Gewerbeuntersagung wegen persönlicher Unzuverlässigkeit

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Erlaubnispflichtiges und anzeigepflichtiges Gewerbe

Nach dem Grundsatz der Gewerbefreiheit ist der Betrieb eines Gewerbes jedermann gestattet, soweit nicht durch die Gewerbeordnung Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. So ist es in § 1 der Gewerbeordnung (GewO) geregelt.

Wer ein sog. „Stehendes Gewerbe“ betreiben will (hierunter fallen z.B. ein Laden, eine Werkstatt oder ein Büro), bedarf also keiner Genehmigung der Gewerbeaufsichtsbehörde. Er hat sein Gewerbe dieser gegenüber jedoch anzuzeigen, sog. anzeigepflichtige Gewerbe.

Etwas anderes gilt etwa für denjenigen, der Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten aufstellen oder gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will (Bewachungsgewerbe, Security). Für diese gewerbsmäßigen Tätigkeiten ist eine Erlaubnis der zuständigen Behörde erforderlich. Im Falle der sog. erlaubnispflichtigen Gewerbe wird also nach Antragstellung geprüft, ob die Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung vorliegen. Neben dem Nachweis spezieller fachlicher Kenntnisse setzt die Erteilung der Erlaubnis unter anderem auch voraus, dass die Zuverlässigkeit des Antragstellers positiv festgestellt wird.

Eine solche Zuverlässigkeitsprüfung findet bei einem anzeigepflichtigen Gewerbe nicht statt. Dennoch kann auch hier die Ausübung des Gewerbes untersagt werden, wenn die für den Betrieb des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht vorliegt. Diesen Fall regelt § 35 Gewerbeordnung. Demnach ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden vermuten lassen.

Wann wird eine Unzuverlässigkeit angenommen?

Da die Unzuverlässigkeit in der Person des Gewerbetreibenden liegen muss, spricht man auch von persönlicher Unzuverlässigkeit. Ziel der Gewerbeuntersagung ist es, die Gewerbetreibenden vom Wirtschaftsverkehr fernzuhalten, die wegen der Besorgnis einer nicht ordnungsgemäßen Gewerbeausübung eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.

Nach ständiger Rechtsprechung ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß, d.h. entsprechend den gesetzlichen Vorschriften und unter Beachtung der guten Sitten ausübt. Die Gerichtspraxis hat hierzu einzelne Fallkonstellationen entwickelt, die geeignete Anhaltspunkte zur Beurteilung der Frage anbieten, ob eine Unzuverlässigkeit vorliegt. Dies ist etwa der Fall bei:

  • Straftaten,
  • Ordnungswidrigkeiten
  • Steuerverstößen,
  • Sozialversicherungsverstößen,
  • mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit,
  • mangelnder Sachkunde,
  • Verletzung spezifischer öffentlich-rechtlicher Pflichten

Diese Liste ist jedoch nicht abschließend. Als unzuverlässig wird etwa auch ein Gewerbetreibender angesehen, welcher in seinem Betrieb Rauschgifthandel duldet oder selbst unter Trunksucht leidet. Im Bereich des Gaststättengewerbes wird eine persönliche Unzuverlässigkeit etwa auch dann angenommen, wenn Alkohol an Minderjährige ausgeschenkt wird.

Zu beachten ist außerdem, dass die persönliche Unzuverlässigkeit verschuldensunabhängig angenommen wird, d.h. ein Verschulden ist nicht erforderlich.

Wirkt sich das Verhalten nicht auf den Gewerbebetrieb aus, besteht also kein Bezug zu dem konkreten Gewerbe, kann nicht von einer persönlichen Unzuverlässigkeit ausgegangen werden. Wird z.B. ein Verkehrsdelikt in der Freizeit bei dem Führen eines Privatwagens begangen, liegt zwar möglicherweise eine Straftat vor. Da diese jedoch keinen Gewerbebezug aufweist, ergibt sich hieraus keine persönliche Unzuverlässigkeit.

Auch wenn eine persönliche Unzuverlässigkeit Voraussetzung für die Gewerbeuntersagung ist, kann eine solche dann erfolgen, wenn nicht der Gewerbetreibende selbst, sondern eine dritte Person unzuverlässig im o.g. Sinne ist. Und zwar dann, wenn diese dritte Person maßgeblichen Einfluss auf das Gewerbe ausübt. Ist der Gewerbetreibende nicht in der Lage, den schädlichen Einfluss des unzuverlässigen Dritten zu beseitigen, wird auch die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden angenommen. Ähnlich liegt es bei den sog. Strohmannverhältnissen, bei denen der Strohmann nach außen, dem Namen nach, als Träger des Gewerbebetriebes in Erscheinung tritt, in Wahrheit aber nur den Namen für einen anderen Gewerbetreibenden hergibt, dem Hintermann, um diesem, in Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse, die Gewerbeausübung zu ermöglichen.

Was kann man gegen eine Gewerbeuntersagung tun?

Da die Gewerbeuntersagung nahezu einem Berufsverbot gleichkommt und existenzbedrohend wirken kann, ist sie „ultima ratio“, d.h. das letzte mögliche Mittel. Sie muss daher dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Erforderlich und somit verhältnismäßig ist sie regelmäßig erst dann, wenn zunächst andere Maßnahmen (z.B. verstärkte Überwachung, Bußgelder, Abmahnungen und Verwarnungen) angeordnet wurden. Bevor es zu einer Gewerbeuntersagung kommt, sind also meist bereits solche „milderen Mittel“ erfolgt.

Außerdem ist vor dem Erlass des Untersagungsbescheids neben der zuständigen staatlichen Aufsichtsbehörde (z.B. Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer) auch der Gewerbetreibende selbst anzuhören. Er ist darüber zu informieren, dass beabsichtigt ist, ihm die Ausübung des Gewerbes zu untersagen und ihm ist Gelegenheit zu geben, sich hierzu zu äußern. Der Gewerbetreibende ist an dieser Stelle gemäß § 29 GewO dazu verpflichtet, Auskünfte zu erteilen und eine Nachschau der zuständigen Behörde zu dulden. Bereits zu diesem Zeitpunkt ist dem Gewerbetreibenden zu empfehlen, sich anwaltlichen Rat einzuholen. So kann ggf. eine drohende Gewerbeuntersagung noch abgewendet werden.

Wies die Ausübung des Gewerbes untersagt, geschieht dies durch einen schriftlichen Bescheid. Dieser ist innerhalb eines Monats nach Zugang anfechtbar. Ist diese Monatsfrist abgelaufen, kann gegen die Gewerbeuntersagung nicht mehr vorgegangen werden, die Gewerbeuntersagung ist dann bestandskräftig. Es ist daher wichtig, sich direkt nach Erhalt des schriftlichen Bescheids anwaltlichen Rat zu suchen und Rechtsbehelf einzulegen. Eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt kann überprüfen, ob es sich lohnt, Rechtsmittel gegen die Untersagungsverfügung einzulegen und weiß, wie weiter vorzugehen ist.

Wurde eine persönliche Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (bestandskräftig) festgestellt, besteht gemäß § 35 Abs. 2 GewO die Möglichkeit, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebs bietet. Hierzu ist ein Antrag an die zuständige Behörde zu stellen.

Nach dem Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Gewerbeuntersagung kann dem Gewerbetreibenden die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder gestattet werden. Hierzu muss ein Antrag an die zuständige Behörde gestellt werden. In Ausnahmefällen ist die Wiederaufnahme des Gewerbes bereits früher möglich.

Gerne berate und unterstütze ich Sie im Gewerbe- und Gaststättenrecht.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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