In der Corona-Krise: Das Maßregelverbot des Arbeitgebers. Was muss ein Arbeitnehmer hinnehmen?

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Das Arbeitsverhältnis wird grundsätzlich als eine Rechtsbeziehung aufgefasst, bei der ein Akteur als strukturell unterlegen gilt. Der Arbeitnehmer ist in aller Regel auf seine Arbeit zur Existenzsicherung angewiesen. Genau aus diesem Umstand ergibt sich, dass viele arbeitsrechtliche Vorschriften im Gegensatz zu sonstigem Vertragsrecht als einseitig zwingende Normen, in der Regel zugunsten des Arbeitnehmers, ausgestaltet sind.  Um eine solche unabdingbare Vorschrift handelt es sich auch bei dem im § 612a BGB verankerten Maßregelverbot, welches Gegenstand dieses Textes sein soll.

Nach dem Wortlaut des § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Gerade in der Corona-Krise, in der immer mehr Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, ist zu beobachten, dass Arbeitgeber nach Möglichkeiten suchen Kündigungen zu rechtfertigen. Hier rückt die Kündigung als Reaktion auf eine dem Arbeitgeber unliebe, aber korrekte Rechtausübung des Arbeitnehmers besonders in den Fokus.

A. Anwendungsbereich des Maßregelverbots

1. Persönlich

Als Arbeitgeber kommt nicht nur der Vertragspartner des Arbeitnehmers in Betracht, sondern auch im Rahmen von Leiharbeitsverhältnissen der sog. Entleiher, weil auch er gegenüber dem Arbeitnehmer eine Arbeitgeberfunktion ausübt.

Arbeitnehmer im Sinne der Norm sind neben Arbeitern und Angestellten auch leitende Angestellte, Auszubildende, Volontären, Umschüler und sogar Praktikanten. Es kommt für den Anwendungsbereich des Maßregelverbots nicht auf den Umfang der Tätigkeit an – erfasst sind also auch Menschen, die in Kurz- oder Teilzeit arbeiten.


2. Sachlich

a) Zulässige Rechtsausübung

Der Arbeitnehmer muss, um den Schutz des § 612a zu genießen sein Recht in zulässiger Weise ausgeübt haben.  Das bedeutet, dass das Recht tatsächlich bestehen muss und in zulässiger Weise auszuüben ist. Hier kommt vieles in Betracht.  Zu denken ist zum Beispiel an das Recht des Arbeitnehmers bei einer Erkrankung der Arbeit bei voller Lohnfortzahlung fernzubleiben.   Aber auch das Kandidieren für den Betriebsrat oder die Wahrnehmung von einem möglichen Streikrecht können hier als Beispiele genannt werden.

b) Maßnahme und Vereinbarung

Der Begriff der Maßnahme ist vielfältig. Exemplarisch können hier die Beschäftigung mit offenkundig sinnlosen Aufgaben können genannt werden oder auch eine mögliche Kündigung nachdem sich ein Arbeitnehmer krankgemeldet hat.

Unter einer Vereinbarung versteht man zum Beispiel vertragliche Abreden.  Zu nenne sind hier unter anderem der Firmentarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder der Sozialplan. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Schutz des § 612a nicht dann ausgeschlossen ist, wenn sich der Gemaßregelte zuvor damit einverstanden erklärt hat.


B. Beweislast

Eine gerade in der Praxis besondere Problematik stellt die Beweislast dar. Für den Arbeitnehmer ist hier nämlich besonders ärgerlich, dass er die Maßregelung darlegen muss.   Eine Erleichterung für den Arbeitnehmer ist jedoch der sog. Anscheinsbeweis, der gegeben ist, wenn offensichtlich ein Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitsgebers und der Rechtsausübung des Arbeitnehmers besteht. Hier ist zum Beispiel ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Rechtsausübung des Arbeitnehmers und der Maßnahme des Arbeitgebers ein starkes Indiz.

C. Rechtsfolgen

Die Rechtsfolge des § 612a ist die Nichtigkeit der durch den Arbeitgeber gewählten Maßnahme oder der Vereinbarung, etwa der ausgesprochenen Kündigung.  Ist dem Arbeitnehmer ein Schaden entstanden, ist immer an einen möglichen Schadensersatzanspruch zu denken.

D. Fazit

Das Maßregelverbot zeigt deutlich, dass die in der Regel schwächere Position des Arbeitnehmers nicht zwangsläufig dazu führt, dass er jede Handlung seines Arbeitgebers unwidersprochen hinnehmen muss. Gerade wenn der Verdacht im Raum steht, dass eine ausgesprochene Kündigung eine Reaktion auf die Wahrnehmung eines Rechts des Arbeitnehmers ist, ist es angeraten sich anwaltlich beraten zu lassen. Gerne bin ich in solchen Situationen für Sie kompetenter Ansprechpartner. 


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