Flüchtlingsunterkunft im allgemeinen Wohngebiet grundsätzlich zulässig

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Aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen besteht in Deutschland ein großer Bedarf an Unterkünften für Asylbewerber. Immer wieder wehren sich Nachbarn gegen die Umnutzung eines angrenzenden, zuvor anders genutzten, Gebäudes in eine Flüchtlingsunterkunft. Wie ist dies Situation baurechtlich zu beurteilen?

Eine solche Umnutzung (oder auch Nutzungsänderung) erfolgt in Form einer Baugenehmigung. Mittels einer Nachbarklage/Drittanfechtungsklage zum Verwaltungsgericht kann der Eigentümer eines Nachbargrundstückes die Rechtmäßigkeit dieser Baugenehmigung (Nutzungsänderung) überprüfen lassen, und zusätzlich ein gerichtliches Eilverfahren einleiten.

Diese gerichtlichen Verfahren haben aber nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Nachbar einer genehmigten Asylbewerberunterkunft geltend machen kann, dass die Baugenehmigung sogenannte drittschützende baurechtliche Normen – die auch dem Schutz der Nachbarschaft dienen – verletzt. Eine bloße einfache Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung führt hingegen nicht zur Aufhebung der Genehmigung durch das Gericht; auf eine Verletzung des sogenannten objektiven Rechts (im Gegensatz zu subjektiv öffentlich-rechtlichen Normen) kann sich der Nachbar bei der Drittanfechtung einer Baugenehmigung nämlich nicht berufen.

Zu den nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zählen zum Beispiel Abstandsflächen-Vorschriften oder bestimmte Brandschutz-Vorschriften. Allgemein oder im Einzelfall gewährt auch das Bauplanungsrecht einen nachbarlichen Abwehranspruch, jedoch nur selten. Denn Asylbewerberunterkünfte gelten als „Anlagen für soziale Zwecke“ und werden als wohnähnliche Nutzung angesehen. Sie sind deshalb in Baugebieten bzw. Stadtvierteln mit der Festsetzung (im Bebauungsplan) als „Allgemeines Wohngebiet“ allgemein bauplanungsrechtlich zulässig, im „Reinen Wohngebiet“ ausnahmsweise zulässig. Gleiches gilt, wenn ein Innenbereichs-Grundstück vorliegt, und das Gebiet gemäß § 34 BauGB einem „Allgemeinen“ oder „Reinen Wohngebiet“ entspricht.

In eher seltenen Fällen kann den Festsetzungen eines Bebauungsplans entnommen werden, dass ein „besonders geschütztes Wohngebiet“ vorliegt (Fall des Oberverwaltungsgericht Hamburg, 2 Bs 23/15). Bei einer solchen Ausgangslage können sich Eigentümer von Anwesen in dem vom Bebauungsplan erfassten Gebiet auf einen Gebietsschutz berufen und Bauvorhaben abwehren, die den Gebietscharakter beeinträchtigen und verändern würden (sogenannter Gebietserhaltungsanspruch).

Im Übrigen ist im Einzelfall eine etwaige Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme zu prüfen. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass nur Beeinträchtigungen, die für den Nachbarn unzumutbar sind, geltend gemacht werden können. Von Asylbewerberunterkünften ausgehende Geräuschimmissionen, die anderen Gewohnheiten oder einem anderen Lebensrhythmus der Bewohner entspringen, sind nach der Rechtsprechung zum öffentlichen Baurecht vom Nachbarn grundsätzlich hinzunehmen. (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 15 ZB 13.2384). Das Bauplanungsrecht gewährleiste keinen „Milieuschutz“ (Bundesverwaltungsgericht, 4 C 13.94).


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