Kündigungsschutz ohne Kündigungsschutzgesetz

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Wenn für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses eine soziale Rechtfertigung nach § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) erforderlich ist, erfolgt vor dem Arbeitsgericht eine detaillierte Prüfung des Kündigungsgrundes. Außerhalb des § 1 KSchG besteht nur ein sehr eingeschränkter Kündigungsschutz.

Anwendungsbereich Kündigungsschutzgesetz 

Vereinfacht zusammengefasst besteht ein Kündigungsschutz nach § 1 KSchG, wenn der Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt und der Mitarbeiter seit über 6 Monaten ununterbrochen in einem Arbeitsverhältnis mit dem Betrieb oder Unternehmen stand. Nähere Details sind hier nachzulesen: Anwendung Kündigungsschutz nach Kündigungsschutzgesetz 

Sonderkündigungsschutz für bestimmte Fallgruppen

Außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes gibt es zunächst einige Sonderregelungen für bestimmte Fallgruppen. Die relevantesten sind:

  • Nach § 18 Abs. 1 BEEG darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist und während der Elternzeit nicht kündigen.
  • Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 Mutterschutzgesetz bedarf die Kündigung einer Schwangeren während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung der vorherigen Zustimmung der zuständigen Behörde.
  • Auch bei der Inanspruchnahme von Pflegezeit gilt ein Sonderkündigungsschutz, § 5 Pflegezeitgesetz.
  • Die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers bedarf nach § 85 SGB IX der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes
  • Ein Sonderkündigungsschutz besteht auch für Mitglieder eines Betriebsrats (§§ 7 ff. BetrVG), einer Jugend- und Auszubildendenvertretung (§ 60 BetrVG), einer Bordvertretung (§ 155 BetrVG) und eines Seebetriebsrats (§ 116 BetrVG) sowie nach § 15 Abs. 3 KSchG für Mitglieder eines Wahlvorstands (§ 16 BetrVG) und Wahlbewerber (§ 14 BetrVG).
  • Auch bei besonders vom Arbeitgeber beauftragten Arbeitnehmern bestehen Sonderkündigungsschutzvorschriften, z. B. für den Beauftragten für den Immissionsschutz , der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Sicherheitsbeauftragten oder dem Datenschutzbeauftragten

Maßregelungsverbot

Nach § 612a BGB dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile deswegen entstehen, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist ohne Frage ein Nachteil. So wurde beispielsweise ein Verstoß gegen § 612a BGB angenommen, wenn eine Kündigung direkt nach dem berechtigten Verlangen auf Entfernung einer Abmahnung ausgesprochen wurde.

Diskriminierung

Vermehrt werden Kündigungen auch wegen Diskriminierungen für unwirksam erklärt, obwohl das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz keinen explizit genannten Kündigungsschutz bietet. So sind Kündigungen die alleine aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität erfolgen, diskriminierend und damit unwirksam.

Verstoß gegen Treu und Glauben

Der allgemeine rechtliche Grundsatz von Treu und Glauben ist in § 242 BGB niedergelegt und ebenfalls sehr praxisrelevant. Es geht hier vor allem darum, den Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen. Hierunter fällt zum Beispiel ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers oder eine Kündigung in ehrverletzender Form.

Sittenwidrigkeit

Die Kündigung kann sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB sein, wenn diese nach einer umfassenden Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck der Kündigung dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht. Erforderlich hierfür ist, dass dem Arbeitgeber ein persönliches Verhalten zum Vorwurf gemacht werden kann. Dies sind sehr seltene Ausnahmefälle mit nur geringer praktischer Relevanz.

Fazit

Wenn § 1 KSchG und auch sonst kein Sonderkündigungsschutz Anwendung findet, ist der Arbeitgeber weitgehend frei in seiner Kündigungsentscheidung und eine Kündigung nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte unwirksam.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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