Kindesunterhalt: „Ich habe nichts!“ – reicht dies aus?

  • 3 Minuten Lesezeit

Im Falle einer Trennung stellt sich automatisch die Frage, ob und inwieweit der andere Elternteil für das gemeinsame Kind oder die gemeinsamen Kinder Kindesunterhalt zu leisten hat. Dies ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn ein Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt beim anderen Elternteil hat.

Immer wieder kommt es vor, dass sich der andere Elternteil darauf beruft, schlicht nicht leistungsfähig zu sein. Juristisch spricht man hier von einem Mangelfall.

Leider wird hierbei nicht selten sehr tief in die vermeintliche „Trickkiste“ gegriffen und vor unwahren Behauptungen nicht zurückgeschreckt. Selbst nach außen leistungsstark auftretende Elternteile sind auf dem Papier sodann auf einmal arm. Der teure SUV gehört dann beispielsweise der neuen Lebensgefährtin, die auch als Arbeitgeberin in der neu gegründeten Firma agiert. Die ausschließlich in bar geleistete Vergütung bewegt sich streng im Rahmen des Selbstbehalts und vieles mehr …

Grundsätzlich gilt: Liegt ein Mangelfall vor, besteht eine gesteigerte Erwerbspflicht des Unterhaltspflichtigen beim Unterhalt für minderjährige Kinder.

Das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 14.04.2015 – Az. 13 WF 59/15) hat hierzu eine klare Entscheidung getroffen:

Sofern ein Unterhaltsschuldner behauptet, nicht hinreichend leistungsfähig zu sein, trifft ihn prozessual hierfür zunächst die sog. Darlegungs- und Beweislast. Dies bedeutet, er muss darlegen und beweisen, dass er nicht leistungsfähig ist. Ein einfacher Hinweis, „Ich habe nichts!“ reicht mithin nicht aus.

Insofern kommt es nicht nur entscheidend auf die Einkommens- und Vermögensituation an, sondern insbesondere auch auf seine Arbeits- und Erwerbssituation. Bei der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern trifft den Unterhaltspflichtigen eine erhöhte Pflicht, den Mindestunterhalt durch Arbeitseinsatz sicherzustellen. Insofern muss er alles in seiner Macht Stehende tun, um den Eintritt eines Mangelfalls zu verhindern. Der Unterhaltsschuldner hat seine Erwerbsfähigkeit bestmöglich einzusetzen und muss, unter Berücksichtigung seiner persönlichen Fähigkeiten, die ihm zumutbaren Einkünfte erzielen.

Andernfalls ist ihm ein fiktives Einkommen in Höhe des tatsächlich erzielbaren Einkommens zuzurechnen, welches seitens des Gerichts anhand vorangegangener Einkommen geschätzt werden kann.

Konkret ist der Unterhaltspflichtige bis zu einer Wochenarbeitszeit von insgesamt 48 Stunden sogar grundsätzlich verpflichtet, neben seinem Hauptberuf noch eine Nebentätigkeit auszuüben (BGH XII ZB 111/13; OLG Hamm, FamFR 2013, 132). Insofern reicht es nicht aus, sich auf eine vorhandene Halbtags- oder ¾-Stelle zu berufen.

Es reicht auch nicht aus, sich darauf zu berufen, dass man als beispielsweise Ingenieur keine adäquate Anstellung findet. Sodann muss der Unterhaltspflichtige eben eine andere Tätigkeit – unterhalb seines Niveaus – annehmen. Auch kann sich der Unterhaltsschuldner nicht auf seine feste Anstellung berufen, die leider nicht mehr hergibt, wenn eine besser bezahlte in einem Radius einige Kilometer weiter, ggf. vorhanden sein könnte. Er ist im Mangelfall vielmehr verpflichtet, nach anderen Arbeitsstellen Ausschau zu halten, die ein höheres Einkommen ermöglichen. 

Entsprechende Bemühungen hat er nachzuweisen. Er muss nachweisen, dass er vergeblich alles Zumutbare unternommen hat, sein Einkommen zu verbessen, und zwar nicht durch pauschale allgemeine Hinweise, sondern durch Vorlage von Bewerbungs- und Ablehnungsschreiben. Hier hält das Kammergericht Berlin in der oben genannten Entscheidung ca. 20-30 Bewerbungen pro Monat über einen längeren Zeitraum hinweg für erforderlich. Wenn der Unterhaltspflichtige nicht berufstätig ist, müssen die Bemühungen insofern zeitlich dem Umfang einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gleichkommen.

Erfüllt der Unterhaltsschuldner diese Anforderungen nicht, muss er sich so behandeln lassen, als wenn er über entsprechende Einkünfte verfügen würde.

Auch gilt jeweils zu prüfen, ob und inwieweit ggf. ein im Haushalt lebender Partner, der über ein eigenes Einkommen verfügt und dadurch zum gemeinsamen Lebensunterhalt beiträgt, vorhanden ist. In diesem Fall kann unter bestimmten Umständen eine Verringerung des Selbstbehalts (derzeit 1.080 € gegenüber minderjährigen Kindern) von ca. 25 % in Betracht kommen.

Ein genaues Augenmerkt sollte bereits auf die Feststellung des bereinigten Einkommens gelegt werden. Oftmals werden Schulden in Abzug gebracht, die nicht abzugsfähig sind und es ist stets der Nachweis zu erbringen, dass nicht ggf. geringere Ratenzahlungen vereinbart werden können. Auch wenn hierdurch eine höhere Zinslast entsteht, ist der Unterhaltsschuldner hierzu grundsätzlich angehalten.

Sollte der begründete Verdacht bestehen, dass die Auskunft in einzelnen Teilen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden ist, kann der Anspruchsberechtigte respektive dessen Vertreter nach §§ 259, 260, 261 BGB eine eidesstattliche Versicherung des Unterhaltspflichtigen verlangen. Maßgebend dabei ist, dass auf Grund fehlender Sorgfalt die Auskunft unvollständig oder unrichtig ist.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Dr. Claudia von Seck LL.M.

Beiträge zum Thema