Falscher Eierstock operiert: 2.700 Euro

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Mit Vergleich vom 14.03.2018 hat sich ein Krankenhaus verpflichtet, an meine Mandantin ein Schmerzensgeld von 2.700 Euro sowie die außergerichtlichen Gebühren (2,0-Geschäftsgebühr) zu zahlen.

Bei der 1987 geborenen Mandantin wurde 2016 im Vaginalultraschall ein ca. 1,7 cm großer Tumor innerhalb des rechten Ovars (Eierstock) festgestellt. Die Ärzten äußerten den Verdacht auf ein Dermoid (gutartiger Keimzelltumor, der aus vollkommen verschiedenen Gewebearten besteht). Innerhalb der Dermoidzyste kann es zur Ausbildung von Gewebestrukturen wie Muskulatur, Knorpeln, kleinen Knochen, Haaren und auch völlig ausgebildeten Zähnen kommen. Am 15.09.2016 führte die Oberärztin eine diagnostische operative Laparoskopie durch und befundete das rechte Ovar intraoperativ als unauffällig. Am linken Ovar entdeckte sie allerdings scheinbar am oberen Ovar eine kleine seröse Zyste, darunter gelegen, direkt am Ligamentum infundibulopelvicum, eine scheinbar derbe, weißliche Ausstülpung auf der Ovarkapsel und hier nach Fassen mit der Fasszange einen derben, tieferliegenden, Tumor. Sie entfernte diese derbe weißliche Ausstülpung auf der Ovarkapsel des linken Ovars. Die Pathologie befundete diese Auflagerung als Fibrom. Das rechte Ovar operierte sie - trotz vorheriger Absprache - nicht. Die postoperative Sonographie bestätigte weiterhin den Tumor am rechten Ovar, so dass die Mandantin am 26.09.2016 erneut laparoskopiert werden musste. Die Ärzte eröffneten das rechten Ovar und schälten ein Dermoid heraus.

Die Mandantin hatte der Ärztin vorgeworfen, sie ohne vorherige Aufklärung am linken - statt am rechten - Ovar am 15.09.2016 operiert zu haben. Der Eingriff sei rechtswidrig gewesen, da die Voraussetzungen einer intraoperativen Einwilligung nicht vorgelegen hätten (vgl. BGH VersR 1985, 1187; OLG Hamm, Urteil vom 17.09.2001, AZ: 3 U 58/01). Von einer mutmaßlichen Einwilligung des Patienten könne der Operateur nur bei vitaler oder absoluter Indikation, aber auch bei einer nur belanglosen Erweiterung des Eingriffes ausgehen (OLG Hamm, Urteil vom 26.11.2008, AZ: 3 U 165/08).

Die Ärztin habe behandlungsfehlerhaft bei der ersten Operation das Dermoid am rechten Ovar nicht entfernt. Durch den Vorbehandler als auch durch die Untersucherin im Krankenhaus sei eine echoreiche Raumforderung des rechten Ovars gesehen worden, die als typisch für ein Dermoid anzusehen war. Kleine Dermoidzysten des Ovars seien makroskopisch nicht immer erkennbar. Auf den Ultraschallbildern sei zu erkennen, dass sich der Befund im Inneren des Ovars befunden habe. Die Operateurin hätte also bei vorheriger Durcharbeitung der präoperativen Berichte davon ausgehen müssen, dass der fragliche Befund von Ovarialgewebe bedeckt war. Die ärztliche Sorgfalt hätte es bei sonographisch eindeutigem Befund erfordert, das rechte Ovar zu eröffnen, wie es im Rahmen der Revisionsoperation geschehen sei. Der Tumor sei deshalb behandlungsfehlerhaft nicht aus dem rechten Ovar bei der ersten OP entfernt worden. Die Mandantin habe sich deshalb einer weiteren Operation in Vollnarkose unterziehen müssen, die ihr bei Vorgehen nach dem gynäkologischem Facharztstandard erspart geblieben wäre.

Die Mandantin hatte unter Bezugnahme auf die Urteile OLG Frankfurt, Urteil vom 30.05.2006, AZ: 8 U 155/03 = 3.000 € und LG Aachen, VersR 1993, 877 = 2.500 Euro ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 3.500 Euro geltend gemacht. Insgesamt erfolgte eine Einigung mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung auf einen Betrag von 2.700 Euro.

 

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht & Verkehrsrecht

Foto(s): adobe stock foto


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