderen Arbeitnehmer haben können. Es widerspricht sich nämlich, wenn der Arbeitgeber wegen erheblichen Arbeitsausfalls Kurzarbeit anordnet, dann aber gleichzeitig Neueinstellungen vornimmt. 

Schließlich sind auch Vorgaben bezüglich des nachträglichen Wegfalls der Kurzarbeitergeldberechtigung zu berücksichtigen. Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis gekündigt bzw. mit denen eine Aufhebungsvereinbarung abgeschlossen wurde, sind vom Bezug von Kurzarbeitergeld ausgeschlossen. Daher dürfen sie bei Leistungsanträgen nicht mehr berücksichtig werden. Wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nämlich feststeht, kann die mit dem Kurzarbeitergeld bezweckte Überbrückung einer vorübergehenden Arbeitsausfalls nicht mehr erreicht werden. Aus denselben Gründen entfällt die Berechtigung zum Bezug von Kurarbeitergeld auch dann, wenn die endgültige Entscheidung getroffen wird, den in Kurzarbeit befindlichen Betrieb ganz oder teilweise stillzulegen. Auch in diesem Fall fehlt es dann an dem für den Bezug von Kurzarbeitergeld vorausgesetzten vorübergehenden Arbeitsausfall. 


Unsere Empfehlung:

Ratsam ist daher letztlich, dass Arbeitgeber die mit der Kurarbeit verbundenen Besonderheiten auch bei der Abwicklung und im Nachhinein stets im Auge behalten und hierbei zur verstärkten Unterstützung umfassenden rechtlichen Rat einholen.


Foto(s): Rechtsanwalt Patrick Baumfalk, Kerpen und Witten

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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