Kurswechsel in München: VGH Bayern stärkt Rechte der Wohnungseigentümer bei Zweckentfremdung

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Wer in München seine Eigentumswohnung mehr als insgesamt 8 Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung nutzt, etwa durch Vermietung an Touristen über Airbnb, muss wegen des Verdachts der Zweckentfremdung mit unangekündigten Besuchen und Anordnungen des Sozialreferats der Landeshauptstadt München rechnen. Diese Anordnungen enthalten entsprechende Nutzungsuntersagungen, aber auch Zwangsgelder teils bis zum 15.000 €, falls der Anordnung nicht Folge geleistet wird. Daneben drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 500.000 € für die Zweckentfremdung und bis zu 50.000 €  wenn Auskünfte nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt oder Unterlagen nicht oder nicht vollständig vorlegt werden. 

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat nun -endlich!- klargestellt, dass auch eine Zweckentfremdung durch Vermietung einer Wohnung während berufsbedingter Abwesenheitszeiten über einen Zeitraum von 8 Wochen nachträglich genehmigungsfähig ist, wenn dem allgemeinen Wohnungsmarkt dadurch tatsächlich gar kein Wohnraum verloren geht

In dem von mir betreuten Gerichtsverfahren war die betroffene Klägerin als Stewardess oftmals mehrere Wochen am Stück von internationalen Standorten aus tätig und vermietete ihre ansonsten selbst genutzte Eigentumswohnung in München in diesen Abwesenheitszeiten für mehr als 8 Wochen im Jahr auch an Touristen. Das Sozialreferat war der Auffassung, dass es sich hierbei um eine nicht genehmigungsfähige Zweckentfremdung handelt und hat meiner Mandantin mit Bescheid unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 € aufgegeben, die Nutzung der Wohnung für Zwecke der Fremdenbehergung unverzüglich zu beenden. Daneben wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Meine Mandantin hat gegen diesen Bescheid Klage eingereicht.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshofs hat in seiner Entscheidung vom 24.03.2021 nun unter anderem klargestellt, dass die Einführung der Acht-Wochen-Grenze gerade nicht bedeutet, dass jegliche, diese Grenze überschreitende Wohnnutzung automatisch eine nicht ge­nehmigungsfähige Zweckentfremdung darstellt, wie die Landeshauptstadt München offensichtlich rechtsirrig meinte. Vielmehr müsse für die Annahme einer Zweckentfremdung ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung auch dann explizit festgestellt (und gegebe­nenfalls nachgewiesen) werden, wenn die Nutzung einer Wohnung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung die Acht-Wochen-Grenze übersteigt. 

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht sogar noch einen Schritt weiter und bestätigt explizit, dass der materielle Regelungszweck des Zweckentfremdungs­rechts von vornherein nicht berührt ist, wenn es an einer dauerhaften Umwandlung von eigengenutztem Wohn- oder Mietwohnraum in eine gewerbliche Fremdenbeherber­gung fehlt. Dem allgemeinen Wohnungsmarkt geht dann gerade kein Wohnraum verloren, der ansonsten zum „Dauerwohnen" zur Verfügung stünde.

Diese Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs stellt die Weichen für viele weitere Konstellationen, wie etwa bei einer zeitweisen Verlagerung des Wohnsitzes im Winterhalbjahr in südliche Gefilde, Zweitwohnungen oder bei Wohnungen, die für Pflegekräfte und Besuche von Familienangehörigen vorgehalten werden.

Falls Sie Ihre Eigentumswohnung oder Mietwohnung zeitweise zu anderen als Wohnzwecken unter- oder zwischenvermieten wollen, sollten Sie sich in jedem Fall vorab rechtlich im Hinblick auf eine mögliche Zweckentfremdung beraten lassen. Wenn Sie bereits ein Schreiben von den Behörden wegen des Verdachts der Zweckentfremdung erhalten haben, besteht dringender Handlungsbedarf. Die nachteiligste aller Lösungen ist in jedem Fall einfach untätig zu bleiben.

Neben München gibt es bereits in vielen weiteren Städten vergleichbare Zweckentfremdungssatzungen, wie etwa in Stuttgart, Berlin, Regensburg und Nürnberg. Augsburg plant ebenfalls den Erlass einer Zweckentfremdungssatzung.

Ich stehe Ihnen jederzeit bei Rechtsfragen zur Verfügung und kann Sie sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich in Fällen des Zweckentfremdungsrecht vertreten.




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