Kündigung und Kündigungsschutz in der Probezeit

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Darf in der Probezeit einfach so gekündigt werden?

Im Arbeitsrecht kann – muss aber nicht – eine Probezeit vereinbart werden. Es ist sozusagen die Verlobungsphase wie bei einer persönlichen Beziehung. Das Prinzip ist gleich: Man hat eine Frist, in der man sich bewähren kann. Läuft alles gut, darf man weitermachen. Allerdings verläuft die Probezeit nicht immer unproblematisch. Entweder erfüllt der Bewerber nicht alle Erwartungen oder der Chef nutzt die Chance, um nach einem halben Jahr einen „günstigeren“ Bewerber einzustellen. Manche Arbeitnehmer nehmen hingegen ihrerseits Reißaus – sei es wegen des Betriebsklimas oder einfach wegen eines attraktiveren Stellenangebots. So scheitern in der Probezeit angeblich 20 bis 25 Prozent der Arbeitsverhältnisse.

Es steht den Vertragsparteien nach § 622 Abs. 3 BGB frei, ob sie zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses eine Probezeit vereinbaren wollen. In dieser Zeit ist eine relativ kurzfristige Kündigung durch beide Seiten möglich. Darüber hinaus – und davon losgelöst – gibt es ebenfalls keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG, dazu mehr unter Punkt 5.

Dabei ist die Probezeit auf keinen Fall ein rechtsfreier Raum. Wir klären Sie im Folgenden über die wichtigsten Regeln auf:

  • Dauer der Probezeit
  • Flexible Kündigungsfristen
  • Kürzere Frist im Tarifvertrag
  • Außerordentliche Kündigung – fristlose Entlassung
  • Kündigungsschutz trotz Probezeit
  • Sonderfälle

Dauer der Probezeit

Wichtig ist, dass die Probezeit überhaupt vereinbart sein muss. Sie gilt nur, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Abschluss des Arbeitsvertrags auf die Vorschaltung einer Probezeit geeinigt haben. Sie darf dann längstens sechs Monate dauern, kann aber auch kürzer sein. Lediglich längere Probezeiten sind vom Gesetzgeber untersagt. Wird dennoch eine längere Probezeit vereinbart, bleibt der Arbeitsvertrag zwar wirksam, nach Ablauf von sechs Monaten greifen aber die allgemeinen Vorschriften für Kündigungen. Die Kündigungsfrist richtet sich dann regelmäßig nach § 622 Abs. 1 BGB und beträgt vier Wochen zum Monatsende oder zum 15. eines jeden Monats.

Der Gesetzgeber hat die Gefahr erkannt, dass Arbeitnehmer während der Probezeit regelrecht „verschlissen“ werden. Deswegen ist die Maximaldauer von sechs Monaten festgeschrieben. Innerhalb dieses halben Jahres kann mit einer Frist von zwei Wochen ordentlich gekündigt werden.

Eine Verlängerung der Probezeit ist möglich, wenn sie ursprünglich weniger als sechs Monate betragen sollte und sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Verlängerung einig sind. Die Maximaldauer beträgt dann insgesamt dennoch sechs Monate (Urteil des BAG vom 05.01.1999, Az.: 2 (4) Sa 1139/98).

Daneben gibt es auch die Möglichkeit, die vereinbarte Probezeit über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus zu „verlängern“, wenn der Arbeitgeber dem Angestellten noch vor Ablauf der Probezeit einen Aufhebungsvertrag anbietet und ein solcher auch innerhalb der Probezeit zustande kommt. Darin wird eine Frist vereinbart, nach deren Ablauf der Arbeitnehmer aus dem Unternehmen ausscheidet. Damit verbunden ist allerdings das Angebot des Arbeitgebers, diesen Aufhebungsvertrag zurückzunehmen bzw. einvernehmlich wieder rückgängig zu machen, sollte sich der Arbeitnehmer bewähren.

In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber während der Probezeit eine Kündigung mit verlängerter Kündigungsfrist ausspricht und für den Fall der Bewährung anbietet, das Arbeitsverhältnis dennoch fortzusetzen. Faktisch kann über diese Hintertür die Probezeit um mehrere Monate verlängert werden. Sind die sechs Monate der ursprünglichen Probezeit allerdings bereits abgelaufen, ist diese Möglichkeit verbaut. Das Bundesarbeitsgericht sieht in dieser Konstellation seit 2002 bei angemessener Dauer der Kündigungsfrist keine Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes (Urteil vom 07.03.2002 (2 AZR 93/01)).

Dagegen liegt eine unrechtmäßige Umgehung der Kündigungsschutzregeln vor, wenn ein ursprünglich unbefristeter Arbeitsvertrag durch einen einvernehmlichen Änderungsvertrag in einen befristeten Vertrag umgewandelt wird.

Flexible Kündigungsfristen

Die Verlockung der Probezeitregelungen liegt in der kurzen Kündigungsfrist von regelmäßig zwei Wochen, wenn nicht etwa tarifvertraglich etwas anderes vereinbart ist. Sie gilt innerhalb der gesamten Probezeit. Auch am letzten Tag der Probezeit kann eine Kündigung noch ausgesprochen werden. Ist dies der Fall, muss der Arbeitnehmer in zwei Wochen seinen Arbeitsplatz räumen. Die entscheidenden Vorschriften findet man in § 622 Abs. 3 BGB.

Trotzdem kann es Fälle geben, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine längere Kündigungsfrist – auch schon in der Probezeit – wünschen. Deswegen kann man im Arbeitsvertrag längere Kündigungsfristen festlegen. Kürzere allerdings nicht.

Kürzere Frist im Tarifvertrag

Kürzere Kündigungsfristen für die Probezeit können nur durch Tarifverträge festgelegt werden. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften können nach § 622 Abs. 4 BGB kürzere (aber auch längere) Fristen vereinbaren. Diese Regelungen können auch nicht tarifgebundene Arbeitnehmer betreffen, wenn beispielsweise eine entsprechende Gleichstellungsabrede im individuellen Arbeitsvertrag aufgenommen worden ist. So können ganze Branchen besondere Regelungen zu Kündigungsfristen innerhalb und außerhalb der Probezeit haben.

Außerordentliche Kündigung – fristlose Entlassung

Diese Regeln gelten allesamt für ordentliche Kündigungen. Davon unberührt bleiben die Regeln für die außerordentliche Kündigung (auch „fristlose Entlassung“ genannt). Die fristlose Kündigung (in § 626 BGB geregelt) ist ein Notfallinstrument des Arbeitsrechts, das den Vertragsparteien die Möglichkeit gibt, bei schwerwiegenden Vertrauensbrüchen die Reißleine zu ziehen.

Stiehlt etwa ein Arbeitnehmer Firmeneigentum oder demütigt ein Arbeitgeber seinen Angestellten schwerwiegend, ist ein Festhalten am Arbeitsvertrag für den Betroffenen nicht mehr zumutbar. Die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung bleibt daher auch während der Probezeit bestehen. Wird außerordentlich gekündigt, ist das Arbeitsverhältnis sofort beendet, der Arbeitnehmer packt seine Sachen und räumt seinen Arbeitsplatz noch am gleichen Tag. Auch in der Probezeit muss bei einer wirksamen außerordentlichen Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen und die Kündigung innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis dieses Grundes ergehen. Den Kündigungsgrund kann die jeweils andere Partei von den Arbeitsgerichten auf seine Wirksamkeit hin überprüfen lassen.

Kündigungsschutz trotz Probezeit

Während der Probezeit findet das Kündigungsschutzgesetz regelmäßig keine Anwendung. Das liegt daran, dass das Kündigungsschutzgesetz erst nach sechs Monaten, also auch der Höchstdauer der Probezeit, greift. Wird vor Ablauf der sechs Monate gekündigt, wird also nicht beurteilt, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt war – selbst wenn keine Probezeit nach § 622 Abs. 3 BGB vereinbart wurde.

Dennoch: Rechtlos ist der Arbeitnehmer in der Probezeit keinesfalls. Der Arbeitgeber muss bei der Kündigung in der Probezeit trotzdem bestimmte Voraussetzungen beachten. So ist zum Beispiel eine Kündigung aus diskriminierenden Gründen oder zur sogenannten „Unzeit“ unwirksam.

Die Unzeit ist beispielsweise der Tag vor der Beerdigung des an Krebs verstorbenen Ehegatten, also dann, wenn der Arbeitnehmer besonderen Belastungen ausgesetzt ist, die herausragende Rücksichtnahme erfordern. Das Bundesarbeitsgericht (z. B. Urteil vom 5. April 2001 – 4 AZR 185/00) stellt allerdings regelmäßig klar, dass alle Umstände beachtet werden müssen. Im Fall eines Arbeitsvertrags, der zum Zeitpunkt der Krankheitsdiagnose des Ehemannes seit drei Monaten bestand, kam die Kündigung eine Woche nach dem Tod des Mannes nicht zur Unzeit, da der Trauerfall bereits absehbar war.

Auch Kündigungen wegen der sexuellen Orientierung bzw. gewerkschaftlicher oder politischer Tätigkeit können unwirksam sein.

Insgesamt darf die Kündigung, auch wenn das Kündigungsschutzgesetz (noch) keine Anwendung findet, nicht willkürlich sein und nicht aus sachfremden Motiven erfolgen oder eine unzulässige Maßregelung darstellen.

Weiteren Schutz vor Kündigung in der Probezeit kann der Betriebsrat bieten. Dieser muss zwar nur informiert werden; vergisst der Arbeitgeber das allerdings, ist auch eine Kündigung – ungeachtet der Probezeit – unwirksam. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 22.11.2011 – 17 Sa 961/11) entschied bereits, dass eine Kündigung in der Probezeit unwirksam sei, wenn dem Betriebsrat der Hintergrund der Kündigung nicht mitgeteilt wurde.

Sonderfälle

Darüber hinaus gibt es Ausnahmen für besondere Personengruppen, die besonders schutzwürdig sind:

Schwangere:

Wie in unserem Artikel über die Rechte von Schwangeren bei Kündigung beschrieben, gelten für werdende Mütter Ausnahmeregeln im Arbeitsrecht. Um sie vor psychischen Belastungen zu bewahren, gilt der Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz auch während der Probezeit.

Azubis:

Sonderregeln gelten auch für Auszubildende. Das Berufsbildungsgesetz schreibt eine zwingende Mindest-Probezeit von einem Monat und eine Maximal-Probezeit von vier Monaten vor. Kürzere oder längere Probezeitvereinbarungen sind unwirksam. Auch bei Ausbildungsverhältnissen können beide Seiten den Vertrag in der vorgeschriebenen Frist erleichtert kündigen.

Im öffentlichen Dienst ist eine Probezeit für Azubis von drei Monaten fest vorgeschrieben. Auszubildende in Pflegeberufen haben sogar sechs Monate Probezeit, z. B. § 18 AltPflG.

Durch die zwingenden Fristen soll dem Berufsanwärter die Chance gegeben werden, seine Berufswahl intensiv zu bedenken. Im Zweifelsfall hat er so die Möglichkeit, das Ausbildungsverhältnis relativ unproblematisch zu beenden.

Schwerbehinderte:

Sie sind normalerweise ebenfalls besonders vor Kündigungen geschützt. Nach § 90 Abs. 1 Nr. 1 des 9. Sozialgesetzbuchs greifen die Schutzregeln (wie beim Kündigungsschutzgesetz) aber erst nach sechs Monaten. Sie haben also möglicherweise ebenfalls eine Probezeit. Dem Integrationsamt ist die Kündigung dennoch anzuzeigen. Dafür gilt eine Frist von vier Tagen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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