„Guck mal, der sieht zwar nicht so aus, aber der ist Anwalt”

  • 5 Minuten Lesezeit
Carmen Brückner anwalt.de-Redaktion
Rechtsanwalt Alexander Bredereck: „Guck mal, der sieht zwar nicht so aus, aber der ist Anwalt”

Rechtsanwalt Alexander Bredereck hat auf anwalt.de schon rund 2.000 Rechtstipps veröffentlicht. Er ist ein vielgefragter Interviewpartner in TV-Sendungen wie dem „SAT.1 Frühstücksfernsehen” und gibt auf seinem YouTube-Channel „Fernsehanwalt” Antworten zu aktuellen Rechtsthemen. Alexander Bredereck ist aber nicht nur Anwalt, sondern auch leidenschaftlicher Landwirt. Wie sein Alltag zwischen Anwaltsrobe und Gummistiefel aussieht, warum man besser nicht auf ihn hören sollten und was ihm den Therapeuten erspart, verrät Alexander Bredereck im anwalt.de-Interview.

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Warum sind Sie Anwalt geworden?

Klingt mit zunehmendem Alter merkwürdiger: Ich habe damals, jung und naiv, an Gerechtigkeit geglaubt. Schon im Studium wurde ich dafür ausgelacht.

Welchen Beruf hätten Sie, wenn Sie nicht Anwalt geworden wären?

Ich war mit 18 Jahren in der DDR, durfte nicht studieren und arbeitete im Kreiskrankhaus Rüdersdorf als Pflegehilfskraft. Eines Tages kam ich von der Nachtschicht und die Mauer war weg. Auf einmal war alles möglich. Da wusste ich vor lauter Optionen nicht, was ich zuerst machen sollte. Ich habe zunächst Theaterwissenschaften studiert. Mein Vater sagte dann: „Sieh zu, dass du was Richtiges studierst. Für den Quatsch zahle ich dir keine Unterstützung.” Ich fragte, was das wäre und er meinte, Recht wäre derzeit angesagt. Damit waren wir ja in der DDR etwas unterversorgt. Da gab es aber auch jede Menge andere Dinge, die mich interessiert hätten.

Anwalt und Bauer – eine ungewöhnliche Kombi. Wie kommt es dazu?

Brederecks betreiben seit 400 Jahren in Lichtenow einen Bauernhof. Ich bin quasi im Kuhstall aufgewachsen und bei den Schweinen. Irgendwas ist da in meinem Blut, an mir soll es jedenfalls nicht zu Ende gehen. Ich habe einen Sohn, meine Schwester auch. An die Jungs werde ich die Verantwortung durchreichen. Derzeit wollen sie aber noch Ninjakämpfer oder Pokemonzüchter werden.

Kühetreiben und Kälberzählen – wie intensiv betreiben Sie das? Zeitvertreib in der Corona-Krise oder zweiter Beruf?

Wir haben 100 Mutterkühe und bewirtschaften 500 ha Land, alles Bio, die Kühe ganzjährig draußen. Mein Vater ist mit 77 Jahren noch voll dabei und es gibt Mitarbeiter. Aber auch für mich bleibt einiges zu tun, vor allem im Büro und am Wochenende.

Wer Kühe versorgen muss, muss in der Früh zeitig raus. Und als Anwalt kommt man abends spät nach Hause, oder? Brauchen Sie wenig Schlaf? Wie bekommen Sie zwei Vollzeit-Jobs unter einen Hut?

Ich fange um 6.30 Uhr an und versuche, um 17 Uhr Feierabend zu haben. Das klappt nicht immer. Es ist aber auch nicht wirklich Arbeit, allein 100 Tonnen Lebendgewicht Richtung Abendsonne zu treiben. Die Kühe strahlen eine große Ruhe und Kraft aus. Das spart den Therapeuten.

In welcher Garderobe und an welchem Ort fühlen Sie sich wohler? In Anwaltsrobe im Gerichtssaal oder in Wollpullover und Gummistiefeln auf dem Hof?

Die Leute sagen immer: Guck mal, der sieht zwar nicht so aus, aber der ist Anwalt. Wenn ich mit Flipflops und weißem Hemd auf dem Trecker sitze, schütteln sie auch wieder den Kopf. Aber ich fühle mich in jeder Rolle wohl. Ohnehin spiele ich fast alles. Nur die Gefühle sind manchmal echt.

Was sagen Kollegen und Freunde dazu? Wie sind die Reaktionen?

Unterschiedlich. Einige bemitleiden mich, andere beneiden mich. Beide Fraktionen liegen nicht ganz falsch.

Bei anwalt.de gehören Sie zu den erfolgreichen Vielschreibern von Rechtstipps. Außerdem sind Sie ein vielgefragter Interviewpartner in TV-Sendungen und produzieren selbst Videos. Wie hoch ist der Aufwand für Ihre Beiträge? Haben Sie noch Zeit für „klassische” Rechtsberatung?  

Mir macht das alles sehr viel Spaß und ich habe hervorragende Mitarbeiter. Die Videos produziere ich aus Zeitgründen schon immer uncut. Das trainiert wiederum gut für die Liveinterviews. Meine Frau und mein kleiner Sohn sind zeitlich am schwierigsten einzutakten. :)

Wo schreiben Sie Ihre Rechtstipps? Auf Ihrem Hof oder in Ihrer Kanzlei?

Vor einem halben Jahr sind wir mit dem Hauptstandort nach Lichtenow umgezogen. Mein Büro ist so ausgerichtet, dass ich auch die Landwirtschaft im Blick habe. Für Artikel und Videos ziehe ich mich unters Dach zurück. Da oben neben der Räucherkammer habe ich schon als Kind gespielt.

Haben Sie neben der Juristerei und der Landwirtschaft eine weitere Leidenschaft, die Sie ausmacht und von der Sie erzählen wollen?  

Jede Menge, aber einiges musste ich auf Eis legen oder an Land, wie z. B. meine Scaldia, einen Motorsegler. Der rostet aktuell zwischen den alten Landmaschinen. Manchmal gehe ich an Deck, koche mir einen Kaffee und blicke von dort über die Wiesen.

Welchen Tipp würden Sie neu zugelassenen Anwälten geben, damit diese in ein erfolgreiches erstes Jahr als Anwalt starten? 

Spaß haben, spezialisieren und auf die Einnahmen achten. Und nicht panisch werden. Wenn man Glück hat, dauert das Leben etwas länger und man kann viele Fehler korrigieren. Nur auf die Kinder sollte man achten. Dort können Fehler verhängnisvolle Folgen haben. 

Welche drei Fähigkeiten werden aus Ihrer Sicht unbedingt notwendig sein, um als Anwalt im Jahr 2030 erfolgreich zu sein? 

Oh Gott, bin ich jetzt in dieser Alter-Mann-gibt-nervige-Ratschläge-Nummer? Eine Fähigkeit reicht. Man muss etwas können, das der Computer nicht kann und Freude daran haben. Der Rest fügt sich von allein. Und nicht auf mich hören. Ich habe wirklich alles falsch gemacht, trotz hervorragender Berater.

Erinnern Sie sich noch an ihren ersten Fall vor Gericht? Haben Sie den gewonnen? 

Leider erinnere ich mich nicht. Es waren so viele. Viel Schönes, aber auch einiges, das schrecklich war. Gewonnen habe ich auch mal, aber die Schönheit des Kampfes war mir immer wichtiger. Ich kann doch ohnehin nichts dafür, wenn der Richter das Recht nicht findet. Damit muss der selber klarkommen.

Wie sind Sie auf anwalt.de gekommen? Und wie nutzen Sie anwalt.de?

Nach einem grandiosen Start als Partner in einer Kreuzberger Kanzlei, war ich irgendwann allein im Palais am Festungsgraben in Berlin-Mitte gelandet. Wunderbarer Ort, aber es gab dort keine Mandanten. Ein Freund sagte: „Junge, du musst ins Internet.” Ich hatte damals noch nicht mal ein Handy. Wenn ich einen Entschluss fasse, muss alles ganz schnell gehen. Da kam ich dann an anwalt.de nicht mehr vorbei. Irgendwann hatte ich den Ehrgeiz, der mit den meisten Artikeln zu sein. Später kamen die Videos dazu. An jedem Tag ein Artikel und ein Video, so lautet die Norm. Das wird aber nicht immer geschafft. 

(CBR; ZGRA)

Foto(s): Alexander Bredereck

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