Kein Anspruch auf Verkürzung der Hecke unter Maximalhöhe

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Der Streit um die Höhe von Nachbars Hecke gehört zu den Klassikern der Nachbarrechts-Streitigkeiten. Das Landgericht Freiburg entscheidet falsch über einen wichtigen Aspekt (Urteil vom 07.12.2017 – 3 S 171/16), so Rechtsanwalt Anton Bernhard Hilbert, Waldshut-Tiengen.

Nach § 12 Abs. 1 des Nachbarrechtsgesetzes für Baden-Württemberg – NRG-BW – (andere Länder haben vergleichbare Regelungen) darf eine Hecke, die bis an die Grenze wächst, nicht höher als 1,80 Meter werden:

(1) Mit Hecken bis 1,80 m Höhe ist ein Abstand von 0,50 m, mit höheren Hecken ein entsprechend der Mehrhöhe größerer Abstand einzuhalten.

Nach Absatz 3 dieser Vorschrift ist der Besitzer der Hecke zu deren Verkürzung verpflichtet, sollte sie die Maximalhöhe überschreiten, aber nicht in der Zeit vom 1. März bis 30. September.

(3) Der Besitzer der Hecke ist zu ihrer Verkürzung und zum Zurückschneiden der Zweige verpflichtet, jedoch nicht in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September.

Mit Verkürzung meint das Gesetz die Höhe (Horizontalschnitt), mit Zurückschneiden die Breite (Vertikalschnitt) der Hecke.

Allerdings wächst die Hecke gerade während dieser Vegetationsperiode kräftig. Wird sie zuvor nur auf die Maximalhöhe verkürzt, überschreitet sie diese Höhe schon nach kurzer Zeit.

Deshalb meint der Grundstücksnachbar, der Eigentümer der Hecke müsse dafür sorgen, dass auch während der Vegetationsperiode die Hecke den Grenzwert von maximal 1,80 m Höhe nicht überschreitet, indem er sie außerhalb dieser Periode auf eine geringere Höhe verkürzt.

Der Eigentümer der Hecke sieht das nicht ein. Er sei nur in der Zeit von Oktober bis Februar verpflichtet, auf maximal 1,80 m zu verkürzen. Es schade nicht, wenn die Hecke während der Vegetationsperiode höher wachse. Damit hat er vor Gericht Erfolg.

Der Eigentümer einer Hecke muss diese nur außerhalb der von März bis September dauernden Vegetationsperiode auf den zulässigen Höchstwert von 1,80 m Höhe verkürzen. Er ist nicht verpflichtet, während der Wintermonate durch eine vorsorgliche Verkürzung unter den Maximalwert sicherzustellen, dass die Hecke auch während der Vegetationsperiode die zulässige Höhe von 1,80 m nicht überschreitet.

Das Landgericht Freiburg argumentiert nicht mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift, sondern mit deren Wortlaut.

Aus dem Wortlaut von § 12 NRG BW ergibt sich, so das Gericht, lediglich die Verpflichtung zur Kürzung der Hecke auf den Grenzwert von 1,80 m. Die Verpflichtung, die Hecke außerhalb der Vegetationsperiode vorsorglich darüber hinaus zu kürzen, ist der Vorschrift ebenso wenig zu entnehmen wie die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die Heckenpflanzen den Grenzwert während der Vegetationsperiode nicht überschreiten. Zwar ist der Eigentümer des Heckengrundstücks gemäß § 12 Abs. 1, 3 Halbsatz 1 NRG-BW bei einer Überschreitung des Grenzwerts laufend zum Rückschnitt verpflichtet. Dass diese Verpflichtung aber während der Vegetationsperiode nicht gilt, ist in § 12 Abs. 3 Halbsatz 2 NRG-BW ausdrücklich bestimmt.

Eine Verpflichtung zum vorsorglichen Rückschnitt wäre für den Eigentümer des Heckengrundstücks mit der besonderen Schwierigkeit verbunden, das künftige Pflanzenwachstum vorherzusehen. Für ich wäre unklar, wie weit er die Hecke vorsorglich verkürzen müsste, um sicherzustellen, dass der Grenzwert auch während der Vegetationsperiode eingehalten wird.

Das Gesetz ist widersprüchlich, wenn es einerseits die Verkürzung auf eine Höhe von maximal 1,80 m fordert, andererseits diese Verpflichtung gerade für die Wachstumsperiode aussetzt.

Aus dem Willen des Gesetzgebers, die Heckenhöhe auf einen bestimmten absoluten Wert, nämlich 1,80 m, zu begrenzen, muss gefolgert werden, dass der Eigentümer der Hecke sie vor Beginn der Vegetationsperiode so verkürzt, dass sie bis Ende September die Höhe von 1,80 m nicht überschreitet.

Das Landgericht Freiburg hat sich dieser Auslegung nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht angeschlossen, sondern sieht isoliert nur einen Teil des Gesetzes, wonach die Verkürzung während der Vegetationsperiode nicht verlangt werden kann.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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